mein schönes Kind, (zur Köchin) deswe- gen lieben sie mich doch von Herzen? -- --
Ein Wahnsinniger trat izt grade uns ge- genüber in die Thüre seines Gemachs, und begann gräßlich und unverständlich zu schreien. Der muntere Jüngling blickte hinüber.
Hören sie doch, sprach er lächelnd, wie der Kerl tobt! Was spricht er denn für eine Sprache? Ich verstehe Wällisch, Französisch, Deutsch und Latein, aber das verstehe ich nicht! Es giebt mancherlei Sprachen in der Welt, der Geier mag sie alle lernen!
Apropos! Herr Doktor, sie müssen er- lauben, daß ich morgen zur Ader lasse. Ich schlafe so unruhig, und wenn der Monsieur Teufel mir wieder einmal eine Visite macht, so bin ich nicht stark genug, den Kerl zur Thüre hinaus zu werfen, und hiemit Punk-
P
mein ſchoͤnes Kind, (zur Koͤchin) deswe- gen lieben ſie mich doch von Herzen? — —
Ein Wahnſinniger trat izt grade uns ge- genuͤber in die Thuͤre ſeines Gemachs, und begann graͤßlich und unverſtaͤndlich zu ſchreien. Der muntere Juͤngling blickte hinuͤber.
Hoͤren ſie doch, ſprach er laͤchelnd, wie der Kerl tobt! Was ſpricht er denn fuͤr eine Sprache? Ich verſtehe Waͤlliſch, Franzoͤſiſch, Deutſch und Latein, aber das verſtehe ich nicht! Es giebt mancherlei Sprachen in der Welt, der Geier mag ſie alle lernen!
Apropos! Herr Doktor, ſie muͤſſen er- lauben, daß ich morgen zur Ader laſſe. Ich ſchlafe ſo unruhig, und wenn der Monsieur Teufel mir wieder einmal eine Viſite macht, ſo bin ich nicht ſtark genug, den Kerl zur Thuͤre hinaus zu werfen, und hiemit Punk-
P
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0239"n="225"/>
mein ſchoͤnes Kind, <hirendition="#g">(zur Koͤchin)</hi> deswe-<lb/>
gen lieben ſie mich doch von Herzen? ——</p><lb/><p>Ein Wahnſinniger trat izt grade uns ge-<lb/>
genuͤber in die Thuͤre ſeines Gemachs, und<lb/>
begann graͤßlich und unverſtaͤndlich zu ſchreien.<lb/>
Der muntere Juͤngling blickte hinuͤber.</p><lb/><p>Hoͤren ſie doch, ſprach er laͤchelnd, wie<lb/>
der Kerl tobt! Was ſpricht er denn fuͤr eine<lb/>
Sprache? Ich verſtehe Waͤlliſch, Franzoͤſiſch,<lb/>
Deutſch und Latein, aber das verſtehe ich<lb/>
nicht! Es giebt mancherlei Sprachen in der<lb/>
Welt, der Geier mag ſie alle lernen!</p><lb/><p>Apropos! Herr Doktor, ſie muͤſſen er-<lb/>
lauben, daß ich morgen zur Ader laſſe. Ich<lb/>ſchlafe ſo unruhig, und wenn der <hirendition="#aq">Monsieur</hi><lb/>
Teufel mir wieder einmal eine Viſite macht,<lb/>ſo bin ich nicht ſtark genug, den Kerl zur<lb/>
Thuͤre hinaus zu werfen, und hiemit Punk-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[225/0239]
mein ſchoͤnes Kind, (zur Koͤchin) deswe-
gen lieben ſie mich doch von Herzen? — —
Ein Wahnſinniger trat izt grade uns ge-
genuͤber in die Thuͤre ſeines Gemachs, und
begann graͤßlich und unverſtaͤndlich zu ſchreien.
Der muntere Juͤngling blickte hinuͤber.
Hoͤren ſie doch, ſprach er laͤchelnd, wie
der Kerl tobt! Was ſpricht er denn fuͤr eine
Sprache? Ich verſtehe Waͤlliſch, Franzoͤſiſch,
Deutſch und Latein, aber das verſtehe ich
nicht! Es giebt mancherlei Sprachen in der
Welt, der Geier mag ſie alle lernen!
Apropos! Herr Doktor, ſie muͤſſen er-
lauben, daß ich morgen zur Ader laſſe. Ich
ſchlafe ſo unruhig, und wenn der Monsieur
Teufel mir wieder einmal eine Viſite macht,
ſo bin ich nicht ſtark genug, den Kerl zur
Thuͤre hinaus zu werfen, und hiemit Punk-
P
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/239>, abgerufen am 30.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.