erwarben ihr bald die würkliche Achtung und Freundschaft der Fürstin. Gute Seelen finden sich bald, und wissen sich noch schneller zu schätzen. Der Dank der Fürstin war daher aufrichtig, als endlich der Fürst ins Kabinet trat, und lächelnd fragte: Wie ihr die neue Gesellschaft behage? Sie ist meine Freundin worden, antwortete die Fürstin, und ich hof- fe noch manche angenehme Stunden in ihrer Gesellschaft zu genüßen. Die Wahl macht also ihrem Herzen und Verstande gleich große Ehre, sprach der Fürst mit vergnügtem Blicke zum Grafen, reichte der Gräfin den Arm, und ging voran, um sie nach dem Speisesaal zu führen; die Fürstin folgte am Arme des Gra- fen.
Der ganze hohe Adel der Hauptstadt war im Speisesaale versammlet, die Thüren öfue- ten sich, und manches Gesicht bleichte, ver- zog sich in mächtige Falten, als es die ver-
erwarben ihr bald die wuͤrkliche Achtung und Freundſchaft der Fuͤrſtin. Gute Seelen finden ſich bald, und wiſſen ſich noch ſchneller zu ſchaͤtzen. Der Dank der Fuͤrſtin war daher aufrichtig, als endlich der Fuͤrſt ins Kabinet trat, und laͤchelnd fragte: Wie ihr die neue Geſellſchaft behage? Sie iſt meine Freundin worden, antwortete die Fuͤrſtin, und ich hof- fe noch manche angenehme Stunden in ihrer Geſellſchaft zu genuͤßen. Die Wahl macht alſo ihrem Herzen und Verſtande gleich große Ehre, ſprach der Fuͤrſt mit vergnuͤgtem Blicke zum Grafen, reichte der Graͤfin den Arm, und ging voran, um ſie nach dem Speiſeſaal zu fuͤhren; die Fuͤrſtin folgte am Arme des Gra- fen.
Der ganze hohe Adel der Hauptſtadt war im Speiſeſaale verſammlet, die Thuͤren oͤfue- ten ſich, und manches Geſicht bleichte, ver- zog ſich in maͤchtige Falten, als es die ver-
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erwarben ihr bald die wuͤrkliche Achtung und
Freundſchaft der Fuͤrſtin. Gute Seelen finden
ſich bald, und wiſſen ſich noch ſchneller zu
ſchaͤtzen. Der Dank der Fuͤrſtin war daher
aufrichtig, als endlich der Fuͤrſt ins Kabinet
trat, und laͤchelnd fragte: Wie ihr die neue
Geſellſchaft behage? Sie iſt meine Freundin
worden, antwortete die Fuͤrſtin, und ich hof-
fe noch manche angenehme Stunden in ihrer
Geſellſchaft zu genuͤßen. Die Wahl macht alſo
ihrem Herzen und Verſtande gleich große Ehre,
ſprach der Fuͤrſt mit vergnuͤgtem Blicke zum
Grafen, reichte der Graͤfin den Arm, und
ging voran, um ſie nach dem Speiſeſaal zu
fuͤhren; die Fuͤrſtin folgte am Arme des Gra-
fen.
Der ganze hohe Adel der Hauptſtadt war
im Speiſeſaale verſammlet, die Thuͤren oͤfue-
ten ſich, und manches Geſicht bleichte, ver-
zog ſich in maͤchtige Falten, als es die ver-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/84>, abgerufen am 24.11.2024.
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