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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

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trösten und erquicken konnte, hinzu. Eine
alte Frau, welche von der Mutter an Wil-
helmen gesandt wurde, brachte mündlichen,
innigen Dank zurück, weil es ihm nicht ver-
gönnt war, Antwort zu schreiben.

Die Arbeit aller Verbrecher im Zuchthau-
se war schwer und anhaltend, aber noch ent-
kräftender und härter war die schmale, äusserst
schlechte Kost, welche ihnen gereicht wurde.
Die Unglücklichen, welche nicht Freunde und
Anverwandte hatten, nicht Wohlthäter in
der Stadt fanden, mußten oft hungrig schla-
fen gehen. Diese schlechte Kost war nicht
Strafe, wahrscheinlich nur eine Folge der
Habsucht der Vorsteher, weil es allen, die in
diesem Hause duldeten, erlaubt war, sich bes-
sere Speisen zu kaufen, wenn sie Geld von aus-
sen erhielten.

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troͤſten und erquicken konnte, hinzu. Eine
alte Frau, welche von der Mutter an Wil-
helmen geſandt wurde, brachte muͤndlichen,
innigen Dank zuruͤck, weil es ihm nicht ver-
goͤnnt war, Antwort zu ſchreiben.

Die Arbeit aller Verbrecher im Zuchthau-
ſe war ſchwer und anhaltend, aber noch ent-
kraͤftender und haͤrter war die ſchmale, aͤuſſerſt
ſchlechte Koſt, welche ihnen gereicht wurde.
Die Ungluͤcklichen, welche nicht Freunde und
Anverwandte hatten, nicht Wohlthaͤter in
der Stadt fanden, mußten oft hungrig ſchla-
fen gehen. Dieſe ſchlechte Koſt war nicht
Strafe, wahrſcheinlich nur eine Folge der
Habſucht der Vorſteher, weil es allen, die in
dieſem Hauſe duldeten, erlaubt war, ſich beſ-
ſere Speiſen zu kaufen, wenn ſie Geld von auſ-
ſen erhielten.

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[35/0045] troͤſten und erquicken konnte, hinzu. Eine alte Frau, welche von der Mutter an Wil- helmen geſandt wurde, brachte muͤndlichen, innigen Dank zuruͤck, weil es ihm nicht ver- goͤnnt war, Antwort zu ſchreiben. Die Arbeit aller Verbrecher im Zuchthau- ſe war ſchwer und anhaltend, aber noch ent- kraͤftender und haͤrter war die ſchmale, aͤuſſerſt ſchlechte Koſt, welche ihnen gereicht wurde. Die Ungluͤcklichen, welche nicht Freunde und Anverwandte hatten, nicht Wohlthaͤter in der Stadt fanden, mußten oft hungrig ſchla- fen gehen. Dieſe ſchlechte Koſt war nicht Strafe, wahrſcheinlich nur eine Folge der Habſucht der Vorſteher, weil es allen, die in dieſem Hauſe duldeten, erlaubt war, ſich beſ- ſere Speiſen zu kaufen, wenn ſie Geld von auſ- ſen erhielten. E 2

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/45>, abgerufen am 21.11.2024.