Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796. Friedrich. Ich bins, ich wars nicht. O, dieser schändliche Betrug hätte dich und mich bald gränzenlos elend gemacht. Karoline. Weißt du, daß ich arm, nicht mehr reich bin, daß mein ganzes, großes Vermö- gen in den Händen des Klosters ist? Friedrich. Ich weiß es, und verachte dieß alles, bin höchst vergnügt, wenn mans zum Lö- segeld für dich behalten will. Gott gab mir dafür Reichthum in Menge, und nun das volle Ver- gnügen, dich ganz damit glücklich zu machen. Karoline. (an seinem Halse) Allge- liebter, ich folge dir. Gott sah mein Leiden! Gott kannte meine Absicht! Er wird den Mein- eid nicht rächen! Friedrich. Ich habe Kleider für dich mit- gebracht, du mußt dich umkleiden. Eile, aber fürchte nichts, meine Diener halten Wache an der ofnen Kirchthüre, sie würden mir und dir zu Hül- fe eilen, wenn Entdeckung folgen sollte. Karoline kleidete sich in größter Eile um, sie warf ihren Nonnenhabit in einen Winkel, und entfloh, in einen Mantel gehüllt, an Friedrichs Arme aus der Kirche. Dreie seiner Bedienten ge- sellten sich zu ihnen, und folgten in einer kleinen Entfernung. Wie sie die wenigen Häuser, welche das Kloster umgaben, im Rücken hatten, fanden sie auf der Heerstraße einen Wagen, in welchen sie stiegen, und in schnellster Eile davon jagten. Als der Morgen anbrach, hatten sie schon die Friedrich. Ich bins, ich wars nicht. O, dieſer ſchaͤndliche Betrug haͤtte dich und mich bald graͤnzenlos elend gemacht. Karoline. Weißt du, daß ich arm, nicht mehr reich bin, daß mein ganzes, großes Vermoͤ- gen in den Haͤnden des Kloſters iſt? Friedrich. Ich weiß es, und verachte dieß alles, bin hoͤchſt vergnuͤgt, wenn mans zum Loͤ- ſegeld fuͤr dich behalten will. Gott gab mir dafuͤr Reichthum in Menge, und nun das volle Ver- gnuͤgen, dich ganz damit gluͤcklich zu machen. Karoline. (an ſeinem Halſe) Allge- liebter, ich folge dir. Gott ſah mein Leiden! Gott kannte meine Abſicht! Er wird den Mein- eid nicht raͤchen! Friedrich. Ich habe Kleider fuͤr dich mit- gebracht, du mußt dich umkleiden. Eile, aber fuͤrchte nichts, meine Diener halten Wache an der ofnen Kirchthuͤre, ſie wuͤrden mir und dir zu Huͤl- fe eilen, wenn Entdeckung folgen ſollte. Karoline kleidete ſich in groͤßter Eile um, ſie warf ihren Nonnenhabit in einen Winkel, und entfloh, in einen Mantel gehuͤllt, an Friedrichs Arme aus der Kirche. Dreie ſeiner Bedienten ge- ſellten ſich zu ihnen, und folgten in einer kleinen Entfernung. Wie ſie die wenigen Haͤuſer, welche das Kloſter umgaben, im Ruͤcken hatten, fanden ſie auf der Heerſtraße einen Wagen, in welchen ſie ſtiegen, und in ſchnellſter Eile davon jagten. Als der Morgen anbrach, hatten ſie ſchon die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0039" n="31"/> <sp who="#FRIED"> <speaker><hi rendition="#g">Friedrich</hi>.</speaker> <p>Ich bins, ich wars nicht. O,<lb/> dieſer ſchaͤndliche Betrug haͤtte dich und mich bald<lb/> graͤnzenlos elend gemacht.</p> </sp><lb/> <sp who="#KARO"> <speaker><hi rendition="#g">Karoline</hi>.</speaker> <p>Weißt du, daß ich arm, nicht<lb/> mehr reich bin, daß mein ganzes, großes Vermoͤ-<lb/> gen in den Haͤnden des Kloſters iſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRIED"> <speaker><hi rendition="#g">Friedrich</hi>.</speaker> <p>Ich weiß es, und verachte dieß<lb/> alles, bin hoͤchſt vergnuͤgt, wenn mans zum Loͤ-<lb/> ſegeld fuͤr dich behalten will. Gott gab mir dafuͤr<lb/> Reichthum in Menge, und nun das volle Ver-<lb/> gnuͤgen, dich ganz damit gluͤcklich zu machen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KARO"> <speaker><hi rendition="#g">Karoline</hi>.</speaker> <stage>(<hi rendition="#g">an ſeinem Halſe</hi>)</stage> <p>Allge-<lb/> liebter, ich folge dir. Gott ſah mein Leiden!<lb/> Gott kannte meine Abſicht! Er wird den Mein-<lb/> eid nicht raͤchen!</p> </sp><lb/> <sp who="#FRIED"> <speaker><hi rendition="#g">Friedrich</hi>.</speaker> <p>Ich habe Kleider fuͤr dich mit-<lb/> gebracht, du mußt dich umkleiden. Eile, aber<lb/> fuͤrchte nichts, meine Diener halten Wache an der<lb/> ofnen Kirchthuͤre, ſie wuͤrden mir und dir zu Huͤl-<lb/> fe eilen, wenn Entdeckung folgen ſollte.</p><lb/> <p>Karoline kleidete ſich in groͤßter Eile um, ſie<lb/> warf ihren Nonnenhabit in einen Winkel, und<lb/> entfloh, in einen Mantel gehuͤllt, an Friedrichs<lb/> Arme aus der Kirche. Dreie ſeiner Bedienten ge-<lb/> ſellten ſich zu ihnen, und folgten in einer kleinen<lb/> Entfernung. Wie ſie die wenigen Haͤuſer, welche<lb/> das Kloſter umgaben, im Ruͤcken hatten, fanden<lb/> ſie auf der Heerſtraße einen Wagen, in welchen<lb/> ſie ſtiegen, und in ſchnellſter Eile davon jagten.<lb/> Als der Morgen anbrach, hatten ſie ſchon die<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [31/0039]
Friedrich. Ich bins, ich wars nicht. O,
dieſer ſchaͤndliche Betrug haͤtte dich und mich bald
graͤnzenlos elend gemacht.
Karoline. Weißt du, daß ich arm, nicht
mehr reich bin, daß mein ganzes, großes Vermoͤ-
gen in den Haͤnden des Kloſters iſt?
Friedrich. Ich weiß es, und verachte dieß
alles, bin hoͤchſt vergnuͤgt, wenn mans zum Loͤ-
ſegeld fuͤr dich behalten will. Gott gab mir dafuͤr
Reichthum in Menge, und nun das volle Ver-
gnuͤgen, dich ganz damit gluͤcklich zu machen.
Karoline. (an ſeinem Halſe) Allge-
liebter, ich folge dir. Gott ſah mein Leiden!
Gott kannte meine Abſicht! Er wird den Mein-
eid nicht raͤchen!
Friedrich. Ich habe Kleider fuͤr dich mit-
gebracht, du mußt dich umkleiden. Eile, aber
fuͤrchte nichts, meine Diener halten Wache an der
ofnen Kirchthuͤre, ſie wuͤrden mir und dir zu Huͤl-
fe eilen, wenn Entdeckung folgen ſollte.
Karoline kleidete ſich in groͤßter Eile um, ſie
warf ihren Nonnenhabit in einen Winkel, und
entfloh, in einen Mantel gehuͤllt, an Friedrichs
Arme aus der Kirche. Dreie ſeiner Bedienten ge-
ſellten ſich zu ihnen, und folgten in einer kleinen
Entfernung. Wie ſie die wenigen Haͤuſer, welche
das Kloſter umgaben, im Ruͤcken hatten, fanden
ſie auf der Heerſtraße einen Wagen, in welchen
ſie ſtiegen, und in ſchnellſter Eile davon jagten.
Als der Morgen anbrach, hatten ſie ſchon die
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