Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Franz. (traurig) Mein Vater will,
daß ich um den Dienst anhalten soll.
Wilhelmine. (freudig) Ihr Vater,
nur ihr Vater will es?
Franz. Er forderts mit vollem Rechte.
Meine Erziehung, meine Studien haben ihm
viel gekostet, alles, was er einst zu einem Noth-
pfennig brauchen konnte, hat er mir willig geop-
fert, es ist billig, daß ich ihm ruhige Aussicht
auf seine alten Tage gewähre, und ihn, wenn
ich den Dienst erhalte, zu mir nehme.
Wilhelmine. Es ist höchst billig! (trau-
rig
)
Ich will meinen Vater selbst bitten, er
versagt mir selten eine Bitte, und wird diese ge-
wiß gewähren.
Franz. (mit Thränen) Ich danken,
Euer Gnaden, aufs innigste.
Wilhelmine. Sie weinen? Sind's Thrä-
nen der Freude? Der Ton ihrer Stimme wider-
sprach.
Franz. Verzeihen sie, gnädiges Fräulein,
ich dachte nur daran, daß es mir äußerst schwer
fallen würde, mich von ihrem -- -- von ih-
nen -- -- von ihrem Unterrichte zu trennen.
Wilhelmine. Und diese Erinnerung kostete
ihnen Thränen?
Franz. O Gott, sollte sie es nicht?
Wilhelmine. (seine Hand ergrei-
fend
)
Franz, sprachst du dieß im Ernste?

Franz. (traurig) Mein Vater will,
daß ich um den Dienſt anhalten ſoll.
Wilhelmine. (freudig) Ihr Vater,
nur ihr Vater will es?
Franz. Er forderts mit vollem Rechte.
Meine Erziehung, meine Studien haben ihm
viel gekoſtet, alles, was er einſt zu einem Noth-
pfennig brauchen konnte, hat er mir willig geop-
fert, es iſt billig, daß ich ihm ruhige Ausſicht
auf ſeine alten Tage gewaͤhre, und ihn, wenn
ich den Dienſt erhalte, zu mir nehme.
Wilhelmine. Es iſt hoͤchſt billig! (trau-
rig
)
Ich will meinen Vater ſelbſt bitten, er
verſagt mir ſelten eine Bitte, und wird dieſe ge-
wiß gewaͤhren.
Franz. (mit Thraͤnen) Ich danken,
Euer Gnaden, aufs innigſte.
Wilhelmine. Sie weinen? Sind's Thraͤ-
nen der Freude? Der Ton ihrer Stimme wider-
ſprach.
Franz. Verzeihen ſie, gnaͤdiges Fraͤulein,
ich dachte nur daran, daß es mir aͤußerſt ſchwer
fallen wuͤrde, mich von ihrem — — von ih-
nen — — von ihrem Unterrichte zu trennen.
Wilhelmine. Und dieſe Erinnerung koſtete
ihnen Thraͤnen?
Franz. O Gott, ſollte ſie es nicht?
Wilhelmine. (ſeine Hand ergrei-
fend
)
Franz, ſprachſt du dieß im Ernſte?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0081" n="73"/>
        <sp who="#FRANZ">
          <speaker><hi rendition="#g">Franz</hi>.</speaker>
          <stage>(<hi rendition="#g">traurig</hi>)</stage>
          <p>Mein Vater will,<lb/>
daß ich um den Dien&#x017F;t anhalten &#x017F;oll.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WILH">
          <speaker><hi rendition="#g">Wilhelmine</hi>.</speaker>
          <stage>(<hi rendition="#g">freudig</hi>)</stage>
          <p>Ihr Vater,<lb/>
nur ihr Vater will es?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FRANZ">
          <speaker><hi rendition="#g">Franz</hi>.</speaker>
          <p>Er forderts mit vollem Rechte.<lb/>
Meine Erziehung, meine Studien haben ihm<lb/>
viel geko&#x017F;tet, alles, was er ein&#x017F;t zu einem Noth-<lb/>
pfennig brauchen konnte, hat er mir willig geop-<lb/>
fert, es i&#x017F;t billig, daß ich ihm ruhige Aus&#x017F;icht<lb/>
auf &#x017F;eine alten Tage gewa&#x0364;hre, und ihn, wenn<lb/>
ich den Dien&#x017F;t erhalte, zu mir nehme.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WILH">
          <speaker><hi rendition="#g">Wilhelmine</hi>.</speaker>
          <p>Es i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t billig! <stage>(<hi rendition="#g">trau-<lb/>
rig</hi>)</stage> Ich will meinen Vater &#x017F;elb&#x017F;t bitten, er<lb/>
ver&#x017F;agt mir &#x017F;elten eine Bitte, und wird die&#x017F;e ge-<lb/>
wiß gewa&#x0364;hren.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FRANZ">
          <speaker><hi rendition="#g">Franz</hi>.</speaker>
          <stage>(<hi rendition="#g">mit Thra&#x0364;nen</hi>)</stage>
          <p>Ich danken,<lb/>
Euer Gnaden, aufs innig&#x017F;te.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WILH">
          <speaker><hi rendition="#g">Wilhelmine</hi>.</speaker>
          <p>Sie weinen? Sind's Thra&#x0364;-<lb/>
nen der Freude? Der Ton ihrer Stimme wider-<lb/>
&#x017F;prach.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FRANZ">
          <speaker><hi rendition="#g">Franz</hi>.</speaker>
          <p>Verzeihen &#x017F;ie, gna&#x0364;diges Fra&#x0364;ulein,<lb/>
ich dachte nur daran, daß es mir a&#x0364;ußer&#x017F;t &#x017F;chwer<lb/>
fallen wu&#x0364;rde, mich von ihrem &#x2014; &#x2014; von ih-<lb/>
nen &#x2014; &#x2014; von ihrem Unterrichte zu trennen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WILH">
          <speaker><hi rendition="#g">Wilhelmine</hi>.</speaker>
          <p>Und die&#x017F;e Erinnerung ko&#x017F;tete<lb/>
ihnen Thra&#x0364;nen?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FRANZ">
          <speaker><hi rendition="#g">Franz</hi>.</speaker>
          <p>O Gott, &#x017F;ollte &#x017F;ie es nicht?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WILH">
          <speaker><hi rendition="#g">Wilhelmine</hi>.</speaker>
          <stage>(<hi rendition="#g">&#x017F;eine Hand ergrei-<lb/>
fend</hi>)</stage>
          <p>Franz, &#x017F;prach&#x017F;t du dieß im Ern&#x017F;te?</p>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0081] Franz. (traurig) Mein Vater will, daß ich um den Dienſt anhalten ſoll. Wilhelmine. (freudig) Ihr Vater, nur ihr Vater will es? Franz. Er forderts mit vollem Rechte. Meine Erziehung, meine Studien haben ihm viel gekoſtet, alles, was er einſt zu einem Noth- pfennig brauchen konnte, hat er mir willig geop- fert, es iſt billig, daß ich ihm ruhige Ausſicht auf ſeine alten Tage gewaͤhre, und ihn, wenn ich den Dienſt erhalte, zu mir nehme. Wilhelmine. Es iſt hoͤchſt billig! (trau- rig) Ich will meinen Vater ſelbſt bitten, er verſagt mir ſelten eine Bitte, und wird dieſe ge- wiß gewaͤhren. Franz. (mit Thraͤnen) Ich danken, Euer Gnaden, aufs innigſte. Wilhelmine. Sie weinen? Sind's Thraͤ- nen der Freude? Der Ton ihrer Stimme wider- ſprach. Franz. Verzeihen ſie, gnaͤdiges Fraͤulein, ich dachte nur daran, daß es mir aͤußerſt ſchwer fallen wuͤrde, mich von ihrem — — von ih- nen — — von ihrem Unterrichte zu trennen. Wilhelmine. Und dieſe Erinnerung koſtete ihnen Thraͤnen? Franz. O Gott, ſollte ſie es nicht? Wilhelmine. (ſeine Hand ergrei- fend) Franz, ſprachſt du dieß im Ernſte?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/81
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/81>, abgerufen am 22.11.2024.