menschlichen Lebens zu denken. Er hungerte und darbte, um nur seinen Geldhaufen zu ver- mehren.
Ein noch minderjähriger Verschwender ver- pfändete ihm einst einige kostbare Juwelen für tausend Gulden. Der Vormund erfuhr's, und forderte sie zurück, weil man nach den Ge- setzen einem Minderjährigen kein Geld leihen darf. Der Geizige wollte nicht erstatten, es kam zum Prozesse, der natürlich verlohren ging, dem Unglücklichen seinen Verstand raub- te, als er die Juwelen zurückgeben mußte, und die Pfandsumme von tausend Thalern ver- lohr. Sein Vermögen steht izt unter gericht- licher Verwaltung, er kann es nicht gen[u]ssen. Er raßt nie, aber er ist äusserst heimtückisch, und will jeden erwürgen, der nicht gleich ihm behauptet, daß er seinen Prozeß auf die un- rechtmäßigste Art verlohren habe.
menſchlichen Lebens zu denken. Er hungerte und darbte, um nur ſeinen Geldhaufen zu ver- mehren.
Ein noch minderjaͤhriger Verſchwender ver- pfaͤndete ihm einſt einige koſtbare Juwelen fuͤr tauſend Gulden. Der Vormund erfuhr's, und forderte ſie zuruͤck, weil man nach den Ge- ſetzen einem Minderjaͤhrigen kein Geld leihen darf. Der Geizige wollte nicht erſtatten, es kam zum Prozeſſe, der natuͤrlich verlohren ging, dem Ungluͤcklichen ſeinen Verſtand raub- te, als er die Juwelen zuruͤckgeben mußte, und die Pfandſumme von tauſend Thalern ver- lohr. Sein Vermoͤgen ſteht izt unter gericht- licher Verwaltung, er kann es nicht gen[u]ſſen. Er raßt nie, aber er iſt aͤuſſerſt heimtuͤckiſch, und will jeden erwuͤrgen, der nicht gleich ihm behauptet, daß er ſeinen Prozeß auf die un- rechtmaͤßigſte Art verlohren habe.
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menſchlichen Lebens zu denken. Er hungerte
und darbte, um nur ſeinen Geldhaufen zu ver-
mehren.
Ein noch minderjaͤhriger Verſchwender ver-
pfaͤndete ihm einſt einige koſtbare Juwelen fuͤr
tauſend Gulden. Der Vormund erfuhr's,
und forderte ſie zuruͤck, weil man nach den Ge-
ſetzen einem Minderjaͤhrigen kein Geld leihen
darf. Der Geizige wollte nicht erſtatten, es
kam zum Prozeſſe, der natuͤrlich verlohren
ging, dem Ungluͤcklichen ſeinen Verſtand raub-
te, als er die Juwelen zuruͤckgeben mußte,
und die Pfandſumme von tauſend Thalern ver-
lohr. Sein Vermoͤgen ſteht izt unter gericht-
licher Verwaltung, er kann es nicht genuſſen.
Er raßt nie, aber er iſt aͤuſſerſt heimtuͤckiſch,
und will jeden erwuͤrgen, der nicht gleich ihm
behauptet, daß er ſeinen Prozeß auf die un-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/300>, abgerufen am 24.11.2024.
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