Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.Art sogleich aus dem Kloster zu entfernen, jedoch Viele der Nonnen freuten sich über diese Nach- Art ſogleich aus dem Kloſter zu entfernen, jedoch Viele der Nonnen freuten ſich uͤber dieſe Nach- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0065" n="57"/> Art ſogleich aus dem Kloſter zu entfernen, jedoch<lb/> in Anſehung des großen Vermoͤgens der Mutter<lb/> fuͤr die Erziehung deſſelben Sorge zu tragen, und<lb/> die Mutter bis an ihren Tod ſo zu verpflegen,<lb/> daß ſie einſt ihren Tod nicht zu verantworten<lb/> haͤtten.</p><lb/> <p>Viele der Nonnen freuten ſich uͤber dieſe Nach-<lb/> richt, nur wenige fanden die Strafe fuͤr ſolch ein<lb/> ſchreckliches Verbrechen zu gering, und meinten,<lb/> daß das große Vermoͤgen der Verbrecherin keine<lb/> Ruͤckſicht verdiene. Als man den Kerker oͤfnete,<lb/> fand man Karolinen ſo geſund als moͤglich, ſie<lb/> empfieng die freudige Nachricht, ohne ein Gefuͤhl<lb/> der Freude zu aͤußern, und hoͤrte gleichguͤltig zu,<lb/> wie der Beichtvater des Kloſters ſie von ihrem<lb/> Banne losſprach. Ihre Schwangerſchaft hatte<lb/> den hoͤchſten Grad erreicht, ſpaͤtere Huͤlfe wuͤrde<lb/> ſie und ihr Kind vielleicht todt gefunden haben.<lb/> Man fuͤhrte ſie nach dem Krankenhauſe, wo ſie<lb/> in einer abgeſonderten Zelle zwar immer noch als<lb/> eine Gefangne verwahrt, aber doch von einer be-<lb/> ſondern Waͤrterin bedient, und vom Tiſche der<lb/> Nonnen geſpeiſet wurde. Sie ſprach aͤußerſt we-<lb/> nig, oft viele Tage hintereinander gar nicht, ſaß<lb/> nur immer gedankenvoll auf ihrem Bette, und<lb/> ſtarrte ſtundenlang einen und den nemlichen Ge-<lb/> genſtand an. Ehe noch volle vierzehn Tage ver-<lb/> floſſen, nahte ſich die Stunde ihrer Geburt.<lb/> Die Huͤlfe war gering, ihr Leiden groß, aber ſie<lb/> duldete gelaſſen, und gebahr endlich in der fol-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0065]
Art ſogleich aus dem Kloſter zu entfernen, jedoch
in Anſehung des großen Vermoͤgens der Mutter
fuͤr die Erziehung deſſelben Sorge zu tragen, und
die Mutter bis an ihren Tod ſo zu verpflegen,
daß ſie einſt ihren Tod nicht zu verantworten
haͤtten.
Viele der Nonnen freuten ſich uͤber dieſe Nach-
richt, nur wenige fanden die Strafe fuͤr ſolch ein
ſchreckliches Verbrechen zu gering, und meinten,
daß das große Vermoͤgen der Verbrecherin keine
Ruͤckſicht verdiene. Als man den Kerker oͤfnete,
fand man Karolinen ſo geſund als moͤglich, ſie
empfieng die freudige Nachricht, ohne ein Gefuͤhl
der Freude zu aͤußern, und hoͤrte gleichguͤltig zu,
wie der Beichtvater des Kloſters ſie von ihrem
Banne losſprach. Ihre Schwangerſchaft hatte
den hoͤchſten Grad erreicht, ſpaͤtere Huͤlfe wuͤrde
ſie und ihr Kind vielleicht todt gefunden haben.
Man fuͤhrte ſie nach dem Krankenhauſe, wo ſie
in einer abgeſonderten Zelle zwar immer noch als
eine Gefangne verwahrt, aber doch von einer be-
ſondern Waͤrterin bedient, und vom Tiſche der
Nonnen geſpeiſet wurde. Sie ſprach aͤußerſt we-
nig, oft viele Tage hintereinander gar nicht, ſaß
nur immer gedankenvoll auf ihrem Bette, und
ſtarrte ſtundenlang einen und den nemlichen Ge-
genſtand an. Ehe noch volle vierzehn Tage ver-
floſſen, nahte ſich die Stunde ihrer Geburt.
Die Huͤlfe war gering, ihr Leiden groß, aber ſie
duldete gelaſſen, und gebahr endlich in der fol-
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