Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.
grauenvoll und schrecklich. Schon längst hatten die Päpste alle Mönche und Nonnen, welche ih- re Gelübde brachen, und das Kloster treulos ver- ließen, mit dem Bannfluche belegt, den niemand als sie selbst lösen konnten. Dieser Bann ward jetzt mit allen seinen schrecklichen Wirkungen der unglücklichen Karoline kund gemacht. Du bist, lauteten die Donnerworte, ausgeschlossen aus der Gemeinschaft der Kirche, verstoßen aus unsrer Mitte, verbannt in nie sich öfnenden Kerker. Du darfst nicht betreten die heilige Schwelle des Got- teshauses, hast keinen Theil an unserm Gebete, du kannst beten, kannst bereuen, aber dein Gebet wird der Sturmwind fruchtlos verwehen, und dei- ne Reue Gottes Barmherzigkeit nicht erweichen, denn er hat auf die Bitte seiner Diener, seine Augen von dir abgewandt, und sein Ohr vor dei- nem Flehen verschlossen. Verflucht sind deine Hände und Füße, verflucht alle deine Glied- maßen, verflucht dein ganzer Körper, verflucht und ewig verdammt deine Seele, wenn derjenige nicht löst, der den Löse- und Bindeschlüssel in Händen hat. Verflucht sind alle, welche mit dir in fernerer Gemeinschaft leben! Verflucht sei die- jenige, welche mit dir ein Wort des Trostes spricht! Verflucht sei jede, welche dir Labung ge- währt, wenn du krank bist, oder dir in deinem Todeskampfe beisteht! Verflucht sei endlich die Hand, welche dir mehr als Brod und Wasser reicht! Dieß ist das schreckliche Urtheil, fuhr die
grauenvoll und ſchrecklich. Schon laͤngſt hatten die Paͤpſte alle Moͤnche und Nonnen, welche ih- re Geluͤbde brachen, und das Kloſter treulos ver- ließen, mit dem Bannfluche belegt, den niemand als ſie ſelbſt loͤſen konnten. Dieſer Bann ward jetzt mit allen ſeinen ſchrecklichen Wirkungen der ungluͤcklichen Karoline kund gemacht. Du biſt, lauteten die Donnerworte, ausgeſchloſſen aus der Gemeinſchaft der Kirche, verſtoßen aus unſrer Mitte, verbannt in nie ſich oͤfnenden Kerker. Du darfſt nicht betreten die heilige Schwelle des Got- teshauſes, haſt keinen Theil an unſerm Gebete, du kannſt beten, kannſt bereuen, aber dein Gebet wird der Sturmwind fruchtlos verwehen, und dei- ne Reue Gottes Barmherzigkeit nicht erweichen, denn er hat auf die Bitte ſeiner Diener, ſeine Augen von dir abgewandt, und ſein Ohr vor dei- nem Flehen verſchloſſen. Verflucht ſind deine Haͤnde und Fuͤße, verflucht alle deine Glied- maßen, verflucht dein ganzer Koͤrper, verflucht und ewig verdammt deine Seele, wenn derjenige nicht loͤſt, der den Loͤſe- und Bindeſchluͤſſel in Haͤnden hat. Verflucht ſind alle, welche mit dir in fernerer Gemeinſchaft leben! Verflucht ſei die- jenige, welche mit dir ein Wort des Troſtes ſpricht! Verflucht ſei jede, welche dir Labung ge- waͤhrt, wenn du krank biſt, oder dir in deinem Todeskampfe beiſteht! Verflucht ſei endlich die Hand, welche dir mehr als Brod und Waſſer reicht! Dieß iſt das ſchreckliche Urtheil, fuhr die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#FRIED"> <p><pb facs="#f0061" n="53"/> grauenvoll und ſchrecklich. Schon laͤngſt hatten<lb/> die Paͤpſte alle Moͤnche und Nonnen, welche ih-<lb/> re Geluͤbde brachen, und das Kloſter treulos ver-<lb/> ließen, mit dem Bannfluche belegt, den niemand<lb/> als ſie ſelbſt loͤſen konnten. Dieſer Bann ward<lb/> jetzt mit allen ſeinen ſchrecklichen Wirkungen der<lb/> ungluͤcklichen Karoline kund gemacht. Du biſt,<lb/> lauteten die Donnerworte, ausgeſchloſſen aus der<lb/> Gemeinſchaft der Kirche, verſtoßen aus unſrer<lb/> Mitte, verbannt in nie ſich oͤfnenden Kerker. Du<lb/> darfſt nicht betreten die heilige Schwelle des Got-<lb/> teshauſes, haſt keinen Theil an unſerm Gebete,<lb/> du kannſt beten, kannſt bereuen, aber dein Gebet<lb/> wird der Sturmwind fruchtlos verwehen, und dei-<lb/> ne Reue Gottes Barmherzigkeit nicht erweichen,<lb/> denn er hat auf die Bitte ſeiner Diener, ſeine<lb/> Augen von dir abgewandt, und ſein Ohr vor dei-<lb/> nem Flehen verſchloſſen. Verflucht ſind deine<lb/> Haͤnde und Fuͤße, verflucht alle deine Glied-<lb/> maßen, verflucht dein ganzer Koͤrper, verflucht<lb/> und ewig verdammt deine Seele, wenn derjenige<lb/> nicht loͤſt, der den Loͤſe- und Bindeſchluͤſſel in<lb/> Haͤnden hat. Verflucht ſind alle, welche mit dir<lb/> in fernerer Gemeinſchaft leben! Verflucht ſei die-<lb/> jenige, welche mit dir ein Wort des Troſtes<lb/> ſpricht! Verflucht ſei jede, welche dir Labung ge-<lb/> waͤhrt, wenn du krank biſt, oder dir in deinem<lb/> Todeskampfe beiſteht! Verflucht ſei endlich die<lb/> Hand, welche dir mehr als Brod und Waſſer<lb/> reicht! Dieß iſt das ſchreckliche Urtheil, fuhr die<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [53/0061]
grauenvoll und ſchrecklich. Schon laͤngſt hatten
die Paͤpſte alle Moͤnche und Nonnen, welche ih-
re Geluͤbde brachen, und das Kloſter treulos ver-
ließen, mit dem Bannfluche belegt, den niemand
als ſie ſelbſt loͤſen konnten. Dieſer Bann ward
jetzt mit allen ſeinen ſchrecklichen Wirkungen der
ungluͤcklichen Karoline kund gemacht. Du biſt,
lauteten die Donnerworte, ausgeſchloſſen aus der
Gemeinſchaft der Kirche, verſtoßen aus unſrer
Mitte, verbannt in nie ſich oͤfnenden Kerker. Du
darfſt nicht betreten die heilige Schwelle des Got-
teshauſes, haſt keinen Theil an unſerm Gebete,
du kannſt beten, kannſt bereuen, aber dein Gebet
wird der Sturmwind fruchtlos verwehen, und dei-
ne Reue Gottes Barmherzigkeit nicht erweichen,
denn er hat auf die Bitte ſeiner Diener, ſeine
Augen von dir abgewandt, und ſein Ohr vor dei-
nem Flehen verſchloſſen. Verflucht ſind deine
Haͤnde und Fuͤße, verflucht alle deine Glied-
maßen, verflucht dein ganzer Koͤrper, verflucht
und ewig verdammt deine Seele, wenn derjenige
nicht loͤſt, der den Loͤſe- und Bindeſchluͤſſel in
Haͤnden hat. Verflucht ſind alle, welche mit dir
in fernerer Gemeinſchaft leben! Verflucht ſei die-
jenige, welche mit dir ein Wort des Troſtes
ſpricht! Verflucht ſei jede, welche dir Labung ge-
waͤhrt, wenn du krank biſt, oder dir in deinem
Todeskampfe beiſteht! Verflucht ſei endlich die
Hand, welche dir mehr als Brod und Waſſer
reicht! Dieß iſt das ſchreckliche Urtheil, fuhr die
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