Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Fürstin. Nein, das vermag ich nicht!
Aber es würde ihren Karakter in meinem
Augen um ein grosses erhöhen, es würde
den Lohn meiner Freundschaft nach sich zie-
hen.

Gräfin. O um solch einen Gewinn
unternehme ich alles!

Fürstin. (sanft lächelnd) So will
ich dann sogleich versuchen: Ob ihre Ver-
sicherung mehr als Schmeichelei war? Die
Gattin des Grafen L -- verzeihen sie, daß
ich sie an diesen erinnern muß -- schmachtet
mit ihren Kindern noch immer im unver-
dienten Gefängnisse. Sie hatte keinen Theil
an der That, die er übte, und muß doch streng
dafür büssen, da man ihr Freiheit und Ver-
mögen raubt. Ein Wort von ihnen würde
ihr sicher beides wieder geben! Man will
mich versichern, daß sie hoch geschworen hät-

Fuͤrſtin. Nein, das vermag ich nicht!
Aber es wuͤrde ihren Karakter in meinem
Augen um ein groſſes erhoͤhen, es wuͤrde
den Lohn meiner Freundſchaft nach ſich zie-
hen.

Graͤfin. O um ſolch einen Gewinn
unternehme ich alles!

Fuͤrſtin. (ſanft laͤchelnd) So will
ich dann ſogleich verſuchen: Ob ihre Ver-
ſicherung mehr als Schmeichelei war? Die
Gattin des Grafen L — verzeihen ſie, daß
ich ſie an dieſen erinnern muß — ſchmachtet
mit ihren Kindern noch immer im unver-
dienten Gefaͤngniſſe. Sie hatte keinen Theil
an der That, die er uͤbte, und muß doch ſtreng
dafuͤr buͤſſen, da man ihr Freiheit und Ver-
moͤgen raubt. Ein Wort von ihnen wuͤrde
ihr ſicher beides wieder geben! Man will
mich verſichern, daß ſie hoch geſchworen haͤt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0137" n="127"/>
        <p><hi rendition="#g">Fu&#x0364;r&#x017F;tin</hi>. Nein, das vermag ich nicht!<lb/>
Aber es wu&#x0364;rde ihren Karakter in meinem<lb/>
Augen um ein gro&#x017F;&#x017F;es erho&#x0364;hen, es wu&#x0364;rde<lb/>
den Lohn meiner Freund&#x017F;chaft nach &#x017F;ich zie-<lb/>
hen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Gra&#x0364;fin</hi>. O um &#x017F;olch einen Gewinn<lb/>
unternehme ich alles!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Fu&#x0364;r&#x017F;tin. (&#x017F;anft la&#x0364;chelnd)</hi> So will<lb/>
ich dann &#x017F;ogleich ver&#x017F;uchen: Ob ihre Ver-<lb/>
&#x017F;icherung mehr als Schmeichelei war? Die<lb/>
Gattin des Grafen L &#x2014; verzeihen &#x017F;ie, daß<lb/>
ich &#x017F;ie an die&#x017F;en erinnern muß &#x2014; &#x017F;chmachtet<lb/>
mit ihren Kindern noch immer im unver-<lb/>
dienten Gefa&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e. Sie hatte keinen Theil<lb/>
an der That, die er u&#x0364;bte, und muß doch &#x017F;treng<lb/>
dafu&#x0364;r bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, da man ihr Freiheit und Ver-<lb/>
mo&#x0364;gen raubt. Ein Wort von ihnen wu&#x0364;rde<lb/>
ihr &#x017F;icher beides wieder geben! Man will<lb/>
mich ver&#x017F;ichern, daß &#x017F;ie hoch ge&#x017F;chworen ha&#x0364;t-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0137] Fuͤrſtin. Nein, das vermag ich nicht! Aber es wuͤrde ihren Karakter in meinem Augen um ein groſſes erhoͤhen, es wuͤrde den Lohn meiner Freundſchaft nach ſich zie- hen. Graͤfin. O um ſolch einen Gewinn unternehme ich alles! Fuͤrſtin. (ſanft laͤchelnd) So will ich dann ſogleich verſuchen: Ob ihre Ver- ſicherung mehr als Schmeichelei war? Die Gattin des Grafen L — verzeihen ſie, daß ich ſie an dieſen erinnern muß — ſchmachtet mit ihren Kindern noch immer im unver- dienten Gefaͤngniſſe. Sie hatte keinen Theil an der That, die er uͤbte, und muß doch ſtreng dafuͤr buͤſſen, da man ihr Freiheit und Ver- moͤgen raubt. Ein Wort von ihnen wuͤrde ihr ſicher beides wieder geben! Man will mich verſichern, daß ſie hoch geſchworen haͤt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/137
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/137>, abgerufen am 09.11.2024.