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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

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Er erschien sogleich, aber es ward der Für-
stin äusserst schwer, ihn zur Entführung des
Gefangnen zu bereden, weil ers für Verletzung
seiner Pflicht, seines Schwurs achtete, und
die wenigen Tage seines Lebens nicht durch
Meineid beflecken wollte. Nur die Versiche-
rung, daß der izt allzu zornige Fürst ihm einst
selbst die That lohnen würde, daß die Fürstin
im möglichen Falle alle Verantwortung auf
sich nehmen wolle, machte ihn bereitwillig, die
That zu versuchen. Sie versprach ihm über-
dies lebenslange und gute Versorgung im
Staate einer benachbarten Fürstin, wohin sie
ihn sicher und ohne Gefahr senden wolle.
Aber dies Versprechen war es nicht, was dem
redlichen Alten zur Theilnahme bewog, nur
die Ueberzeugung, daß er eine gute That übe,
nur der Widerwille, mit welchem er den trau-
rigen Dienst eines Kerkermeisters verrichtete,
bestimmte seine Handlung.

Er erſchien ſogleich, aber es ward der Fuͤr-
ſtin aͤuſſerſt ſchwer, ihn zur Entfuͤhrung des
Gefangnen zu bereden, weil ers fuͤr Verletzung
ſeiner Pflicht, ſeines Schwurs achtete, und
die wenigen Tage ſeines Lebens nicht durch
Meineid beflecken wollte. Nur die Verſiche-
rung, daß der izt allzu zornige Fuͤrſt ihm einſt
ſelbſt die That lohnen wuͤrde, daß die Fuͤrſtin
im moͤglichen Falle alle Verantwortung auf
ſich nehmen wolle, machte ihn bereitwillig, die
That zu verſuchen. Sie verſprach ihm uͤber-
dies lebenslange und gute Verſorgung im
Staate einer benachbarten Fuͤrſtin, wohin ſie
ihn ſicher und ohne Gefahr ſenden wolle.
Aber dies Verſprechen war es nicht, was dem
redlichen Alten zur Theilnahme bewog, nur
die Ueberzeugung, daß er eine gute That uͤbe,
nur der Widerwille, mit welchem er den trau-
rigen Dienſt eines Kerkermeiſters verrichtete,
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[140/0150] Er erſchien ſogleich, aber es ward der Fuͤr- ſtin aͤuſſerſt ſchwer, ihn zur Entfuͤhrung des Gefangnen zu bereden, weil ers fuͤr Verletzung ſeiner Pflicht, ſeines Schwurs achtete, und die wenigen Tage ſeines Lebens nicht durch Meineid beflecken wollte. Nur die Verſiche- rung, daß der izt allzu zornige Fuͤrſt ihm einſt ſelbſt die That lohnen wuͤrde, daß die Fuͤrſtin im moͤglichen Falle alle Verantwortung auf ſich nehmen wolle, machte ihn bereitwillig, die That zu verſuchen. Sie verſprach ihm uͤber- dies lebenslange und gute Verſorgung im Staate einer benachbarten Fuͤrſtin, wohin ſie ihn ſicher und ohne Gefahr ſenden wolle. Aber dies Verſprechen war es nicht, was dem redlichen Alten zur Theilnahme bewog, nur die Ueberzeugung, daß er eine gute That uͤbe, nur der Widerwille, mit welchem er den trau- rigen Dienſt eines Kerkermeiſters verrichtete, beſtimmte ſeine Handlung.

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/150>, abgerufen am 09.11.2024.