chen Veste gewahrte. Ich verstellte mich mehr als je, suchte zuerst mein Lager, und ruhte, wie die Räuber noch tranken. Ich hörte es deutlich, wie sie sich wunderten, daß ich die Ge- gend nicht erkannt hatte, und frohlockte inge- heim, als sie sich treuherzig versicherten, daß ich willig in den Armen ihres Hauptmanns ru- hen, gerne in ihren Höhlen wohnen würde. Die gewisse Hofnung, schon am andern Tage in ihren Höhlen einzutreffen, ihre Weiber wie- der zu umarmen, machte sie ungewöhnlich hei- ter, sie tranken viel und ruhten fest, wie ich meine Flucht mit dir wagte und glücklich vollen- dete.
Nun folgten viele Lehren und mancherlei Aufträge, welche die Mutter ans Herz ihrer Tochter legte. Sollte, sprach sie, Otto von Farwangen noch hienieden wallen, und du ihn einst finden, so verkündige ihm meine volle Verzeihung. Er hat mich einst gränzenlos un- glücklich gemacht, aber ihm verdanke ichs doch,
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chen Veſte gewahrte. Ich verſtellte mich mehr als je, ſuchte zuerſt mein Lager, und ruhte, wie die Raͤuber noch tranken. Ich hoͤrte es deutlich, wie ſie ſich wunderten, daß ich die Ge- gend nicht erkannt hatte, und frohlockte inge- heim, als ſie ſich treuherzig verſicherten, daß ich willig in den Armen ihres Hauptmanns ru- hen, gerne in ihren Hoͤhlen wohnen wuͤrde. Die gewiſſe Hofnung, ſchon am andern Tage in ihren Hoͤhlen einzutreffen, ihre Weiber wie- der zu umarmen, machte ſie ungewoͤhnlich hei- ter, ſie tranken viel und ruhten feſt, wie ich meine Flucht mit dir wagte und gluͤcklich vollen- dete.
Nun folgten viele Lehren und mancherlei Auftraͤge, welche die Mutter ans Herz ihrer Tochter legte. Sollte, ſprach ſie, Otto von Farwangen noch hienieden wallen, und du ihn einſt finden, ſo verkuͤndige ihm meine volle Verzeihung. Er hat mich einſt graͤnzenlos un- gluͤcklich gemacht, aber ihm verdanke ichs doch,
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chen Veſte gewahrte. Ich verſtellte mich mehr
als je, ſuchte zuerſt mein Lager, und ruhte,
wie die Raͤuber noch tranken. Ich hoͤrte es
deutlich, wie ſie ſich wunderten, daß ich die Ge-
gend nicht erkannt hatte, und frohlockte inge-
heim, als ſie ſich treuherzig verſicherten, daß
ich willig in den Armen ihres Hauptmanns ru-
hen, gerne in ihren Hoͤhlen wohnen wuͤrde.
Die gewiſſe Hofnung, ſchon am andern Tage
in ihren Hoͤhlen einzutreffen, ihre Weiber wie-
der zu umarmen, machte ſie ungewoͤhnlich hei-
ter, ſie tranken viel und ruhten feſt, wie ich
meine Flucht mit dir wagte und gluͤcklich vollen-
dete.
Nun folgten viele Lehren und mancherlei
Auftraͤge, welche die Mutter ans Herz ihrer
Tochter legte. Sollte, ſprach ſie, Otto von
Farwangen noch hienieden wallen, und du ihn
einſt finden, ſo verkuͤndige ihm meine volle
Verzeihung. Er hat mich einſt graͤnzenlos un-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/285>, abgerufen am 24.11.2024.
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