Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

immer noch hoffende Hugo bat dringend, der
Vater vermochte dem wiedergefundenen Soh-
ne die erste Bitte nicht länger zu weigern,
und gelobte endlich Gewährung.

Gerechter Gott! rief er aus, ich ehre
deinen Willen, und achte es für eine ver-
diente Strafe, daß ich im Angesichte mei-
nes Sohnes die schrecklichste Anklage gegen
mich laut verkündigen muß. Ich will sie
standhaft ertragen, und nicht murren, wenn
sie im gerechten Zorne mir flucht.

Es würde ermüdend seyn, wenn ich
wiederholen wollte, was der Mönch schon
vorher ausführlich erzählte, nur so viel
muß ich erwähnen, daß sie in ihrer Erzäh-
lung seiner sehr schonend gedachte, ihren
namlosen Schmerz mit kräftigen Worten schil-
derte, aber auch offen gestand, daß sie die
gränzenlose Liebe des Urhebers ihres Unglücks

immer noch hoffende Hugo bat dringend, der
Vater vermochte dem wiedergefundenen Soh-
ne die erſte Bitte nicht laͤnger zu weigern,
und gelobte endlich Gewaͤhrung.

Gerechter Gott! rief er aus, ich ehre
deinen Willen, und achte es fuͤr eine ver-
diente Strafe, daß ich im Angeſichte mei-
nes Sohnes die ſchrecklichſte Anklage gegen
mich laut verkuͤndigen muß. Ich will ſie
ſtandhaft ertragen, und nicht murren, wenn
ſie im gerechten Zorne mir flucht.

Es wuͤrde ermuͤdend ſeyn, wenn ich
wiederholen wollte, was der Moͤnch ſchon
vorher ausfuͤhrlich erzaͤhlte, nur ſo viel
muß ich erwaͤhnen, daß ſie in ihrer Erzaͤh-
lung ſeiner ſehr ſchonend gedachte, ihren
namloſen Schmerz mit kraͤftigen Worten ſchil-
derte, aber auch offen geſtand, daß ſie die
graͤnzenloſe Liebe des Urhebers ihres Ungluͤcks

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="248"/>
immer noch hoffende Hugo bat dringend, der<lb/>
Vater vermochte dem wiedergefundenen Soh-<lb/>
ne die er&#x017F;te Bitte nicht la&#x0364;nger zu weigern,<lb/>
und gelobte endlich Gewa&#x0364;hrung.</p><lb/>
        <p>Gerechter Gott! rief er aus, ich ehre<lb/>
deinen Willen, und achte es fu&#x0364;r eine ver-<lb/>
diente Strafe, daß ich im Ange&#x017F;ichte mei-<lb/>
nes Sohnes die &#x017F;chrecklich&#x017F;te Anklage gegen<lb/>
mich laut verku&#x0364;ndigen muß. Ich will &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;tandhaft ertragen, und nicht murren, wenn<lb/>
&#x017F;ie im gerechten Zorne mir flucht.</p><lb/>
        <p>Es wu&#x0364;rde ermu&#x0364;dend &#x017F;eyn, wenn ich<lb/>
wiederholen wollte, was der Mo&#x0364;nch &#x017F;chon<lb/>
vorher ausfu&#x0364;hrlich erza&#x0364;hlte, nur &#x017F;o viel<lb/>
muß ich erwa&#x0364;hnen, daß &#x017F;ie in ihrer Erza&#x0364;h-<lb/>
lung &#x017F;einer &#x017F;ehr &#x017F;chonend gedachte, ihren<lb/>
namlo&#x017F;en Schmerz mit kra&#x0364;ftigen Worten &#x017F;chil-<lb/>
derte, aber auch offen ge&#x017F;tand, daß &#x017F;ie die<lb/>
gra&#x0364;nzenlo&#x017F;e Liebe des Urhebers ihres Unglu&#x0364;cks<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0258] immer noch hoffende Hugo bat dringend, der Vater vermochte dem wiedergefundenen Soh- ne die erſte Bitte nicht laͤnger zu weigern, und gelobte endlich Gewaͤhrung. Gerechter Gott! rief er aus, ich ehre deinen Willen, und achte es fuͤr eine ver- diente Strafe, daß ich im Angeſichte mei- nes Sohnes die ſchrecklichſte Anklage gegen mich laut verkuͤndigen muß. Ich will ſie ſtandhaft ertragen, und nicht murren, wenn ſie im gerechten Zorne mir flucht. Es wuͤrde ermuͤdend ſeyn, wenn ich wiederholen wollte, was der Moͤnch ſchon vorher ausfuͤhrlich erzaͤhlte, nur ſo viel muß ich erwaͤhnen, daß ſie in ihrer Erzaͤh- lung ſeiner ſehr ſchonend gedachte, ihren namloſen Schmerz mit kraͤftigen Worten ſchil- derte, aber auch offen geſtand, daß ſie die graͤnzenloſe Liebe des Urhebers ihres Ungluͤcks

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/258
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/258>, abgerufen am 18.05.2024.