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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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verkündigten. Froh und innig vergnügt trug er
die neugebohrne Tochter nachher zur Taufe, als
jene über alle Erwartung glücklich erfolgt war,
und sich einige Tage darauf die Gefahr durch
vollkommne Gesundheit der Mutter ganz ent-
fernte.

Der Herr des Gutes, welchem der Schäfer
diente, war äußerst geizig; ohne zu überlegen:
Ob die Ersparung einer kleinen Ausgabe ihm
nicht in der Folge weit größern Schaden verur-
sache? suchte er sorgfältig die erstere zu vermei-
den. Daher kams denn auch, daß er der zahl-
reichen Heerde seiner Schaafe viel zu wenig Salz
reichen ließ, und eben dadurch die Krankheiten die-
ser zarten Thiere um ein Großes vermehrte.

Vergebens hatte der Schäfer ihm schon viel-
mals dieß nachdrücklich vorgestellt, der Geizige
wollte von keiner Vermehrung der Ausgaben et-
was hören, und gabs dem Schäfer trocken zu
verstehen, daß er, wenn er seine Kunst vollkom-
men erlernt habe, die Schaafe auch ohne Salz
vor jeder Krankheit bewahren müsse.

Da dieser ganz natürlich einsah, daß fernere
Vorstellung nichts nütze, aber auch nur Genuß
des Salzes die Schaafe vor Krankheit sichern
könne, so zog er sein Weib zu Rathe, und fand
nach genauer Berechnung, daß er selbst, weil er
Antheil an dem Ertrage der Heerde hatte, dabei
gewinnen würde, wenn er das noch nöthige Salz
aus Eigenem erkaufe.


verkuͤndigten. Froh und innig vergnuͤgt trug er
die neugebohrne Tochter nachher zur Taufe, als
jene uͤber alle Erwartung gluͤcklich erfolgt war,
und ſich einige Tage darauf die Gefahr durch
vollkommne Geſundheit der Mutter ganz ent-
fernte.

Der Herr des Gutes, welchem der Schaͤfer
diente, war aͤußerſt geizig; ohne zu uͤberlegen:
Ob die Erſparung einer kleinen Ausgabe ihm
nicht in der Folge weit groͤßern Schaden verur-
ſache? ſuchte er ſorgfaͤltig die erſtere zu vermei-
den. Daher kams denn auch, daß er der zahl-
reichen Heerde ſeiner Schaafe viel zu wenig Salz
reichen ließ, und eben dadurch die Krankheiten die-
ſer zarten Thiere um ein Großes vermehrte.

Vergebens hatte der Schaͤfer ihm ſchon viel-
mals dieß nachdruͤcklich vorgeſtellt, der Geizige
wollte von keiner Vermehrung der Ausgaben et-
was hoͤren, und gabs dem Schaͤfer trocken zu
verſtehen, daß er, wenn er ſeine Kunſt vollkom-
men erlernt habe, die Schaafe auch ohne Salz
vor jeder Krankheit bewahren muͤſſe.

Da dieſer ganz natuͤrlich einſah, daß fernere
Vorſtellung nichts nuͤtze, aber auch nur Genuß
des Salzes die Schaafe vor Krankheit ſichern
koͤnne, ſo zog er ſein Weib zu Rathe, und fand
nach genauer Berechnung, daß er ſelbſt, weil er
Antheil an dem Ertrage der Heerde hatte, dabei
gewinnen wuͤrde, wenn er das noch noͤthige Salz
aus Eigenem erkaufe.


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[167/0175] verkuͤndigten. Froh und innig vergnuͤgt trug er die neugebohrne Tochter nachher zur Taufe, als jene uͤber alle Erwartung gluͤcklich erfolgt war, und ſich einige Tage darauf die Gefahr durch vollkommne Geſundheit der Mutter ganz ent- fernte. Der Herr des Gutes, welchem der Schaͤfer diente, war aͤußerſt geizig; ohne zu uͤberlegen: Ob die Erſparung einer kleinen Ausgabe ihm nicht in der Folge weit groͤßern Schaden verur- ſache? ſuchte er ſorgfaͤltig die erſtere zu vermei- den. Daher kams denn auch, daß er der zahl- reichen Heerde ſeiner Schaafe viel zu wenig Salz reichen ließ, und eben dadurch die Krankheiten die- ſer zarten Thiere um ein Großes vermehrte. Vergebens hatte der Schaͤfer ihm ſchon viel- mals dieß nachdruͤcklich vorgeſtellt, der Geizige wollte von keiner Vermehrung der Ausgaben et- was hoͤren, und gabs dem Schaͤfer trocken zu verſtehen, daß er, wenn er ſeine Kunſt vollkom- men erlernt habe, die Schaafe auch ohne Salz vor jeder Krankheit bewahren muͤſſe. Da dieſer ganz natuͤrlich einſah, daß fernere Vorſtellung nichts nuͤtze, aber auch nur Genuß des Salzes die Schaafe vor Krankheit ſichern koͤnne, ſo zog er ſein Weib zu Rathe, und fand nach genauer Berechnung, daß er ſelbſt, weil er Antheil an dem Ertrage der Heerde hatte, dabei gewinnen wuͤrde, wenn er das noch noͤthige Salz aus Eigenem erkaufe.

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/175>, abgerufen am 22.11.2024.