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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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Wenn in der Folge der Schnee weggieng, so
verlohr er sich aus seiner Wohnung, und kehrte
erst zu Anfang des Winters mit einer schweren
Bürde wieder heim. Er bettelte die ganze Zeit
seiner Abwesenheit in den nahgelegnen Dörfern
und Städten, er nahm alles, was man ihm gab,
mit größtem Danke an, er sammelte mit nie er-
müdetem Eifer alle zerbrochne Scherben, und alte
Geräthe, welche die Hauswirthe als unbrauchbar
wegwarfen, und schleppte diese Last den ganzen
Sommer auf seinem Rücken herum. Bei heran-
nahendem Winter, trug er erst alles in seine
Wohnung heim, und dünkte sich glücklich, wenn
er diese unnützen Schätze mustern, und als Vor-
rath für den künftigen Mangel aufbewahren konn-
te. Ein Freund von mir, welcher vor einigen
Jahren über Land reiste, begegnete ihm in der
Nähe seines Dorfes, und sah stillschweigend zu,
wie er die Scherben eines zerbrochnen Glases be-
gierig sammelte. Da ihm die Art der Beschäfti-
gung, noch mehr aber die besondere Freude, wel-
che der Sammler in allen seinen Mienen äußerte,
besonders auffiel, so sprach er mit ihm.
Mein Freund. Was sammelt ihr denn
da so emsig?
Franz. Ich suche Vorrath! Ich sammle
Brod auf den Winter!
M. Freund. Das sind ja Glasscherben.
Franz. Möglich! Möglich! Aber alles
ist brauchbar, alles! Ach es ist so gut, wenn
Wenn in der Folge der Schnee weggieng, ſo
verlohr er ſich aus ſeiner Wohnung, und kehrte
erſt zu Anfang des Winters mit einer ſchweren
Buͤrde wieder heim. Er bettelte die ganze Zeit
ſeiner Abweſenheit in den nahgelegnen Doͤrfern
und Staͤdten, er nahm alles, was man ihm gab,
mit groͤßtem Danke an, er ſammelte mit nie er-
muͤdetem Eifer alle zerbrochne Scherben, und alte
Geraͤthe, welche die Hauswirthe als unbrauchbar
wegwarfen, und ſchleppte dieſe Laſt den ganzen
Sommer auf ſeinem Ruͤcken herum. Bei heran-
nahendem Winter, trug er erſt alles in ſeine
Wohnung heim, und duͤnkte ſich gluͤcklich, wenn
er dieſe unnuͤtzen Schaͤtze muſtern, und als Vor-
rath fuͤr den kuͤnftigen Mangel aufbewahren konn-
te. Ein Freund von mir, welcher vor einigen
Jahren uͤber Land reiſte, begegnete ihm in der
Naͤhe ſeines Dorfes, und ſah ſtillſchweigend zu,
wie er die Scherben eines zerbrochnen Glaſes be-
gierig ſammelte. Da ihm die Art der Beſchaͤfti-
gung, noch mehr aber die beſondere Freude, wel-
che der Sammler in allen ſeinen Mienen aͤußerte,
beſonders auffiel, ſo ſprach er mit ihm.
Mein Freund. Was ſammelt ihr denn
da ſo emſig?
Franz. Ich ſuche Vorrath! Ich ſammle
Brod auf den Winter!
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[92/0100] Wenn in der Folge der Schnee weggieng, ſo verlohr er ſich aus ſeiner Wohnung, und kehrte erſt zu Anfang des Winters mit einer ſchweren Buͤrde wieder heim. Er bettelte die ganze Zeit ſeiner Abweſenheit in den nahgelegnen Doͤrfern und Staͤdten, er nahm alles, was man ihm gab, mit groͤßtem Danke an, er ſammelte mit nie er- muͤdetem Eifer alle zerbrochne Scherben, und alte Geraͤthe, welche die Hauswirthe als unbrauchbar wegwarfen, und ſchleppte dieſe Laſt den ganzen Sommer auf ſeinem Ruͤcken herum. Bei heran- nahendem Winter, trug er erſt alles in ſeine Wohnung heim, und duͤnkte ſich gluͤcklich, wenn er dieſe unnuͤtzen Schaͤtze muſtern, und als Vor- rath fuͤr den kuͤnftigen Mangel aufbewahren konn- te. Ein Freund von mir, welcher vor einigen Jahren uͤber Land reiſte, begegnete ihm in der Naͤhe ſeines Dorfes, und ſah ſtillſchweigend zu, wie er die Scherben eines zerbrochnen Glaſes be- gierig ſammelte. Da ihm die Art der Beſchaͤfti- gung, noch mehr aber die beſondere Freude, wel- che der Sammler in allen ſeinen Mienen aͤußerte, beſonders auffiel, ſo ſprach er mit ihm. Mein Freund. Was ſammelt ihr denn da ſo emſig? Franz. Ich ſuche Vorrath! Ich ſammle Brod auf den Winter! M. Freund. Das ſind ja Glasſcherben. Franz. Moͤglich! Moͤglich! Aber alles iſt brauchbar, alles! Ach es iſt ſo gut, wenn

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/100>, abgerufen am 22.11.2024.