trösten und erquicken konnte, hinzu. Eine alte Frau, welche von der Mutter an Wil- helmen gesandt wurde, brachte mündlichen, innigen Dank zurück, weil es ihm nicht ver- gönnt war, Antwort zu schreiben.
Die Arbeit aller Verbrecher im Zuchthau- se war schwer und anhaltend, aber noch ent- kräftender und härter war die schmale, äusserst schlechte Kost, welche ihnen gereicht wurde. Die Unglücklichen, welche nicht Freunde und Anverwandte hatten, nicht Wohlthäter in der Stadt fanden, mußten oft hungrig schla- fen gehen. Diese schlechte Kost war nicht Strafe, wahrscheinlich nur eine Folge der Habsucht der Vorsteher, weil es allen, die in diesem Hause duldeten, erlaubt war, sich bes- sere Speisen zu kaufen, wenn sie Geld von aus- sen erhielten.
E 2
troͤſten und erquicken konnte, hinzu. Eine alte Frau, welche von der Mutter an Wil- helmen geſandt wurde, brachte muͤndlichen, innigen Dank zuruͤck, weil es ihm nicht ver- goͤnnt war, Antwort zu ſchreiben.
Die Arbeit aller Verbrecher im Zuchthau- ſe war ſchwer und anhaltend, aber noch ent- kraͤftender und haͤrter war die ſchmale, aͤuſſerſt ſchlechte Koſt, welche ihnen gereicht wurde. Die Ungluͤcklichen, welche nicht Freunde und Anverwandte hatten, nicht Wohlthaͤter in der Stadt fanden, mußten oft hungrig ſchla- fen gehen. Dieſe ſchlechte Koſt war nicht Strafe, wahrſcheinlich nur eine Folge der Habſucht der Vorſteher, weil es allen, die in dieſem Hauſe duldeten, erlaubt war, ſich beſ- ſere Speiſen zu kaufen, wenn ſie Geld von auſ- ſen erhielten.
E 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0045"n="35"/>
troͤſten und erquicken konnte, hinzu. Eine<lb/>
alte Frau, welche von der Mutter an Wil-<lb/>
helmen geſandt wurde, brachte muͤndlichen,<lb/>
innigen Dank zuruͤck, weil es ihm nicht ver-<lb/>
goͤnnt war, Antwort zu ſchreiben.</p><lb/><p>Die Arbeit aller Verbrecher im Zuchthau-<lb/>ſe war ſchwer und anhaltend, aber noch ent-<lb/>
kraͤftender und haͤrter war die ſchmale, aͤuſſerſt<lb/>ſchlechte Koſt, welche ihnen gereicht wurde.<lb/>
Die Ungluͤcklichen, welche nicht Freunde und<lb/>
Anverwandte hatten, nicht Wohlthaͤter in<lb/>
der Stadt fanden, mußten oft hungrig ſchla-<lb/>
fen gehen. Dieſe ſchlechte Koſt war nicht<lb/>
Strafe, wahrſcheinlich nur eine Folge der<lb/>
Habſucht der Vorſteher, weil es allen, die in<lb/>
dieſem Hauſe duldeten, erlaubt war, ſich beſ-<lb/>ſere Speiſen zu kaufen, wenn ſie Geld von auſ-<lb/>ſen erhielten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 2</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[35/0045]
troͤſten und erquicken konnte, hinzu. Eine
alte Frau, welche von der Mutter an Wil-
helmen geſandt wurde, brachte muͤndlichen,
innigen Dank zuruͤck, weil es ihm nicht ver-
goͤnnt war, Antwort zu ſchreiben.
Die Arbeit aller Verbrecher im Zuchthau-
ſe war ſchwer und anhaltend, aber noch ent-
kraͤftender und haͤrter war die ſchmale, aͤuſſerſt
ſchlechte Koſt, welche ihnen gereicht wurde.
Die Ungluͤcklichen, welche nicht Freunde und
Anverwandte hatten, nicht Wohlthaͤter in
der Stadt fanden, mußten oft hungrig ſchla-
fen gehen. Dieſe ſchlechte Koſt war nicht
Strafe, wahrſcheinlich nur eine Folge der
Habſucht der Vorſteher, weil es allen, die in
dieſem Hauſe duldeten, erlaubt war, ſich beſ-
ſere Speiſen zu kaufen, wenn ſie Geld von auſ-
ſen erhielten.
E 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/45>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.