Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.Theilnahme, dadurch gewann er der Leidenden Nach Jahresfrist, denn so lange betrauerte sie Karoline lebte in den Armen ihres Gatten Um Konraden von aller Rückkehr abzuschre- Theilnahme, dadurch gewann er der Leidenden Nach Jahresfriſt, denn ſo lange betrauerte ſie Karoline lebte in den Armen ihres Gatten Um Konraden von aller Ruͤckkehr abzuſchre- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0159" n="151"/> Theilnahme, dadurch gewann er der Leidenden<lb/> Zutrauen, Freundſchaft und in der Folge auch ihre<lb/> Liebe. Wer wird, wer kanns der Guten verden-<lb/> ken, wenn ſie zwar das Andenken des Unvergeß-<lb/> lichen noch immer ehrte, aber doch den Lohn der<lb/> Liebe in eines andern Armen ſuchte, da er ihr in<lb/> den ſeinigen nicht mehr werden ſollte?</p><lb/> <p>Nach Jahresfriſt, denn ſo lange betrauerte ſie<lb/> im Herzen Konrads Tod, willigte ſie endlich ein,<lb/> die Frau des reichen Erben zu werden. Der ent-<lb/> zuͤckte Vater nahm ihn, gleich Konraden, zu ſei-<lb/> nem Mitgefaͤhrden in der großen Fabrike auf, das<lb/> anſehnliche Kapital, was dieſer mitbrachte, diente<lb/> zur Vermehrung derſelben, und gab die ſicherſte<lb/> Hoffnung zum reichlichſten Gewinne.</p><lb/> <p>Karoline lebte in den Armen ihres Gatten<lb/> wirklich gluͤcklich, denn er liebte ſie mit einer<lb/> Zaͤrtlichkeit, welche innig und groß war, nur<lb/> dann und wann fand er ſie nachdenkend und trau-<lb/> rig, wenn ſie ihres Konrads und ſeines ſchreckli-<lb/> chen Todes gedachte. Er war dann billig genug,<lb/> mit ihr den Edlen zu beweinen, und dies ver-<lb/> mehrte ihren Dank, ihre Liebe. Vierzehn Tage<lb/> zuvor, ehe Konrad wieder erſchien, hatte die Hol-<lb/> de ihrem Gatten einen Sohn gebohren, der ihrem<lb/> Herzen aͤuſſerſt lieb und theuer wurde. Ihr Vater<lb/> erhielte unter dieſer Zeit Konrads Briefe richtig,<lb/> aber er verbarg ſie Karolinen aͤuſſerſt ſorgfaͤltig.</p><lb/> <p>Um Konraden von aller Ruͤckkehr abzuſchre-<lb/> cken, berichtete er ihm in der Folge mehr als ein-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0159]
Theilnahme, dadurch gewann er der Leidenden
Zutrauen, Freundſchaft und in der Folge auch ihre
Liebe. Wer wird, wer kanns der Guten verden-
ken, wenn ſie zwar das Andenken des Unvergeß-
lichen noch immer ehrte, aber doch den Lohn der
Liebe in eines andern Armen ſuchte, da er ihr in
den ſeinigen nicht mehr werden ſollte?
Nach Jahresfriſt, denn ſo lange betrauerte ſie
im Herzen Konrads Tod, willigte ſie endlich ein,
die Frau des reichen Erben zu werden. Der ent-
zuͤckte Vater nahm ihn, gleich Konraden, zu ſei-
nem Mitgefaͤhrden in der großen Fabrike auf, das
anſehnliche Kapital, was dieſer mitbrachte, diente
zur Vermehrung derſelben, und gab die ſicherſte
Hoffnung zum reichlichſten Gewinne.
Karoline lebte in den Armen ihres Gatten
wirklich gluͤcklich, denn er liebte ſie mit einer
Zaͤrtlichkeit, welche innig und groß war, nur
dann und wann fand er ſie nachdenkend und trau-
rig, wenn ſie ihres Konrads und ſeines ſchreckli-
chen Todes gedachte. Er war dann billig genug,
mit ihr den Edlen zu beweinen, und dies ver-
mehrte ihren Dank, ihre Liebe. Vierzehn Tage
zuvor, ehe Konrad wieder erſchien, hatte die Hol-
de ihrem Gatten einen Sohn gebohren, der ihrem
Herzen aͤuſſerſt lieb und theuer wurde. Ihr Vater
erhielte unter dieſer Zeit Konrads Briefe richtig,
aber er verbarg ſie Karolinen aͤuſſerſt ſorgfaͤltig.
Um Konraden von aller Ruͤckkehr abzuſchre-
cken, berichtete er ihm in der Folge mehr als ein-
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