Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.Vater folgte langsam nach. Ohne sprechen zu Heil mir, rief endlich Karoline aus, Heil mir, Die Freude, sein schon todt geglaubtes Kind Vater folgte langſam nach. Ohne ſprechen zu Heil mir, rief endlich Karoline aus, Heil mir, Die Freude, ſein ſchon todt geglaubtes Kind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="127"/> Vater folgte langſam nach. Ohne ſprechen zu<lb/> koͤnnen, ſank ſie laut weinend in ihres Geliebten<lb/> Arme, und verkuͤndigte es allen Gegenwaͤrtigen<lb/> laut, daß er ihrem liebenden Herzen ſchon lange<lb/> theuer nun aber unſchaͤtzbar ſei. Konrad ſtand<lb/> ſprachlos da, er ſuchte vergebens ſein Gluͤck nach<lb/> Wuͤrde zu fuͤhlen, in ſeinem ganzen Umfange zu<lb/> faſſen.</p><lb/> <p>Heil mir, rief endlich Karoline aus, Heil mir,<lb/> daß ich dich wieder, daß ich dich gerettet erblicke,<lb/> Verzweiflung wuͤrde mein ſchreckliches Loos gewe-<lb/> ſen ſeyn! Ich bin dir, fuhr ſie fort, Erſatz fuͤr<lb/> dein graͤßliches Leiden ſchuldig, ich will ihn nach<lb/> Kraͤften leiſten. Mein Herz, Edler! war ſchon<lb/> laͤngſt dein, aber dieſe Hand wars noch nicht.<lb/> Nimm ſie! vorher haͤtte ich ſie dir mit des Va-<lb/> ters Fluche belaſtet reichen muͤſſen, jetzt ruht ſein<lb/> Segen darauf. Komm, laß uns vereint ihm<lb/> danken, er hat mein Flehen erhoͤrt, er giebt mich<lb/> dir zum Weibe. Sie fuͤhrte den mit Recht Er-<lb/> ſtaunten zu des Vaters Fuͤßen, welcher ihn auch<lb/> wirklich laut weinend in ſein Arme ſchloß, und<lb/> in Gegenwart vieler Zeugen ſeinen Sohn nannte.</p><lb/> <p>Die Freude, ſein ſchon todt geglaubtes Kind<lb/> wieder lebend zu finden, hatte maͤchtig auf ſein<lb/> Herz gewirkt, Karoline hatte dieſe Wirkung tref-<lb/> lich benutzt, ihm ihre heiße, unendliche Liebe zu<lb/> Konraden offen geſtanden, und ſein Gewiſſen,<lb/> das ihn ſchon lange ſchrecklich quaͤlte, vollendete<lb/> den Sieg.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [127/0135]
Vater folgte langſam nach. Ohne ſprechen zu
koͤnnen, ſank ſie laut weinend in ihres Geliebten
Arme, und verkuͤndigte es allen Gegenwaͤrtigen
laut, daß er ihrem liebenden Herzen ſchon lange
theuer nun aber unſchaͤtzbar ſei. Konrad ſtand
ſprachlos da, er ſuchte vergebens ſein Gluͤck nach
Wuͤrde zu fuͤhlen, in ſeinem ganzen Umfange zu
faſſen.
Heil mir, rief endlich Karoline aus, Heil mir,
daß ich dich wieder, daß ich dich gerettet erblicke,
Verzweiflung wuͤrde mein ſchreckliches Loos gewe-
ſen ſeyn! Ich bin dir, fuhr ſie fort, Erſatz fuͤr
dein graͤßliches Leiden ſchuldig, ich will ihn nach
Kraͤften leiſten. Mein Herz, Edler! war ſchon
laͤngſt dein, aber dieſe Hand wars noch nicht.
Nimm ſie! vorher haͤtte ich ſie dir mit des Va-
ters Fluche belaſtet reichen muͤſſen, jetzt ruht ſein
Segen darauf. Komm, laß uns vereint ihm
danken, er hat mein Flehen erhoͤrt, er giebt mich
dir zum Weibe. Sie fuͤhrte den mit Recht Er-
ſtaunten zu des Vaters Fuͤßen, welcher ihn auch
wirklich laut weinend in ſein Arme ſchloß, und
in Gegenwart vieler Zeugen ſeinen Sohn nannte.
Die Freude, ſein ſchon todt geglaubtes Kind
wieder lebend zu finden, hatte maͤchtig auf ſein
Herz gewirkt, Karoline hatte dieſe Wirkung tref-
lich benutzt, ihm ihre heiße, unendliche Liebe zu
Konraden offen geſtanden, und ſein Gewiſſen,
das ihn ſchon lange ſchrecklich quaͤlte, vollendete
den Sieg.
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