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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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schenfreund das Ende seiner Leiden, den Tod
wünschen, ob mir gleich eine sehr große Sum-
me geboten ist, wenn ich ihn wieder gesund
machen könnte.

Sein Name und seine Geschichte ist ein
Geheimniß, das ich zu verschweigen versprach.
Er ist der einzige Zweig einer sehr berühm-
ten und reichen Familie, er ward ein Opfer
der Liebe, mehr kann ich ihnen nicht sagen.

Indem ich noch einmal auf ihn blickte,
und mich unmöglich überzeugen konnte, daß
eine so leidende und anziehende Miene so
schreckliche Heimtücke verrathen könne, trat
der Wärter zu uns, welcher eben nach Hau-
se gekommen war. Er sah, daß sich der ar-
me Leidende, vielleicht in einem Anfalle von
Raserei, sein langes Hemde am Halse zer-
rissen habe, er trat zu ihm, um das gelöß-
te Band wieder zu befestigen. Ich staunte,

ſchenfreund das Ende ſeiner Leiden, den Tod
wuͤnſchen, ob mir gleich eine ſehr große Sum-
me geboten iſt, wenn ich ihn wieder geſund
machen koͤnnte.

Sein Name und ſeine Geſchichte iſt ein
Geheimniß, das ich zu verſchweigen verſprach.
Er iſt der einzige Zweig einer ſehr beruͤhm-
ten und reichen Familie, er ward ein Opfer
der Liebe, mehr kann ich ihnen nicht ſagen.

Indem ich noch einmal auf ihn blickte,
und mich unmoͤglich uͤberzeugen konnte, daß
eine ſo leidende und anziehende Miene ſo
ſchreckliche Heimtuͤcke verrathen koͤnne, trat
der Waͤrter zu uns, welcher eben nach Hau-
ſe gekommen war. Er ſah, daß ſich der ar-
me Leidende, vielleicht in einem Anfalle von
Raſerei, ſein langes Hemde am Halſe zer-
riſſen habe, er trat zu ihm, um das geloͤß-
te Band wieder zu befeſtigen. Ich ſtaunte,

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[245/0259] ſchenfreund das Ende ſeiner Leiden, den Tod wuͤnſchen, ob mir gleich eine ſehr große Sum- me geboten iſt, wenn ich ihn wieder geſund machen koͤnnte. Sein Name und ſeine Geſchichte iſt ein Geheimniß, das ich zu verſchweigen verſprach. Er iſt der einzige Zweig einer ſehr beruͤhm- ten und reichen Familie, er ward ein Opfer der Liebe, mehr kann ich ihnen nicht ſagen. Indem ich noch einmal auf ihn blickte, und mich unmoͤglich uͤberzeugen konnte, daß eine ſo leidende und anziehende Miene ſo ſchreckliche Heimtuͤcke verrathen koͤnne, trat der Waͤrter zu uns, welcher eben nach Hau- ſe gekommen war. Er ſah, daß ſich der ar- me Leidende, vielleicht in einem Anfalle von Raſerei, ſein langes Hemde am Halſe zer- riſſen habe, er trat zu ihm, um das geloͤß- te Band wieder zu befeſtigen. Ich ſtaunte,

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/259>, abgerufen am 28.11.2024.