zu finden, und durch den Seegen der theuern Eltern mein Glück zu vergrössern. Ich hatte in einsamen Stunden mir schon oft ihren Jam- mer, und die Wonne des Wiedersehens ge- dacht, aber ich konnte und durfte diese Bitte nicht wagen, weil dem Vater meines Gatten die Heurath nicht bekannt war, der Zug nach Böhmen sie ruchtbar gemacht hätte.
Acht lange Tage harrten wir der Ankunft des Kaisers entgegen, endlich langte ein Eil- bote auf der Veste an, und brachte die frohe Nachricht, daß er vielleicht in der Nacht des folgenden Tages, wäre aber dies nicht mög- lich, am andern Morgen sicher anlangen würde. Mein Gatte hatte mich ehe schon mit prächtigen Kleidern, und den herrlichsten Kleinodien beschenkt, er forderte, daß ich mich mit den schönsten zieren sollte, ich ver- wande den folgenden Tag zu meinem Putze, und harrte am Abende hoffend und ahndend
zu finden, und durch den Seegen der theuern Eltern mein Gluͤck zu vergroͤſſern. Ich hatte in einſamen Stunden mir ſchon oft ihren Jam- mer, und die Wonne des Wiederſehens ge- dacht, aber ich konnte und durfte dieſe Bitte nicht wagen, weil dem Vater meines Gatten die Heurath nicht bekannt war, der Zug nach Boͤhmen ſie ruchtbar gemacht haͤtte.
Acht lange Tage harrten wir der Ankunft des Kaiſers entgegen, endlich langte ein Eil- bote auf der Veſte an, und brachte die frohe Nachricht, daß er vielleicht in der Nacht des folgenden Tages, waͤre aber dies nicht moͤg- lich, am andern Morgen ſicher anlangen wuͤrde. Mein Gatte hatte mich ehe ſchon mit praͤchtigen Kleidern, und den herrlichſten Kleinodien beſchenkt, er forderte, daß ich mich mit den ſchoͤnſten zieren ſollte, ich ver- wande den folgenden Tag zu meinem Putze, und harrte am Abende hoffend und ahndend
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zu finden, und durch den Seegen der theuern
Eltern mein Gluͤck zu vergroͤſſern. Ich hatte
in einſamen Stunden mir ſchon oft ihren Jam-
mer, und die Wonne des Wiederſehens ge-
dacht, aber ich konnte und durfte dieſe Bitte
nicht wagen, weil dem Vater meines Gatten
die Heurath nicht bekannt war, der Zug nach
Boͤhmen ſie ruchtbar gemacht haͤtte.
Acht lange Tage harrten wir der Ankunft
des Kaiſers entgegen, endlich langte ein Eil-
bote auf der Veſte an, und brachte die frohe
Nachricht, daß er vielleicht in der Nacht des
folgenden Tages, waͤre aber dies nicht moͤg-
lich, am andern Morgen ſicher anlangen
wuͤrde. Mein Gatte hatte mich ehe ſchon mit
praͤchtigen Kleidern, und den herrlichſten
Kleinodien beſchenkt, er forderte, daß ich
mich mit den ſchoͤnſten zieren ſollte, ich ver-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/273>, abgerufen am 21.11.2024.
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