ter euch! Ich bin Gatte, und habe ein kran- kes Weib! Ich bin Vater, und habe sieben kranke Kinder! Sie heischen Brod von mir, und ich kann ihnen keines geben. Kommt näher, blickt meine Hände an, sie sind voll blutiger Schwülen! Wenn ihr lange schon auf weichen Betten ruhtet, arbeitete ich noch, um ihren Hunger zu stillen, aber mein Verdienst reichte nicht zu, ich habe alles verkauft, um sie zu sättigen, ich habe nichts mehr, als die- se Lumpen, und die armen Würmer fordern noch immer Brod. -- -- Izt muß ich bet- teln gehen! Betteln für mein Weib, für meine Kinder! Ich erfülle diese Pflicht mit schwerem Herzen, sie sezt mich in die Zahl der Müßiggänger herab, und ich wars doch nicht, verdiente immer mein Brod im Schweis- se meines Angesichts. Ich bettle für mein Weib und Kinder! Ich bettle in der Gegen- wart eures und meines Gottes, weil ich hoffe, daß ihr um so thätiger seine Gebote
ter euch! Ich bin Gatte, und habe ein kran- kes Weib! Ich bin Vater, und habe ſieben kranke Kinder! Sie heiſchen Brod von mir, und ich kann ihnen keines geben. Kommt naͤher, blickt meine Haͤnde an, ſie ſind voll blutiger Schwuͤlen! Wenn ihr lange ſchon auf weichen Betten ruhtet, arbeitete ich noch, um ihren Hunger zu ſtillen, aber mein Verdienſt reichte nicht zu, ich habe alles verkauft, um ſie zu ſaͤttigen, ich habe nichts mehr, als die- ſe Lumpen, und die armen Wuͤrmer fordern noch immer Brod. — — Izt muß ich bet- teln gehen! Betteln fuͤr mein Weib, fuͤr meine Kinder! Ich erfuͤlle dieſe Pflicht mit ſchwerem Herzen, ſie ſezt mich in die Zahl der Muͤßiggaͤnger herab, und ich wars doch nicht, verdiente immer mein Brod im Schweiſ- ſe meines Angeſichts. Ich bettle fuͤr mein Weib und Kinder! Ich bettle in der Gegen- wart eures und meines Gottes, weil ich hoffe, daß ihr um ſo thaͤtiger ſeine Gebote
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ter euch! Ich bin Gatte, und habe ein kran-
kes Weib! Ich bin Vater, und habe ſieben
kranke Kinder! Sie heiſchen Brod von mir,
und ich kann ihnen keines geben. Kommt
naͤher, blickt meine Haͤnde an, ſie ſind voll
blutiger Schwuͤlen! Wenn ihr lange ſchon auf
weichen Betten ruhtet, arbeitete ich noch, um
ihren Hunger zu ſtillen, aber mein Verdienſt
reichte nicht zu, ich habe alles verkauft, um
ſie zu ſaͤttigen, ich habe nichts mehr, als die-
ſe Lumpen, und die armen Wuͤrmer fordern
noch immer Brod. — — Izt muß ich bet-
teln gehen! Betteln fuͤr mein Weib, fuͤr
meine Kinder! Ich erfuͤlle dieſe Pflicht mit
ſchwerem Herzen, ſie ſezt mich in die Zahl
der Muͤßiggaͤnger herab, und ich wars doch
nicht, verdiente immer mein Brod im Schweiſ-
ſe meines Angeſichts. Ich bettle fuͤr mein
Weib und Kinder! Ich bettle in der Gegen-
wart eures und meines Gottes, weil ich
hoffe, daß ihr um ſo thaͤtiger ſeine Gebote
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/292>, abgerufen am 25.11.2024.
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