bebten, wenn nur der Kelch des Leidens vor uns über ging.
Mein Freund führte mich nun bei eini- gen Gemächern vorüber. Hier, sprach er, können sie nur die höchst traurige Erfahrung sammlen, daß der rasende Mensch tief unter dem Viehe erniedrigt sei. Ich liebe sie zu sehr, als daß ich ihnen diesen schrecklichen Anblick gönnen sollte. Wilde, immerdauernde, oft wüthende Raserei hat diese Unglücklichen so entstellt, daß sie solche nicht für Menschen erkennen würden. Gott gebe, daß sie bald enden, ich kann ihnen mit aller meiner Kunst nicht einmal Linderung geben! Noch will ich sie mit zwei merkwürdigen Männern bekannt machen, und dann gehen wir mit der Ueber- zeugung von hinnen: Daß Menschenelend nicht zu zählen sei!
Hier, sprach mein Freund, indem er
bebten, wenn nur der Kelch des Leidens vor uns uͤber ging.
Mein Freund fuͤhrte mich nun bei eini- gen Gemaͤchern voruͤber. Hier, ſprach er, koͤnnen ſie nur die hoͤchſt traurige Erfahrung ſammlen, daß der raſende Menſch tief unter dem Viehe erniedrigt ſei. Ich liebe ſie zu ſehr, als daß ich ihnen dieſen ſchrecklichen Anblick goͤnnen ſollte. Wilde, immerdauernde, oft wuͤthende Raſerei hat dieſe Ungluͤcklichen ſo entſtellt, daß ſie ſolche nicht fuͤr Menſchen erkennen wuͤrden. Gott gebe, daß ſie bald enden, ich kann ihnen mit aller meiner Kunſt nicht einmal Linderung geben! Noch will ich ſie mit zwei merkwuͤrdigen Maͤnnern bekannt machen, und dann gehen wir mit der Ueber- zeugung von hinnen: Daß Menſchenelend nicht zu zaͤhlen ſei!
Hier, ſprach mein Freund, indem er
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bebten, wenn nur der Kelch des Leidens vor
uns uͤber ging.
Mein Freund fuͤhrte mich nun bei eini-
gen Gemaͤchern voruͤber. Hier, ſprach er,
koͤnnen ſie nur die hoͤchſt traurige Erfahrung
ſammlen, daß der raſende Menſch tief unter
dem Viehe erniedrigt ſei. Ich liebe ſie zu
ſehr, als daß ich ihnen dieſen ſchrecklichen
Anblick goͤnnen ſollte. Wilde, immerdauernde,
oft wuͤthende Raſerei hat dieſe Ungluͤcklichen
ſo entſtellt, daß ſie ſolche nicht fuͤr Menſchen
erkennen wuͤrden. Gott gebe, daß ſie bald
enden, ich kann ihnen mit aller meiner Kunſt
nicht einmal Linderung geben! Noch will ich
ſie mit zwei merkwuͤrdigen Maͤnnern bekannt
machen, und dann gehen wir mit der Ueber-
zeugung von hinnen: Daß Menſchenelend
nicht zu zaͤhlen ſei!
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/285>, abgerufen am 26.11.2024.
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