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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

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hinter dem Tabernakel desselben, ließ er eine
große, viereckichte Oefnung wölben, in welche
er nichts mehr und nichts weniger, als eine
simple Laterna magika stellte, deren Bilder
man nach Gefallen, ohne von dem Pöbel gese-
hen zu werden, in dem Innern des Altars
verwechseln konnte. Ein Bild, welches den
ofnen Höllenrachen mit allen seinen Attributen
a la Kochem vorstellte, ein anderes, welches
den Heiland der Menschen, wie er eben blu-
tend am Kreuze verschied, und ein drittes,
welches die Seligkeiten des Himmels nach irr-
dischen Ideen sehr reizend abbildete, waren die
drei wesentlichsten Vorstellungen, mit welchen
er diese Laterna magika auszierte.

Wenn nun in der Folge ein Sünder im
Beichtstuhle erschien, so war sein Beichtvater
schon unterrichtet. Ist deine Reue, sprach er
dann zum Beichtenden, ächt und rein, so ist
mir Gewalt gegeben, dich der Sünde und

hinter dem Tabernakel deſſelben, ließ er eine
große, viereckichte Oefnung woͤlben, in welche
er nichts mehr und nichts weniger, als eine
ſimple Laterna magika ſtellte, deren Bilder
man nach Gefallen, ohne von dem Poͤbel geſe-
hen zu werden, in dem Innern des Altars
verwechſeln konnte. Ein Bild, welches den
ofnen Hoͤllenrachen mit allen ſeinen Attributen
à la Kochem vorſtellte, ein anderes, welches
den Heiland der Menſchen, wie er eben blu-
tend am Kreuze verſchied, und ein drittes,
welches die Seligkeiten des Himmels nach irr-
diſchen Ideen ſehr reizend abbildete, waren die
drei weſentlichſten Vorſtellungen, mit welchen
er dieſe Laterna magika auszierte.

Wenn nun in der Folge ein Suͤnder im
Beichtſtuhle erſchien, ſo war ſein Beichtvater
ſchon unterrichtet. Iſt deine Reue, ſprach er
dann zum Beichtenden, aͤcht und rein, ſo iſt
mir Gewalt gegeben, dich der Suͤnde und

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[197/0207] hinter dem Tabernakel deſſelben, ließ er eine große, viereckichte Oefnung woͤlben, in welche er nichts mehr und nichts weniger, als eine ſimple Laterna magika ſtellte, deren Bilder man nach Gefallen, ohne von dem Poͤbel geſe- hen zu werden, in dem Innern des Altars verwechſeln konnte. Ein Bild, welches den ofnen Hoͤllenrachen mit allen ſeinen Attributen à la Kochem vorſtellte, ein anderes, welches den Heiland der Menſchen, wie er eben blu- tend am Kreuze verſchied, und ein drittes, welches die Seligkeiten des Himmels nach irr- diſchen Ideen ſehr reizend abbildete, waren die drei weſentlichſten Vorſtellungen, mit welchen er dieſe Laterna magika auszierte. Wenn nun in der Folge ein Suͤnder im Beichtſtuhle erſchien, ſo war ſein Beichtvater ſchon unterrichtet. Iſt deine Reue, ſprach er dann zum Beichtenden, aͤcht und rein, ſo iſt mir Gewalt gegeben, dich der Suͤnde und

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/207>, abgerufen am 21.11.2024.