Da schwere und schreckliche Verzweiflung mit der Unglücklichen kämpfte, sie die Last des marternden Gefühls nicht zu ertragen vermochte, so rang sie nach Luft und Hülfe, sprang rasch von ihrem Lager auf, kam unbe- merkt aus dem Hause, und wandelte ohne Plan, vielleicht auch ohne Bewustsein in den Gassen umher. Die Hand des Ewigen -- denn Zufall und Ungefähr darf ich dies nicht nennen -- führte sie vor dem Hause ihrer ehe- maligen Wirthin vorüber.
Diese hatte sie lange vergebens im Gar- ten gesucht, erst später erfahren, daß sie wieder in die Klauen ihrer lasterhaften Wir- thin gefallen sei, und weihte ihr eben, vor der Thüre sitzend, einen theilnehmenden Seuf- zer, als Amalie bei ihr vorüber wankte. Sie sah ihr Leiden, ihre schreckliche Zerrüt- tung der Sinne, nahm sie mitleidsvoll bei der Hand und führte sie nach dem Zimmer,
Da ſchwere und ſchreckliche Verzweiflung mit der Ungluͤcklichen kaͤmpfte, ſie die Laſt des marternden Gefuͤhls nicht zu ertragen vermochte, ſo rang ſie nach Luft und Huͤlfe, ſprang raſch von ihrem Lager auf, kam unbe- merkt aus dem Hauſe, und wandelte ohne Plan, vielleicht auch ohne Bewuſtſein in den Gaſſen umher. Die Hand des Ewigen — denn Zufall und Ungefaͤhr darf ich dies nicht nennen — fuͤhrte ſie vor dem Hauſe ihrer ehe- maligen Wirthin voruͤber.
Dieſe hatte ſie lange vergebens im Gar- ten geſucht, erſt ſpaͤter erfahren, daß ſie wieder in die Klauen ihrer laſterhaften Wir- thin gefallen ſei, und weihte ihr eben, vor der Thuͤre ſitzend, einen theilnehmenden Seuf- zer, als Amalie bei ihr voruͤber wankte. Sie ſah ihr Leiden, ihre ſchreckliche Zerruͤt- tung der Sinne, nahm ſie mitleidsvoll bei der Hand und fuͤhrte ſie nach dem Zimmer,
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Da ſchwere und ſchreckliche Verzweiflung
mit der Ungluͤcklichen kaͤmpfte, ſie die Laſt
des marternden Gefuͤhls nicht zu ertragen
vermochte, ſo rang ſie nach Luft und Huͤlfe,
ſprang raſch von ihrem Lager auf, kam unbe-
merkt aus dem Hauſe, und wandelte ohne
Plan, vielleicht auch ohne Bewuſtſein in den
Gaſſen umher. Die Hand des Ewigen —
denn Zufall und Ungefaͤhr darf ich dies nicht
nennen — fuͤhrte ſie vor dem Hauſe ihrer ehe-
maligen Wirthin voruͤber.
Dieſe hatte ſie lange vergebens im Gar-
ten geſucht, erſt ſpaͤter erfahren, daß ſie
wieder in die Klauen ihrer laſterhaften Wir-
thin gefallen ſei, und weihte ihr eben, vor
der Thuͤre ſitzend, einen theilnehmenden Seuf-
zer, als Amalie bei ihr voruͤber wankte.
Sie ſah ihr Leiden, ihre ſchreckliche Zerruͤt-
tung der Sinne, nahm ſie mitleidsvoll bei
der Hand und fuͤhrte ſie nach dem Zimmer,
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/182>, abgerufen am 27.11.2024.
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