mit ihr anhaltend sprach. Die Großmüthige wollte gerne eine gute Handlung üben, und achtete den schweren Pfad nicht, der sie allein zum Ziele leiten konnte. Wie der Fürst eben mit einem Minister sprach, führte die Für- stin die Gräfin ans Fenster. Ich weiß, sprach die Gute, daß ihnen der Fürst Ersatz für das Leiden schuldig ist, welches sie durch den Ver- lust eines geliebten Bruders in seiner Resi- denz erdulden mußten. Sein Herz ist bieder und gut, es wird ihnen daher eine Bitte nicht abschlagen, die ich selbst nicht an ihn wa- gen wollte, weil er mit Recht befürchten müßte, daß er sie durch Erfüllung derselben aufs neue kränken würde. Wenn sie aber solche wagen, da fällt der gegründete Ein- wurf weg, da ist die Erhörung gewiß. Wol- len sies thun, wenn ich sie bitte -- --
Gräfin. Euer Durchlaucht befeh- len -- --
mit ihr anhaltend ſprach. Die Großmuͤthige wollte gerne eine gute Handlung uͤben, und achtete den ſchweren Pfad nicht, der ſie allein zum Ziele leiten konnte. Wie der Fuͤrſt eben mit einem Miniſter ſprach, fuͤhrte die Fuͤr- ſtin die Graͤfin ans Fenſter. Ich weiß, ſprach die Gute, daß ihnen der Fuͤrſt Erſatz fuͤr das Leiden ſchuldig iſt, welches ſie durch den Ver- luſt eines geliebten Bruders in ſeiner Reſi- denz erdulden mußten. Sein Herz iſt bieder und gut, es wird ihnen daher eine Bitte nicht abſchlagen, die ich ſelbſt nicht an ihn wa- gen wollte, weil er mit Recht befuͤrchten muͤßte, daß er ſie durch Erfuͤllung derſelben aufs neue kraͤnken wuͤrde. Wenn ſie aber ſolche wagen, da faͤllt der gegruͤndete Ein- wurf weg, da iſt die Erhoͤrung gewiß. Wol- len ſies thun, wenn ich ſie bitte — —
Graͤfin. Euer Durchlaucht befeh- len — —
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mit ihr anhaltend ſprach. Die Großmuͤthige
wollte gerne eine gute Handlung uͤben, und
achtete den ſchweren Pfad nicht, der ſie allein
zum Ziele leiten konnte. Wie der Fuͤrſt eben
mit einem Miniſter ſprach, fuͤhrte die Fuͤr-
ſtin die Graͤfin ans Fenſter. Ich weiß, ſprach
die Gute, daß ihnen der Fuͤrſt Erſatz fuͤr das
Leiden ſchuldig iſt, welches ſie durch den Ver-
luſt eines geliebten Bruders in ſeiner Reſi-
denz erdulden mußten. Sein Herz iſt bieder
und gut, es wird ihnen daher eine Bitte
nicht abſchlagen, die ich ſelbſt nicht an ihn wa-
gen wollte, weil er mit Recht befuͤrchten
muͤßte, daß er ſie durch Erfuͤllung derſelben
aufs neue kraͤnken wuͤrde. Wenn ſie aber
ſolche wagen, da faͤllt der gegruͤndete Ein-
wurf weg, da iſt die Erhoͤrung gewiß. Wol-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/136>, abgerufen am 21.11.2024.
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