Stillen, und achtete sie für eine natürliche Fol- ge ihres unglücklichen Falls. Weh thats ihrem Herzen freilich, daß der Vater, welcher ihr An- fangs so unbedingt vergab, izt seine Vorwürfe so hart und anhaltend erneuerte, und nach ei- nigen Wochen ohne Seegen, ohne Abschied wie- der von ihr schied, aber der heimliche Trost der Stiefmutter, daß sich dies alles ändern würde, und vorzüglich das Bewustsein, daß sie ohne Vorsaz gefallen sei, hielt sie im Sturme auf- recht.
Am Abende vor ihrer Niederkunft, wie sie eines nothwendigen Geschäftes wegen übers Dorf ging, ward sie von einem Haufen muth- williger Buben äusserst gekränkt, sie entfloh ih- rem schrecklichen Spotte mit Mühe, und weinte die ganze Nacht hindurch trostlos. Früh ward sie mit einer Tochter entbunden, und genoß die Freuden einer Mutter im äusserst kargen Maase. Neue Kränkungen verbitterten ihr solche auf
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Stillen, und achtete ſie fuͤr eine natuͤrliche Fol- ge ihres ungluͤcklichen Falls. Weh thats ihrem Herzen freilich, daß der Vater, welcher ihr An- fangs ſo unbedingt vergab, izt ſeine Vorwuͤrfe ſo hart und anhaltend erneuerte, und nach ei- nigen Wochen ohne Seegen, ohne Abſchied wie- der von ihr ſchied, aber der heimliche Troſt der Stiefmutter, daß ſich dies alles aͤndern wuͤrde, und vorzuͤglich das Bewuſtſein, daß ſie ohne Vorſaz gefallen ſei, hielt ſie im Sturme auf- recht.
Am Abende vor ihrer Niederkunft, wie ſie eines nothwendigen Geſchaͤftes wegen uͤbers Dorf ging, ward ſie von einem Haufen muth- williger Buben aͤuſſerſt gekraͤnkt, ſie entfloh ih- rem ſchrecklichen Spotte mit Muͤhe, und weinte die ganze Nacht hindurch troſtlos. Fruͤh ward ſie mit einer Tochter entbunden, und genoß die Freuden einer Mutter im aͤuſſerſt kargen Maaſe. Neue Kraͤnkungen verbitterten ihr ſolche auf
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[211[195]/0209]
Stillen, und achtete ſie fuͤr eine natuͤrliche Fol-
ge ihres ungluͤcklichen Falls. Weh thats ihrem
Herzen freilich, daß der Vater, welcher ihr An-
fangs ſo unbedingt vergab, izt ſeine Vorwuͤrfe
ſo hart und anhaltend erneuerte, und nach ei-
nigen Wochen ohne Seegen, ohne Abſchied wie-
der von ihr ſchied, aber der heimliche Troſt der
Stiefmutter, daß ſich dies alles aͤndern wuͤrde,
und vorzuͤglich das Bewuſtſein, daß ſie ohne
Vorſaz gefallen ſei, hielt ſie im Sturme auf-
recht.
Am Abende vor ihrer Niederkunft, wie ſie
eines nothwendigen Geſchaͤftes wegen uͤbers
Dorf ging, ward ſie von einem Haufen muth-
williger Buben aͤuſſerſt gekraͤnkt, ſie entfloh ih-
rem ſchrecklichen Spotte mit Muͤhe, und weinte
die ganze Nacht hindurch troſtlos. Fruͤh ward
ſie mit einer Tochter entbunden, und genoß die
Freuden einer Mutter im aͤuſſerſt kargen Maaſe.
Neue Kraͤnkungen verbitterten ihr ſolche auf
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 211[195]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/209>, abgerufen am 29.11.2024.
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