Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.Der Hügel, auf welchem wirklich das feind- Wer die strengen Gesetze des Soldatenstandes Der Huͤgel, auf welchem wirklich das feind- Wer die ſtrengen Geſetze des Soldatenſtandes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0149" n="141"/> <p>Der Huͤgel, auf welchem wirklich das feind-<lb/> liche Piket ſtand, lag dem ſeinigen in ſchiefer Li-<lb/> nie gegenuͤber, in der großen Dunkelheit hatte er<lb/> ſich etwas zu weit links gewendet; dieß wuͤrde<lb/> aber ſeiner Abſicht nicht geſchadet haben, wenn<lb/> nicht der Kommandirende der Vorpoſten es kurz<lb/> vorher fuͤr noͤthig befunden haͤtte, eben dieſer<lb/> Dunkelheit wegen von einem benachbarten Pikete<lb/> eine Wache ins Thal zu ſtellen. Dieſe ſtand am<lb/> Tage nicht dort, und Konrad war ſo ungluͤcklich<lb/> auf ſolche zu ſtoßen. Er war nicht faͤhig, ſeinen<lb/> Vorſatz zu laͤugnen, auch konnte ers nicht, weil<lb/> ers der Wache zu deutlich erklaͤrt hatte, daß er<lb/> ein Deſerteur ſei, er wurde noch in der naͤmlichen<lb/> Nacht zum Staabe ſeines Regiments geliefert.</p><lb/> <p>Wer die ſtrengen Geſetze des Soldatenſtandes<lb/> kennt, und dabei uͤberlegt, wie wichtig der Scha-<lb/> den ſei, den ein einziger Ueberlaͤufer einem Heere<lb/> verurſachen kann, wirds dem ſonſt menſchen-<lb/> freundlichen Obriſten nicht verdenken, daß er uͤber<lb/> den Verbrecher Standrecht zu halten befahl, wel-<lb/> ches ihn ohne Gnade zum Strange verurtheilte.<lb/> Dieß Urtheil mußte nach den Geſetzen laͤngſtens<lb/> binnen vier und zwanzig Stunden an ihm voll-<lb/> zogen werden, es war daher eine große Gnade<lb/> vom Oberſten, daß er es bis zum andern Mor-<lb/> gen verſchob, und dem Ungluͤcklichen noch ei-<lb/> nige Stunden goͤnnte, um ſich zum gewiſſen To-<lb/> de vorzubereiten. Konrad benutzte dieſe Zeit, um<lb/> ſeiner Geliebten ſein ſchreckliches Ende mit allen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0149]
Der Huͤgel, auf welchem wirklich das feind-
liche Piket ſtand, lag dem ſeinigen in ſchiefer Li-
nie gegenuͤber, in der großen Dunkelheit hatte er
ſich etwas zu weit links gewendet; dieß wuͤrde
aber ſeiner Abſicht nicht geſchadet haben, wenn
nicht der Kommandirende der Vorpoſten es kurz
vorher fuͤr noͤthig befunden haͤtte, eben dieſer
Dunkelheit wegen von einem benachbarten Pikete
eine Wache ins Thal zu ſtellen. Dieſe ſtand am
Tage nicht dort, und Konrad war ſo ungluͤcklich
auf ſolche zu ſtoßen. Er war nicht faͤhig, ſeinen
Vorſatz zu laͤugnen, auch konnte ers nicht, weil
ers der Wache zu deutlich erklaͤrt hatte, daß er
ein Deſerteur ſei, er wurde noch in der naͤmlichen
Nacht zum Staabe ſeines Regiments geliefert.
Wer die ſtrengen Geſetze des Soldatenſtandes
kennt, und dabei uͤberlegt, wie wichtig der Scha-
den ſei, den ein einziger Ueberlaͤufer einem Heere
verurſachen kann, wirds dem ſonſt menſchen-
freundlichen Obriſten nicht verdenken, daß er uͤber
den Verbrecher Standrecht zu halten befahl, wel-
ches ihn ohne Gnade zum Strange verurtheilte.
Dieß Urtheil mußte nach den Geſetzen laͤngſtens
binnen vier und zwanzig Stunden an ihm voll-
zogen werden, es war daher eine große Gnade
vom Oberſten, daß er es bis zum andern Mor-
gen verſchob, und dem Ungluͤcklichen noch ei-
nige Stunden goͤnnte, um ſich zum gewiſſen To-
de vorzubereiten. Konrad benutzte dieſe Zeit, um
ſeiner Geliebten ſein ſchreckliches Ende mit allen
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