Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.
Herz, als dieser endlich anlangte, und ihm die unerwartete Nachricht brachte, daß Esther nicht mehr in F -- wohne, in P -- Christin geworden sei, und sehr wahrscheinlich in einem Nonnenklo- ster lebe. Der Diener hatte, nach langem vergeb- lichen Forschen, dieß alles aus dem Munde ih- res ehemaligen Mädchens erfahren, das jetzt zu F -- sehr glücklich verheirathet war. Dieses verhehlte es ihm auch nicht, daß Friedrichs Un- treue und Heirath, welche man aus D -- als gewiß berichtete, diesen seltsamen Entschluß im Herzen der stets getreuen Esther geweckt habe. Friedrich flog auf die schreckenvolle Nachricht selbst nach F --, und wie ihm alle Bestätigung ward, in eben so großer Eile von da nach P --. Auch hier erfuhr er bald, daß Esther wirklich Christin geworden sei, aber niemand wollte und konnte ihm von ihrem jetzigen Aufenthalte Nachricht ge- ben; nur durch anhaltendes Forschen, nur durch wichtige Geschenke öfnete er den Mund der Non- nen, ihm ward durch dahin gesandte Vertraute die gewisse Nachricht, daß sie zu D -- in B -- wirklich schon Nonne geworden, wirklich schon das ewige Gelübde geleistet, all ihr Vermögen dem Kloster vergabet habe, und dort im Rufe der Heiligkeit lebe. Diese Schreckenspost vernichtete mit einmal all die romantischen Plane, welche seine Liebe geträumt und entworfen hatte, er machte im ersten Augenblicke das festeste Gelübde, alles zu versuchen, um sie zur Flucht aus dem
Herz, als dieſer endlich anlangte, und ihm die unerwartete Nachricht brachte, daß Eſther nicht mehr in F — wohne, in P — Chriſtin geworden ſei, und ſehr wahrſcheinlich in einem Nonnenklo- ſter lebe. Der Diener hatte, nach langem vergeb- lichen Forſchen, dieß alles aus dem Munde ih- res ehemaligen Maͤdchens erfahren, das jetzt zu F — ſehr gluͤcklich verheirathet war. Dieſes verhehlte es ihm auch nicht, daß Friedrichs Un- treue und Heirath, welche man aus D — als gewiß berichtete, dieſen ſeltſamen Entſchluß im Herzen der ſtets getreuen Eſther geweckt habe. Friedrich flog auf die ſchreckenvolle Nachricht ſelbſt nach F —, und wie ihm alle Beſtaͤtigung ward, in eben ſo großer Eile von da nach P —. Auch hier erfuhr er bald, daß Eſther wirklich Chriſtin geworden ſei, aber niemand wollte und konnte ihm von ihrem jetzigen Aufenthalte Nachricht ge- ben; nur durch anhaltendes Forſchen, nur durch wichtige Geſchenke oͤfnete er den Mund der Non- nen, ihm ward durch dahin geſandte Vertraute die gewiſſe Nachricht, daß ſie zu D — in B — wirklich ſchon Nonne geworden, wirklich ſchon das ewige Geluͤbde geleiſtet, all ihr Vermoͤgen dem Kloſter vergabet habe, und dort im Rufe der Heiligkeit lebe. Dieſe Schreckenspoſt vernichtete mit einmal all die romantiſchen Plane, welche ſeine Liebe getraͤumt und entworfen hatte, er machte im erſten Augenblicke das feſteſte Geluͤbde, alles zu verſuchen, um ſie zur Flucht aus dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#FRIED"> <p><pb facs="#f0045" n="37"/> Herz, als dieſer endlich anlangte, und ihm die<lb/> unerwartete Nachricht brachte, daß Eſther nicht<lb/> mehr in F — wohne, in P — Chriſtin geworden<lb/> ſei, und ſehr wahrſcheinlich in einem Nonnenklo-<lb/> ſter lebe. Der Diener hatte, nach langem vergeb-<lb/> lichen Forſchen, dieß alles aus dem Munde ih-<lb/> res ehemaligen Maͤdchens erfahren, das jetzt zu<lb/> F — ſehr gluͤcklich verheirathet war. Dieſes<lb/> verhehlte es ihm auch nicht, daß Friedrichs Un-<lb/> treue und Heirath, welche man aus D — als<lb/> gewiß berichtete, dieſen ſeltſamen Entſchluß im<lb/> Herzen der ſtets getreuen Eſther geweckt habe.</p><lb/> <p>Friedrich flog auf die ſchreckenvolle Nachricht ſelbſt<lb/> nach F —, und wie ihm alle Beſtaͤtigung ward,<lb/> in eben ſo großer Eile von da nach P —. Auch<lb/> hier erfuhr er bald, daß Eſther wirklich Chriſtin<lb/> geworden ſei, aber niemand wollte und konnte<lb/> ihm von ihrem jetzigen Aufenthalte Nachricht ge-<lb/> ben; nur durch anhaltendes Forſchen, nur durch<lb/> wichtige Geſchenke oͤfnete er den Mund der Non-<lb/> nen, ihm ward durch dahin geſandte Vertraute<lb/> die gewiſſe Nachricht, daß ſie zu D — in B —<lb/> wirklich ſchon Nonne geworden, wirklich ſchon das<lb/> ewige Geluͤbde geleiſtet, all ihr Vermoͤgen dem<lb/> Kloſter vergabet habe, und dort im Rufe der<lb/> Heiligkeit lebe. Dieſe Schreckenspoſt vernichtete<lb/> mit einmal all die romantiſchen Plane, welche<lb/> ſeine Liebe getraͤumt und entworfen hatte, er<lb/> machte im erſten Augenblicke das feſteſte Geluͤbde,<lb/> alles zu verſuchen, um ſie zur Flucht aus dem<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [37/0045]
Herz, als dieſer endlich anlangte, und ihm die
unerwartete Nachricht brachte, daß Eſther nicht
mehr in F — wohne, in P — Chriſtin geworden
ſei, und ſehr wahrſcheinlich in einem Nonnenklo-
ſter lebe. Der Diener hatte, nach langem vergeb-
lichen Forſchen, dieß alles aus dem Munde ih-
res ehemaligen Maͤdchens erfahren, das jetzt zu
F — ſehr gluͤcklich verheirathet war. Dieſes
verhehlte es ihm auch nicht, daß Friedrichs Un-
treue und Heirath, welche man aus D — als
gewiß berichtete, dieſen ſeltſamen Entſchluß im
Herzen der ſtets getreuen Eſther geweckt habe.
Friedrich flog auf die ſchreckenvolle Nachricht ſelbſt
nach F —, und wie ihm alle Beſtaͤtigung ward,
in eben ſo großer Eile von da nach P —. Auch
hier erfuhr er bald, daß Eſther wirklich Chriſtin
geworden ſei, aber niemand wollte und konnte
ihm von ihrem jetzigen Aufenthalte Nachricht ge-
ben; nur durch anhaltendes Forſchen, nur durch
wichtige Geſchenke oͤfnete er den Mund der Non-
nen, ihm ward durch dahin geſandte Vertraute
die gewiſſe Nachricht, daß ſie zu D — in B —
wirklich ſchon Nonne geworden, wirklich ſchon das
ewige Geluͤbde geleiſtet, all ihr Vermoͤgen dem
Kloſter vergabet habe, und dort im Rufe der
Heiligkeit lebe. Dieſe Schreckenspoſt vernichtete
mit einmal all die romantiſchen Plane, welche
ſeine Liebe getraͤumt und entworfen hatte, er
machte im erſten Augenblicke das feſteſte Geluͤbde,
alles zu verſuchen, um ſie zur Flucht aus dem
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