mich an ein anderes Gemach führte, wollen wir wieder einkehren.
Ein kaum funfzigjähriger Mann, dessen Blick nicht Wahnsinn, sondern tiefes Denken verkündigte, saß an einem niedrigen Tische auf einem kleinen Fußschemel, hielt zwischen seinem Knie einen alten Schuh, und flickte solcheu mit einer eilfertigen Emsigkeit. Gleich, gleich stehe ich zu Diensten, sprach er, indem er uns flüchtig anblickte, und noch eilfertiger arbeitete. Ehe ich mit meinem Freunde sprechen konnte, sprang er vom Schemel empor, ergrif ein Stück Papier, verfertigte ein Maas daraus, und trat zu mir.
Was verlangen sie, fragte er hastig, Stiefel oder Schuhe? Ich blickte verlegen auf meinen Freund, und dieser antwortete, daß ich nur ein paar Schuhe zu haben wünschte.
Alles
mich an ein anderes Gemach fuͤhrte, wollen wir wieder einkehren.
Ein kaum funfzigjaͤhriger Mann, deſſen Blick nicht Wahnſinn, ſondern tiefes Denken verkuͤndigte, ſaß an einem niedrigen Tiſche auf einem kleinen Fußſchemel, hielt zwiſchen ſeinem Knie einen alten Schuh, und flickte ſolcheu mit einer eilfertigen Emſigkeit. Gleich, gleich ſtehe ich zu Dienſten, ſprach er, indem er uns fluͤchtig anblickte, und noch eilfertiger arbeitete. Ehe ich mit meinem Freunde ſprechen konnte, ſprang er vom Schemel empor, ergrif ein Stuͤck Papier, verfertigte ein Maas daraus, und trat zu mir.
Was verlangen ſie, fragte er haſtig, Stiefel oder Schuhe? Ich blickte verlegen auf meinen Freund, und dieſer antwortete, daß ich nur ein paar Schuhe zu haben wuͤnſchte.
Alles
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0286"n="272"/>
mich an ein anderes Gemach fuͤhrte, wollen<lb/>
wir wieder einkehren.</p><lb/><p>Ein kaum funfzigjaͤhriger Mann, deſſen<lb/>
Blick nicht Wahnſinn, ſondern tiefes Denken<lb/>
verkuͤndigte, ſaß an einem niedrigen Tiſche<lb/>
auf einem kleinen Fußſchemel, hielt zwiſchen<lb/>ſeinem Knie einen alten Schuh, und flickte<lb/>ſolcheu mit einer eilfertigen Emſigkeit.<lb/>
Gleich, gleich ſtehe ich zu Dienſten, ſprach<lb/>
er, indem er uns fluͤchtig anblickte, und noch<lb/>
eilfertiger arbeitete. Ehe ich mit meinem<lb/>
Freunde ſprechen konnte, ſprang er vom<lb/>
Schemel empor, ergrif ein Stuͤck Papier,<lb/>
verfertigte ein Maas daraus, und trat zu<lb/>
mir.</p><lb/><p>Was verlangen ſie, fragte er haſtig,<lb/>
Stiefel oder Schuhe? Ich blickte verlegen auf<lb/>
meinen Freund, und dieſer antwortete, daß<lb/>
ich nur ein paar Schuhe zu haben wuͤnſchte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Alles</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[272/0286]
mich an ein anderes Gemach fuͤhrte, wollen
wir wieder einkehren.
Ein kaum funfzigjaͤhriger Mann, deſſen
Blick nicht Wahnſinn, ſondern tiefes Denken
verkuͤndigte, ſaß an einem niedrigen Tiſche
auf einem kleinen Fußſchemel, hielt zwiſchen
ſeinem Knie einen alten Schuh, und flickte
ſolcheu mit einer eilfertigen Emſigkeit.
Gleich, gleich ſtehe ich zu Dienſten, ſprach
er, indem er uns fluͤchtig anblickte, und noch
eilfertiger arbeitete. Ehe ich mit meinem
Freunde ſprechen konnte, ſprang er vom
Schemel empor, ergrif ein Stuͤck Papier,
verfertigte ein Maas daraus, und trat zu
mir.
Was verlangen ſie, fragte er haſtig,
Stiefel oder Schuhe? Ich blickte verlegen auf
meinen Freund, und dieſer antwortete, daß
ich nur ein paar Schuhe zu haben wuͤnſchte.
Alles
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/286>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.