schwanger sey. Ihre gerechte Klagen über den schändlichen und meineidigen Verführer, wur- den nun lauter, man sprach in der ganzen Stadt von Sophiens Unglücke; die Obristhof- meisterin erfuhr es, und durch diese der Marg- graf selbst. Er staunte über den schrecklichen Undank des Jünglings, er ging am Nachmit- tage selbst nach Sophiens Wohnung, um sich von der Wahrheit der Geschichte zu überzeu- gen. Er sah die Unglückliche, und Thränen traten in sein Auge, er beschenkte ihre Eltern sehr reichlich, und versprach noch mehr zu thun.
Eine Stunde nach seiner Rückkunft ins Schloß, ging ein Kourier nach Frankfurt ab, welcher den gemeßnen Auftrag hatte, Wilhelms Heurath wo möglich zu hindern, und ihm un- ter den fürchterlichsten Drohungen zur Rück- kehr und zum Ersatze der leidenden Unschuld zu bewegen. Der Abgesandte fand Wilhelmen
ſchwanger ſey. Ihre gerechte Klagen uͤber den ſchaͤndlichen und meineidigen Verfuͤhrer, wur- den nun lauter, man ſprach in der ganzen Stadt von Sophiens Ungluͤcke; die Obriſthof- meiſterin erfuhr es, und durch dieſe der Marg- graf ſelbſt. Er ſtaunte uͤber den ſchrecklichen Undank des Juͤnglings, er ging am Nachmit- tage ſelbſt nach Sophiens Wohnung, um ſich von der Wahrheit der Geſchichte zu uͤberzeu- gen. Er ſah die Ungluͤckliche, und Thraͤnen traten in ſein Auge, er beſchenkte ihre Eltern ſehr reichlich, und verſprach noch mehr zu thun.
Eine Stunde nach ſeiner Ruͤckkunft ins Schloß, ging ein Kourier nach Frankfurt ab, welcher den gemeßnen Auftrag hatte, Wilhelms Heurath wo moͤglich zu hindern, und ihm un- ter den fuͤrchterlichſten Drohungen zur Ruͤck- kehr und zum Erſatze der leidenden Unſchuld zu bewegen. Der Abgeſandte fand Wilhelmen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0064"n="54"/>ſchwanger ſey. Ihre gerechte Klagen uͤber den<lb/>ſchaͤndlichen und meineidigen Verfuͤhrer, wur-<lb/>
den nun lauter, man ſprach in der ganzen<lb/>
Stadt von Sophiens Ungluͤcke; die Obriſthof-<lb/>
meiſterin erfuhr es, und durch dieſe der Marg-<lb/>
graf ſelbſt. Er ſtaunte uͤber den ſchrecklichen<lb/>
Undank des Juͤnglings, er ging am Nachmit-<lb/>
tage ſelbſt nach Sophiens Wohnung, um ſich<lb/>
von der Wahrheit der Geſchichte zu uͤberzeu-<lb/>
gen. Er ſah die Ungluͤckliche, und Thraͤnen<lb/>
traten in ſein Auge, er beſchenkte ihre Eltern<lb/>ſehr reichlich, und verſprach noch mehr zu<lb/>
thun.</p><lb/><p>Eine Stunde nach ſeiner Ruͤckkunft ins<lb/>
Schloß, ging ein Kourier nach Frankfurt ab,<lb/>
welcher den gemeßnen Auftrag hatte, Wilhelms<lb/>
Heurath wo moͤglich zu hindern, und ihm un-<lb/>
ter den fuͤrchterlichſten Drohungen zur Ruͤck-<lb/>
kehr und zum Erſatze der leidenden Unſchuld<lb/>
zu bewegen. Der Abgeſandte fand Wilhelmen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[54/0064]
ſchwanger ſey. Ihre gerechte Klagen uͤber den
ſchaͤndlichen und meineidigen Verfuͤhrer, wur-
den nun lauter, man ſprach in der ganzen
Stadt von Sophiens Ungluͤcke; die Obriſthof-
meiſterin erfuhr es, und durch dieſe der Marg-
graf ſelbſt. Er ſtaunte uͤber den ſchrecklichen
Undank des Juͤnglings, er ging am Nachmit-
tage ſelbſt nach Sophiens Wohnung, um ſich
von der Wahrheit der Geſchichte zu uͤberzeu-
gen. Er ſah die Ungluͤckliche, und Thraͤnen
traten in ſein Auge, er beſchenkte ihre Eltern
ſehr reichlich, und verſprach noch mehr zu
thun.
Eine Stunde nach ſeiner Ruͤckkunft ins
Schloß, ging ein Kourier nach Frankfurt ab,
welcher den gemeßnen Auftrag hatte, Wilhelms
Heurath wo moͤglich zu hindern, und ihm un-
ter den fuͤrchterlichſten Drohungen zur Ruͤck-
kehr und zum Erſatze der leidenden Unſchuld
zu bewegen. Der Abgeſandte fand Wilhelmen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/64>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.