Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Strafe zu entbinden. Doch vorher will ich dir
Gelegenheit gönnen, dich von deinem jetzigen
Zustande zu überzeugen. Geh hinter den ho-
hen Altar, steige fünf Stufen in die Höhe,
blicke ins Allerheiligste, und bringe mir Nach-
richt: Was du sahst! -- -- Zitternd und be-
bend kehrte dann immer der Sünder zurück,
denn es war schon fest gesezt, daß er zum er-
stenmale den ofnen Höllenrachen sehen muste,
in welchen eben einige feuersprüende Teufel eine
arme Seele einführten. Ja, ja! verlohren,
verdammt bist du, entgegnete dann immer der
Beichtvater dem zagenden Büßer, must stracks
zur Hölle wandern, wenn du nicht ächte Buße
thust, nicht eifrige Fürbitter wählst! -- --

Welcher Nothleidende und Hülfsbedürfige
hascht nicht gerne nach den Leztern, er heischte
sie stets dringend, und da man sich hienieden
nicht gerne vergebens bemüht, so ward allemal
der Vermögensstand des Bußfertigen sorgfältig

Strafe zu entbinden. Doch vorher will ich dir
Gelegenheit goͤnnen, dich von deinem jetzigen
Zuſtande zu uͤberzeugen. Geh hinter den ho-
hen Altar, ſteige fuͤnf Stufen in die Hoͤhe,
blicke ins Allerheiligſte, und bringe mir Nach-
richt: Was du ſahſt! — — Zitternd und be-
bend kehrte dann immer der Suͤnder zuruͤck,
denn es war ſchon feſt geſezt, daß er zum er-
ſtenmale den ofnen Hoͤllenrachen ſehen muſte,
in welchen eben einige feuerſpruͤende Teufel eine
arme Seele einfuͤhrten. Ja, ja! verlohren,
verdammt biſt du, entgegnete dann immer der
Beichtvater dem zagenden Buͤßer, muſt ſtracks
zur Hoͤlle wandern, wenn du nicht aͤchte Buße
thuſt, nicht eifrige Fuͤrbitter waͤhlſt! — —

Welcher Nothleidende und Huͤlfsbeduͤrfige
haſcht nicht gerne nach den Leztern, er heiſchte
ſie ſtets dringend, und da man ſich hienieden
nicht gerne vergebens bemuͤht, ſo ward allemal
der Vermoͤgensſtand des Bußfertigen ſorgfaͤltig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0208" n="198"/>
Strafe zu entbinden. Doch vorher will ich dir<lb/>
Gelegenheit go&#x0364;nnen, dich von deinem jetzigen<lb/>
Zu&#x017F;tande zu u&#x0364;berzeugen. Geh hinter den ho-<lb/>
hen Altar, &#x017F;teige fu&#x0364;nf Stufen in die Ho&#x0364;he,<lb/>
blicke ins Allerheilig&#x017F;te, und bringe mir Nach-<lb/>
richt: Was du &#x017F;ah&#x017F;t! &#x2014; &#x2014; Zitternd und be-<lb/>
bend kehrte dann immer der Su&#x0364;nder zuru&#x0364;ck,<lb/>
denn es war &#x017F;chon fe&#x017F;t ge&#x017F;ezt, daß er zum er-<lb/>
&#x017F;tenmale den ofnen Ho&#x0364;llenrachen &#x017F;ehen mu&#x017F;te,<lb/>
in welchen eben einige feuer&#x017F;pru&#x0364;ende Teufel eine<lb/>
arme Seele einfu&#x0364;hrten. Ja, ja! verlohren,<lb/>
verdammt bi&#x017F;t du, entgegnete dann immer der<lb/>
Beichtvater dem zagenden Bu&#x0364;ßer, mu&#x017F;t &#x017F;tracks<lb/>
zur Ho&#x0364;lle wandern, wenn du nicht a&#x0364;chte Buße<lb/>
thu&#x017F;t, nicht eifrige Fu&#x0364;rbitter wa&#x0364;hl&#x017F;t! &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Welcher Nothleidende und Hu&#x0364;lfsbedu&#x0364;rfige<lb/>
ha&#x017F;cht nicht gerne nach den Leztern, er hei&#x017F;chte<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;tets dringend, und da man &#x017F;ich hienieden<lb/>
nicht gerne vergebens bemu&#x0364;ht, &#x017F;o ward allemal<lb/>
der Vermo&#x0364;gens&#x017F;tand des Bußfertigen &#x017F;orgfa&#x0364;ltig<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0208] Strafe zu entbinden. Doch vorher will ich dir Gelegenheit goͤnnen, dich von deinem jetzigen Zuſtande zu uͤberzeugen. Geh hinter den ho- hen Altar, ſteige fuͤnf Stufen in die Hoͤhe, blicke ins Allerheiligſte, und bringe mir Nach- richt: Was du ſahſt! — — Zitternd und be- bend kehrte dann immer der Suͤnder zuruͤck, denn es war ſchon feſt geſezt, daß er zum er- ſtenmale den ofnen Hoͤllenrachen ſehen muſte, in welchen eben einige feuerſpruͤende Teufel eine arme Seele einfuͤhrten. Ja, ja! verlohren, verdammt biſt du, entgegnete dann immer der Beichtvater dem zagenden Buͤßer, muſt ſtracks zur Hoͤlle wandern, wenn du nicht aͤchte Buße thuſt, nicht eifrige Fuͤrbitter waͤhlſt! — — Welcher Nothleidende und Huͤlfsbeduͤrfige haſcht nicht gerne nach den Leztern, er heiſchte ſie ſtets dringend, und da man ſich hienieden nicht gerne vergebens bemuͤht, ſo ward allemal der Vermoͤgensſtand des Bußfertigen ſorgfaͤltig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/208
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/208>, abgerufen am 21.11.2024.