von der eitlen Krämersfrau bald stark und innig geliebt. Ich will nicht untersuchen, ob er nur aus eigennütziger Absicht oder aus wahrer Neigung diese Liebe erwiederte, ge- nug, daß er das leztere behauptete, und bald Lohn in Menge erndete.
Um ungehindert mit ihrem Liebhaber bu- len zu können, lud sie ihn oft zum Besuche ein, und um Mariens möglichen Verrath zu hindern, suchte sie die Unschuldige in ähnli- che Netze zu verwickeln. Auf ihr Verlangen brachte der Liebhaber die jüngsten und schön- sten Soldaten mit sich, welche sich eifrig müh- ten, in Mariens Herzen Liebe zu wecken. Sie war wirklich reizend und schön, und da- her schon der Mühe werth, die diese rohen Seelen an ihr verschwendeten.
Lange kämpfte, lange widerstand Marie, endlich unterlag sie den Schwüren und Ver-
von der eitlen Kraͤmersfrau bald ſtark und innig geliebt. Ich will nicht unterſuchen, ob er nur aus eigennuͤtziger Abſicht oder aus wahrer Neigung dieſe Liebe erwiederte, ge- nug, daß er das leztere behauptete, und bald Lohn in Menge erndete.
Um ungehindert mit ihrem Liebhaber bu- len zu koͤnnen, lud ſie ihn oft zum Beſuche ein, und um Mariens moͤglichen Verrath zu hindern, ſuchte ſie die Unſchuldige in aͤhnli- che Netze zu verwickeln. Auf ihr Verlangen brachte der Liebhaber die juͤngſten und ſchoͤn- ſten Soldaten mit ſich, welche ſich eifrig muͤh- ten, in Mariens Herzen Liebe zu wecken. Sie war wirklich reizend und ſchoͤn, und da- her ſchon der Muͤhe werth, die dieſe rohen Seelen an ihr verſchwendeten.
Lange kaͤmpfte, lange widerſtand Marie, endlich unterlag ſie den Schwuͤren und Ver-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0203"n="189"/>
von der eitlen Kraͤmersfrau bald ſtark und<lb/>
innig geliebt. Ich will nicht unterſuchen, ob<lb/>
er nur aus eigennuͤtziger Abſicht oder aus<lb/>
wahrer Neigung dieſe Liebe erwiederte, ge-<lb/>
nug, daß er das leztere behauptete, und bald<lb/>
Lohn in Menge erndete.</p><lb/><p>Um ungehindert mit ihrem Liebhaber bu-<lb/>
len zu koͤnnen, lud ſie ihn oft zum Beſuche<lb/>
ein, und um Mariens moͤglichen Verrath zu<lb/>
hindern, ſuchte ſie die Unſchuldige in aͤhnli-<lb/>
che Netze zu verwickeln. Auf ihr Verlangen<lb/>
brachte der Liebhaber die juͤngſten und ſchoͤn-<lb/>ſten Soldaten mit ſich, welche ſich eifrig muͤh-<lb/>
ten, in Mariens Herzen Liebe zu wecken.<lb/>
Sie war wirklich reizend und ſchoͤn, und da-<lb/>
her ſchon der Muͤhe werth, die dieſe rohen<lb/>
Seelen an ihr verſchwendeten.</p><lb/><p>Lange kaͤmpfte, lange widerſtand Marie,<lb/>
endlich unterlag ſie den Schwuͤren und Ver-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[189/0203]
von der eitlen Kraͤmersfrau bald ſtark und
innig geliebt. Ich will nicht unterſuchen, ob
er nur aus eigennuͤtziger Abſicht oder aus
wahrer Neigung dieſe Liebe erwiederte, ge-
nug, daß er das leztere behauptete, und bald
Lohn in Menge erndete.
Um ungehindert mit ihrem Liebhaber bu-
len zu koͤnnen, lud ſie ihn oft zum Beſuche
ein, und um Mariens moͤglichen Verrath zu
hindern, ſuchte ſie die Unſchuldige in aͤhnli-
che Netze zu verwickeln. Auf ihr Verlangen
brachte der Liebhaber die juͤngſten und ſchoͤn-
ſten Soldaten mit ſich, welche ſich eifrig muͤh-
ten, in Mariens Herzen Liebe zu wecken.
Sie war wirklich reizend und ſchoͤn, und da-
her ſchon der Muͤhe werth, die dieſe rohen
Seelen an ihr verſchwendeten.
Lange kaͤmpfte, lange widerſtand Marie,
endlich unterlag ſie den Schwuͤren und Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/203>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.