nen Augen glänzten Thränen, er schied sehr gerührt, und versprach, mich bald zu besuchen.
Seine Reisige begegneten mir mit gros- ser Ehrfurcht, die Schmerzen meiner Wunde mehrten sich, ich konnte des Rosses Tritt nicht ertragen, sie legten mich auf eine breite Decke, und trugen mich abwechselnd rastlos fort. Ohnmacht und Bewußtsein wechselte in meiner Seele, die erstere schien den Sieg zu erringen, und dauerte oft lange. Wenn ich erwachte, stand das Bild des Ritters vor mir, seine mitleidige, huldvolle Mine erweckte den Wunsch des Lebens in mir, ich hatte ihm ganz mein Leben zu danken, oh- ne seine Hülfe würde ich elend verschmachtet sein. Der Verlust meines Sohnes ängstigte mein Herz, seines Vaters gedachte ich izt nur mit Schaudern, weil er der Urheber all meines Unglücks war.
nen Augen glaͤnzten Thraͤnen, er ſchied ſehr geruͤhrt, und verſprach, mich bald zu beſuchen.
Seine Reiſige begegneten mir mit groſ- ſer Ehrfurcht, die Schmerzen meiner Wunde mehrten ſich, ich konnte des Roſſes Tritt nicht ertragen, ſie legten mich auf eine breite Decke, und trugen mich abwechſelnd raſtlos fort. Ohnmacht und Bewußtſein wechſelte in meiner Seele, die erſtere ſchien den Sieg zu erringen, und dauerte oft lange. Wenn ich erwachte, ſtand das Bild des Ritters vor mir, ſeine mitleidige, huldvolle Mine erweckte den Wunſch des Lebens in mir, ich hatte ihm ganz mein Leben zu danken, oh- ne ſeine Huͤlfe wuͤrde ich elend verſchmachtet ſein. Der Verluſt meines Sohnes aͤngſtigte mein Herz, ſeines Vaters gedachte ich izt nur mit Schaudern, weil er der Urheber all meines Ungluͤcks war.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0262"n="252"/>
nen Augen glaͤnzten Thraͤnen, er ſchied<lb/>ſehr geruͤhrt, und verſprach, mich bald zu<lb/>
beſuchen.</p><lb/><p>Seine Reiſige begegneten mir mit groſ-<lb/>ſer Ehrfurcht, die Schmerzen meiner Wunde<lb/>
mehrten ſich, ich konnte des Roſſes Tritt<lb/>
nicht ertragen, ſie legten mich auf eine breite<lb/>
Decke, und trugen mich abwechſelnd raſtlos<lb/>
fort. Ohnmacht und Bewußtſein wechſelte<lb/>
in meiner Seele, die erſtere ſchien den Sieg<lb/>
zu erringen, und dauerte oft lange. Wenn<lb/>
ich erwachte, ſtand das Bild des Ritters<lb/>
vor mir, ſeine mitleidige, huldvolle Mine<lb/>
erweckte den Wunſch des Lebens in mir, ich<lb/>
hatte ihm ganz mein Leben zu danken, oh-<lb/>
ne ſeine Huͤlfe wuͤrde ich elend verſchmachtet<lb/>ſein. Der Verluſt meines Sohnes aͤngſtigte<lb/>
mein Herz, ſeines Vaters gedachte ich izt<lb/>
nur mit Schaudern, weil er der Urheber<lb/>
all meines Ungluͤcks war.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[252/0262]
nen Augen glaͤnzten Thraͤnen, er ſchied
ſehr geruͤhrt, und verſprach, mich bald zu
beſuchen.
Seine Reiſige begegneten mir mit groſ-
ſer Ehrfurcht, die Schmerzen meiner Wunde
mehrten ſich, ich konnte des Roſſes Tritt
nicht ertragen, ſie legten mich auf eine breite
Decke, und trugen mich abwechſelnd raſtlos
fort. Ohnmacht und Bewußtſein wechſelte
in meiner Seele, die erſtere ſchien den Sieg
zu erringen, und dauerte oft lange. Wenn
ich erwachte, ſtand das Bild des Ritters
vor mir, ſeine mitleidige, huldvolle Mine
erweckte den Wunſch des Lebens in mir, ich
hatte ihm ganz mein Leben zu danken, oh-
ne ſeine Huͤlfe wuͤrde ich elend verſchmachtet
ſein. Der Verluſt meines Sohnes aͤngſtigte
mein Herz, ſeines Vaters gedachte ich izt
nur mit Schaudern, weil er der Urheber
all meines Ungluͤcks war.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/262>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.