Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Vermischte Send-Schreiben. Hier fuhr ich plötzlich auf: Wie? Schöne! ist dasrecht? Jst dir der Liebe Gluth verdammt, verhaßt; zu schlecht? Brich deinen harten Sinn, bezwinge deinen Willen, Und suche dem Sylvan sein Leid und Harm zu stillen. Jch weiß du kennst Sylvan, du kennst ihn allzuwohl, Verlangst du denn von ihm, daß er verschmachten soll? Vier Jahre hat er schon der Liebe Glut erlitten, Siehst du ihn dort entfernt, er kommt mit bangen Schritten, Er kommt zu dir und mir. Ach liebste Schäferin! Gieb doch dein frommes Hertz zum Liebes-Opffer hin. Jch weiß, er meint es treu, er wird dich nicht betrügen, Und sein Gehorsam wird dein redlich Hertz ver- gnügen. Er kommt, er ist schon da; du lachst, o loses Kind! O! eine Schäferin verändert sich geschwind! Komm, armer Freund, Sylvan! Zelinde ist gefangen, Nun solst du deinen Schatz, diß schöne Kind, um- fangen. Zelinde, lache nicht! gieb her die schöne Hand, Sylvan, gieb du dein Hertz davor zum Unterpfand. Euch Kindern muste es durch Thon und Lied ge- lingen, So last auch mich zum Schluß ein Lied zu Ehren singen: Wohlan, ihr habt beglückt gefreyt, Und eurer Liebe Zärtlichkeit Hat auch recht zärtlich überwunden. Was
Vermiſchte Send-Schreiben. Hier fuhr ich ploͤtzlich auf: Wie? Schoͤne! iſt dasrecht? Jſt dir der Liebe Gluth verdammt, verhaßt; zu ſchlecht? Bꝛich deinen harten Sinn, bezwinge deinen Willen, Und ſuche dem Sylvan ſein Leid und Harm zu ſtillen. Jch weiß du kennſt Sylvan, du kennſt ihn allzuwohl, Verlangſt du denn von ihm, daß er verſchmachten ſoll? Vier Jahre hat er ſchon der Liebe Glut erlitten, Siehſt du ihn dort entfernt, er kommt mit bangen Schritten, Er kommt zu dir und mir. Ach liebſte Schaͤferin! Gieb doch dein from̃es Hertz zum Liebes-Opffer hin. Jch weiß, er meint es treu, er wird dich nicht betruͤgen, Und ſein Gehorſam wird dein redlich Hertz ver- gnuͤgen. Er kommt, er iſt ſchon da; du lachſt, o loſes Kind! O! eine Schaͤferin veraͤndert ſich geſchwind! Kom̃, armer Freund, Sylvan! Zelinde iſt gefangen, Nun ſolſt du deinen Schatz, diß ſchoͤne Kind, um- fangen. Zelinde, lache nicht! gieb her die ſchoͤne Hand, Sylvan, gieb du dein Hertz davor zum Unterpfand. Euch Kindern muſte es durch Thon und Lied ge- lingen, So laſt auch mich zum Schluß ein Lied zu Ehren ſingen: Wohlan, ihr habt begluͤckt gefreyt, Und eurer Liebe Zaͤrtlichkeit Hat auch recht zaͤrtlich uͤberwunden. Was
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Vermiſchte Send-Schreiben.
Hier fuhr ich ploͤtzlich auf: Wie? Schoͤne! iſt das
recht?
Jſt dir der Liebe Gluth verdammt, verhaßt; zu
ſchlecht?
Bꝛich deinen harten Sinn, bezwinge deinen Willen,
Und ſuche dem Sylvan ſein Leid und Harm zu
ſtillen.
Jch weiß du kennſt Sylvan, du kennſt ihn allzuwohl,
Verlangſt du denn von ihm, daß er verſchmachten
ſoll?
Vier Jahre hat er ſchon der Liebe Glut erlitten,
Siehſt du ihn dort entfernt, er kommt mit bangen
Schritten,
Er kommt zu dir und mir. Ach liebſte Schaͤferin!
Gieb doch dein from̃es Hertz zum Liebes-Opffer hin.
Jch weiß, er meint es treu, er wird dich nicht betruͤgen,
Und ſein Gehorſam wird dein redlich Hertz ver-
gnuͤgen.
Er kommt, er iſt ſchon da; du lachſt, o loſes Kind!
O! eine Schaͤferin veraͤndert ſich geſchwind!
Kom̃, armer Freund, Sylvan! Zelinde iſt gefangen,
Nun ſolſt du deinen Schatz, diß ſchoͤne Kind, um-
fangen.
Zelinde, lache nicht! gieb her die ſchoͤne Hand,
Sylvan, gieb du dein Hertz davor zum Unterpfand.
Euch Kindern muſte es durch Thon und Lied ge-
lingen,
So laſt auch mich zum Schluß ein Lied zu Ehren
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