So wahr, als ich Marggraf bin! der Kerl muß hängen! sprach der Marggraf zor- nig, als man ihm meldete, daß der Thäter entdeckt, und ein Granadier sei. Er befahl, Standrecht über ihn zu halten, und einige Stunden nachher versammlete sich dies würk- lich, um über Wilhelmen den Tod auszu- sprechen. Erst um diese Zeit erfuhr die lie- bende Sophie das Verbrechen und das unver- meidliche Schicksal ihres Geliebten. Verzweif- lung kennt keine Schranken, überspringt sie alle, wenn sie jenseits Hülfe erblickt. Sie eilte, als ein Raub derselben, zu den Eltern des unglücklichen Wilhelms, sie gestand die- sen, was ihnen vorher noch ein Geheimniß war, daß sie ihren Sohn aufs innigste liebe, und von ihnen Rath, Hülfe und Trost er- warte.
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So wahr, als ich Marggraf bin! der Kerl muß haͤngen! ſprach der Marggraf zor- nig, als man ihm meldete, daß der Thaͤter entdeckt, und ein Granadier ſei. Er befahl, Standrecht uͤber ihn zu halten, und einige Stunden nachher verſammlete ſich dies wuͤrk- lich, um uͤber Wilhelmen den Tod auszu- ſprechen. Erſt um dieſe Zeit erfuhr die lie- bende Sophie das Verbrechen und das unver- meidliche Schickſal ihres Geliebten. Verzweif- lung kennt keine Schranken, uͤberſpringt ſie alle, wenn ſie jenſeits Huͤlfe erblickt. Sie eilte, als ein Raub derſelben, zu den Eltern des ungluͤcklichen Wilhelms, ſie geſtand die- ſen, was ihnen vorher noch ein Geheimniß war, daß ſie ihren Sohn aufs innigſte liebe, und von ihnen Rath, Huͤlfe und Troſt er- warte.
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So wahr, als ich Marggraf bin! der
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nig, als man ihm meldete, daß der Thaͤter
entdeckt, und ein Granadier ſei. Er befahl,
Standrecht uͤber ihn zu halten, und einige
Stunden nachher verſammlete ſich dies wuͤrk-
lich, um uͤber Wilhelmen den Tod auszu-
ſprechen. Erſt um dieſe Zeit erfuhr die lie-
bende Sophie das Verbrechen und das unver-
meidliche Schickſal ihres Geliebten. Verzweif-
lung kennt keine Schranken, uͤberſpringt ſie
alle, wenn ſie jenſeits Huͤlfe erblickt. Sie
eilte, als ein Raub derſelben, zu den Eltern
des ungluͤcklichen Wilhelms, ſie geſtand die-
ſen, was ihnen vorher noch ein Geheimniß
war, daß ſie ihren Sohn aufs innigſte liebe,
und von ihnen Rath, Huͤlfe und Troſt er-
warte.
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/29>, abgerufen am 24.11.2024.
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