Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.oder zu sprechen. Der Kerker selbst enthielt ein Wahrscheinlich handelte die Aebtissin edler, als oder zu ſprechen. Der Kerker ſelbſt enthielt ein Wahrſcheinlich handelte die Aebtiſſin edler, als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0064" n="56"/> oder zu ſprechen. Der Kerker ſelbſt enthielt ein<lb/> foͤrmliches Quadrat, das vier Ellen breit und lang<lb/> war, ein kleines engvergittertes Fenſter erleuchtete<lb/> ſolchen nur ſparſam, ein hoͤlzerner Tiſch und<lb/> Stuhl, ein ſchwarzer Sarg, waren die einzigen<lb/> Geraͤthe, welche ſich darinne befanden. Der<lb/> Sarg war mit zwei haͤrnen Decken gefuͤllt, und<lb/> diente der Gefangnen zum Bette; kein Buch, kein<lb/> Arbeitsgeraͤthe war ihr vergoͤnnt, ſie durfte ſich<lb/> mit nichts beſchaͤftigen, ſollte nur die Groͤße ihres<lb/> Verbrechens erwaͤgen, und ewig buͤßen. Daß<lb/> uͤbrigens die Gefangene durch eben dieſe Maſchine<lb/> die noͤthige Waͤſche erhielt, durch eine andere aͤhn-<lb/> liche Maſchine ſich jedes Unraths entledigen konn-<lb/> te, muß ich noch um deßwillen anfuͤhren, damit<lb/> ich nicht ſchwaͤrzeres Licht uͤber die ehemaligen<lb/> Kloſtergefaͤngniſſe verbreite.</p><lb/> <p>Wahrſcheinlich handelte die Aebtiſſin edler, als<lb/> ſie ſprach, denn nach drei Monaten langte durch<lb/> ihre Vermittlung nicht allein die Loͤſung des Ban-<lb/> nes im Kloſter an, ſondern der Gefangnen ward<lb/> auch zugleich ein weit milderes Schickſal beſtimmt.<lb/> Sie hat, lautete die Verordnung, genug gebuͤßt,<lb/> und muß nun, da die Kirche ſie wieder in ihren<lb/> Schoos aufnimmt, menſchlicher behandelt werden.<lb/> Sollte ſie wirklich ſchwanger ſeyn, ſo ward der<lb/> Aebtiſſin die Sorge fuͤr ihre gluͤckliche Niederkunft<lb/> ans Herz gelegt, den Nonnen aber zugleich auf-<lb/> getragen, zur Vermeidung des Aergerniſſes das<lb/> neugebohrne Kind, auf eine ſchickliche und geheime<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0064]
oder zu ſprechen. Der Kerker ſelbſt enthielt ein
foͤrmliches Quadrat, das vier Ellen breit und lang
war, ein kleines engvergittertes Fenſter erleuchtete
ſolchen nur ſparſam, ein hoͤlzerner Tiſch und
Stuhl, ein ſchwarzer Sarg, waren die einzigen
Geraͤthe, welche ſich darinne befanden. Der
Sarg war mit zwei haͤrnen Decken gefuͤllt, und
diente der Gefangnen zum Bette; kein Buch, kein
Arbeitsgeraͤthe war ihr vergoͤnnt, ſie durfte ſich
mit nichts beſchaͤftigen, ſollte nur die Groͤße ihres
Verbrechens erwaͤgen, und ewig buͤßen. Daß
uͤbrigens die Gefangene durch eben dieſe Maſchine
die noͤthige Waͤſche erhielt, durch eine andere aͤhn-
liche Maſchine ſich jedes Unraths entledigen konn-
te, muß ich noch um deßwillen anfuͤhren, damit
ich nicht ſchwaͤrzeres Licht uͤber die ehemaligen
Kloſtergefaͤngniſſe verbreite.
Wahrſcheinlich handelte die Aebtiſſin edler, als
ſie ſprach, denn nach drei Monaten langte durch
ihre Vermittlung nicht allein die Loͤſung des Ban-
nes im Kloſter an, ſondern der Gefangnen ward
auch zugleich ein weit milderes Schickſal beſtimmt.
Sie hat, lautete die Verordnung, genug gebuͤßt,
und muß nun, da die Kirche ſie wieder in ihren
Schoos aufnimmt, menſchlicher behandelt werden.
Sollte ſie wirklich ſchwanger ſeyn, ſo ward der
Aebtiſſin die Sorge fuͤr ihre gluͤckliche Niederkunft
ans Herz gelegt, den Nonnen aber zugleich auf-
getragen, zur Vermeidung des Aergerniſſes das
neugebohrne Kind, auf eine ſchickliche und geheime
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