ausgegangen, und bis in den Garten gedrun- gen sei? Die Wirthin, welche von allem, was Wilhelm unternahm, unterrichtet war, und für ihr Stillschweigen von ihm reichlich bezahlt wurde, konnte ihm das Räthsel nicht lösen, weil sie sogleich nach dem Essen mit ihren Mädchen nach dem Garten gegangen war, gar nicht vermuthen konnte, daß Amalie eben- falls dahin kommen würde. Sie hatte solche erst dort ohnmächtig am Boden erblickt, und es für das rathsamste geachtet, sie so schnell als möglich nach Hause zu führen.
Wilhelm billigte diese Vorsicht, aber er tadelte auch um so stärker die wenige Wach- samkeit der Wirthin, die er doch so freige- big bezahlt hatte. Er fragte nun: wie es Amalien ergehe? Wie sie sich benähme, und was sie spreche? Die Antwort der Wirthin ließ ihm keinen Zweifel übrig, daß Amalie seine Heurath erfahren habe. Denn sie hatte
ausgegangen, und bis in den Garten gedrun- gen ſei? Die Wirthin, welche von allem, was Wilhelm unternahm, unterrichtet war, und fuͤr ihr Stillſchweigen von ihm reichlich bezahlt wurde, konnte ihm das Raͤthſel nicht loͤſen, weil ſie ſogleich nach dem Eſſen mit ihren Maͤdchen nach dem Garten gegangen war, gar nicht vermuthen konnte, daß Amalie eben- falls dahin kommen wuͤrde. Sie hatte ſolche erſt dort ohnmaͤchtig am Boden erblickt, und es fuͤr das rathſamſte geachtet, ſie ſo ſchnell als moͤglich nach Hauſe zu fuͤhren.
Wilhelm billigte dieſe Vorſicht, aber er tadelte auch um ſo ſtaͤrker die wenige Wach- ſamkeit der Wirthin, die er doch ſo freige- big bezahlt hatte. Er fragte nun: wie es Amalien ergehe? Wie ſie ſich benaͤhme, und was ſie ſpreche? Die Antwort der Wirthin ließ ihm keinen Zweifel uͤbrig, daß Amalie ſeine Heurath erfahren habe. Denn ſie hatte
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ausgegangen, und bis in den Garten gedrun-
gen ſei? Die Wirthin, welche von allem,
was Wilhelm unternahm, unterrichtet war,
und fuͤr ihr Stillſchweigen von ihm reichlich
bezahlt wurde, konnte ihm das Raͤthſel nicht
loͤſen, weil ſie ſogleich nach dem Eſſen mit
ihren Maͤdchen nach dem Garten gegangen war,
gar nicht vermuthen konnte, daß Amalie eben-
falls dahin kommen wuͤrde. Sie hatte ſolche
erſt dort ohnmaͤchtig am Boden erblickt, und
es fuͤr das rathſamſte geachtet, ſie ſo ſchnell
als moͤglich nach Hauſe zu fuͤhren.
Wilhelm billigte dieſe Vorſicht, aber er
tadelte auch um ſo ſtaͤrker die wenige Wach-
ſamkeit der Wirthin, die er doch ſo freige-
big bezahlt hatte. Er fragte nun: wie es
Amalien ergehe? Wie ſie ſich benaͤhme, und
was ſie ſpreche? Die Antwort der Wirthin
ließ ihm keinen Zweifel uͤbrig, daß Amalie
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/164>, abgerufen am 25.11.2024.
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