Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

der in der Welt mit dem noch immer innig ge-
liebten Weibe leben zu dürfen, und zog mit
allen Räubern aus, um mein Glück zu fördern.
Der Kampf war leicht, der Raub glücklich, die
sichern Lanzenknechte wurden in einem Thale
überfallen, und meistens getödtet. Wie wir
aber die grosse Menge der Saumrosse seitwärts
leiten wollten, zog ein bairischer junger Her-
zog, ein Sohn des itzigen Kaisers Ludewig mit
sechshundert Reitern die Strasse herauf, um
in Prag das Hochzeitfest des Königs feiern zu
helfen. Einige der entflohnen Lanzenknechte
hatten ihm vom Raube benachrichtigt, und um
Hülfe gebeten. Er stürmte mit Uebermacht
auf uns ein, wir mußten fliehen, und die
Beute den Siegern überlassen. Viele der
Räuber blieben verwundet auf dem Schlacht-
felde liegen, aus diesen hatte er wahrscheinlich
das Bekenntniß unsers Aufenthaltes erzwun-
gen, denn, wie ich am andern Tage mit we-
niger als zweihundert den Eingang des For-

der in der Welt mit dem noch immer innig ge-
liebten Weibe leben zu duͤrfen, und zog mit
allen Raͤubern aus, um mein Gluͤck zu foͤrdern.
Der Kampf war leicht, der Raub gluͤcklich, die
ſichern Lanzenknechte wurden in einem Thale
uͤberfallen, und meiſtens getoͤdtet. Wie wir
aber die groſſe Menge der Saumroſſe ſeitwaͤrts
leiten wollten, zog ein bairiſcher junger Her-
zog, ein Sohn des itzigen Kaiſers Ludewig mit
ſechshundert Reitern die Straſſe herauf, um
in Prag das Hochzeitfeſt des Koͤnigs feiern zu
helfen. Einige der entflohnen Lanzenknechte
hatten ihm vom Raube benachrichtigt, und um
Huͤlfe gebeten. Er ſtuͤrmte mit Uebermacht
auf uns ein, wir mußten fliehen, und die
Beute den Siegern uͤberlaſſen. Viele der
Raͤuber blieben verwundet auf dem Schlacht-
felde liegen, aus dieſen hatte er wahrſcheinlich
das Bekenntniß unſers Aufenthaltes erzwun-
gen, denn, wie ich am andern Tage mit we-
niger als zweihundert den Eingang des For-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0241" n="231"/>
der in der Welt mit dem noch immer innig ge-<lb/>
liebten Weibe leben zu du&#x0364;rfen, und zog mit<lb/>
allen Ra&#x0364;ubern aus, um mein Glu&#x0364;ck zu fo&#x0364;rdern.<lb/>
Der Kampf war leicht, der Raub glu&#x0364;cklich, die<lb/>
&#x017F;ichern Lanzenknechte wurden in einem Thale<lb/>
u&#x0364;berfallen, und mei&#x017F;tens geto&#x0364;dtet. Wie wir<lb/>
aber die gro&#x017F;&#x017F;e Menge der Saumro&#x017F;&#x017F;e &#x017F;eitwa&#x0364;rts<lb/>
leiten wollten, zog ein bairi&#x017F;cher junger Her-<lb/>
zog, ein Sohn des itzigen Kai&#x017F;ers Ludewig mit<lb/>
&#x017F;echshundert Reitern die Stra&#x017F;&#x017F;e herauf, um<lb/>
in Prag das Hochzeitfe&#x017F;t des Ko&#x0364;nigs feiern zu<lb/>
helfen. Einige der entflohnen Lanzenknechte<lb/>
hatten ihm vom Raube benachrichtigt, und um<lb/>
Hu&#x0364;lfe gebeten. Er &#x017F;tu&#x0364;rmte mit Uebermacht<lb/>
auf uns ein, wir mußten fliehen, und die<lb/>
Beute den Siegern u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en. Viele der<lb/>
Ra&#x0364;uber blieben verwundet auf dem Schlacht-<lb/>
felde liegen, aus die&#x017F;en hatte er wahr&#x017F;cheinlich<lb/>
das Bekenntniß un&#x017F;ers Aufenthaltes erzwun-<lb/>
gen, denn, wie ich am andern Tage mit we-<lb/>
niger als zweihundert den Eingang des For-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0241] der in der Welt mit dem noch immer innig ge- liebten Weibe leben zu duͤrfen, und zog mit allen Raͤubern aus, um mein Gluͤck zu foͤrdern. Der Kampf war leicht, der Raub gluͤcklich, die ſichern Lanzenknechte wurden in einem Thale uͤberfallen, und meiſtens getoͤdtet. Wie wir aber die groſſe Menge der Saumroſſe ſeitwaͤrts leiten wollten, zog ein bairiſcher junger Her- zog, ein Sohn des itzigen Kaiſers Ludewig mit ſechshundert Reitern die Straſſe herauf, um in Prag das Hochzeitfeſt des Koͤnigs feiern zu helfen. Einige der entflohnen Lanzenknechte hatten ihm vom Raube benachrichtigt, und um Huͤlfe gebeten. Er ſtuͤrmte mit Uebermacht auf uns ein, wir mußten fliehen, und die Beute den Siegern uͤberlaſſen. Viele der Raͤuber blieben verwundet auf dem Schlacht- felde liegen, aus dieſen hatte er wahrſcheinlich das Bekenntniß unſers Aufenthaltes erzwun- gen, denn, wie ich am andern Tage mit we- niger als zweihundert den Eingang des For-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/241
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/241>, abgerufen am 24.11.2024.