huldvoll und mitleidig auf mich herab, kniete neben mir nieder, und wischte das strömende Blut von meinem Angesichte. Man hatte mich ins Freie getragen, viele Reiter schlep- ten Holz und Aeste nach den Höhlen, und steckten das letztere in Brand. Ich hob fle- hend meine Hände zu dem Ritter empor, er tröstete mich mit den liebreichsten Worten, die Stimme des Mitleids drang lieblich in mein Ohr, ich dankte mit Geberden, da ichs mit Worten nicht vermochte. Verge- bens forschte er: Wer ich sei? Wie ich hieher gekommen? Ich konnte nicht antwor- ten. Endlich gebot er vierzig seiner Leute, daß sie mich mit möglichster Sorgfalt nach Baiern zu einem Arzt, welchen er nannte, geleiten sollten. Er bat mich herzlich und, innig, mein theures Leben zu schonen, mich seiner Vorschrift zu fügen, und seines fer- nern Schutzes versichert zu bleiben. Ich ge- lobte es, und dankte von neuen, in sei-
huldvoll und mitleidig auf mich herab, kniete neben mir nieder, und wiſchte das ſtroͤmende Blut von meinem Angeſichte. Man hatte mich ins Freie getragen, viele Reiter ſchlep- ten Holz und Aeſte nach den Hoͤhlen, und ſteckten das letztere in Brand. Ich hob fle- hend meine Haͤnde zu dem Ritter empor, er troͤſtete mich mit den liebreichſten Worten, die Stimme des Mitleids drang lieblich in mein Ohr, ich dankte mit Geberden, da ichs mit Worten nicht vermochte. Verge- bens forſchte er: Wer ich ſei? Wie ich hieher gekommen? Ich konnte nicht antwor- ten. Endlich gebot er vierzig ſeiner Leute, daß ſie mich mit moͤglichſter Sorgfalt nach Baiern zu einem Arzt, welchen er nannte, geleiten ſollten. Er bat mich herzlich und, innig, mein theures Leben zu ſchonen, mich ſeiner Vorſchrift zu fuͤgen, und ſeines fer- nern Schutzes verſichert zu bleiben. Ich ge- lobte es, und dankte von neuen, in ſei-
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huldvoll und mitleidig auf mich herab, kniete
neben mir nieder, und wiſchte das ſtroͤmende
Blut von meinem Angeſichte. Man hatte
mich ins Freie getragen, viele Reiter ſchlep-
ten Holz und Aeſte nach den Hoͤhlen, und
ſteckten das letztere in Brand. Ich hob fle-
hend meine Haͤnde zu dem Ritter empor,
er troͤſtete mich mit den liebreichſten Worten,
die Stimme des Mitleids drang lieblich in
mein Ohr, ich dankte mit Geberden, da
ichs mit Worten nicht vermochte. Verge-
bens forſchte er: Wer ich ſei? Wie ich
hieher gekommen? Ich konnte nicht antwor-
ten. Endlich gebot er vierzig ſeiner Leute,
daß ſie mich mit moͤglichſter Sorgfalt nach
Baiern zu einem Arzt, welchen er nannte,
geleiten ſollten. Er bat mich herzlich und,
innig, mein theures Leben zu ſchonen, mich
ſeiner Vorſchrift zu fuͤgen, und ſeines fer-
nern Schutzes verſichert zu bleiben. Ich ge-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/261>, abgerufen am 24.11.2024.
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