Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Vermischte Send-Schreiben. Und liebreich careßirt, ihm auf die Backen streichelt,Und in das Kyne kneipt, so reimen wir es ein: Es mag vor solche Müh ein Dutzend Mäulgen seyn. §. 8. Begehrt sie, daß er sich soll öffters melden lassen,So wird sehr wohl ein Kuß zu ihren Augen passen. Weil iedes Lieben sich auf das Geschlecht gegründt, Und ja die Augen selbst der Sehnsucht Wächter sind. §. 9. Wird der Verliebte nun, mit brünstigen Ver-langen, Und ausgestrecktem Arm umschlossen und umfangen Und noch darzu geküßt, so ists nicht ungeschickt, Wenn er ihr gleich dafür ein Spanisch Creutzgen drükt. §. 10. Bringt denn der Eltern Wort das gantze Spielzu Ende, Verknüpffet Hertz an Hertz, und schliesset Händ an Hände, So heist es wohl ein Werck von ungemeiner Lust, Vor solches liefert er ein Küßgen auf die Brust. §. 11. Wann die Verlobung nun von beyden ist geschehen,So mag der Bräutigam bey Leibe nichts versehen. Er careßiret sie, er hat dabey die Wahl, Daß, wenn er küssen will, so thut ers tausendmahl. §. 12. Jst erstlich Hochzeit da, so wird dem keuschen LiebenKein Ordnung, kein Gesetz zur Haltung vorge- schrieben. Wenn nur das neue Paar einander liebt und ehrt, Und der Natur gemäß sich in der Welt vermehrt. Jm
Vermiſchte Send-Schreiben. Und liebreich careßirt, ihm auf die Backen ſtreichelt,Und in das Kyne kneipt, ſo reimen wir es ein: Es mag vor ſolche Muͤh ein Dutzend Maͤulgen ſeyn. §. 8. Begehrt ſie, daß er ſich ſoll oͤffters melden laſſen,So wird ſehr wohl ein Kuß zu ihren Augen paſſen. Weil iedes Lieben ſich auf das Geſchlecht gegruͤndt, Und ja die Augen ſelbſt deꝛ Sehnſucht Waͤchter ſind. §. 9. Wird der Verliebte nun, mit bruͤnſtigen Ver-langen, Und ausgeſtrecktem Arm umſchloſſen und umfangen Und noch darzu gekuͤßt, ſo iſts nicht ungeſchickt, Weñ er ihr gleich dafuͤr ein Spaniſch Creutzgẽ druͤkt. §. 10. Bringt denn der Eltern Wort das gantze Spielzu Ende, Verknuͤpffet Hertz an Hertz, und ſchlieſſet Haͤnd an Haͤnde, So heiſt es wohl ein Werck von ungemeiner Luſt, Vor ſolches liefert er ein Kuͤßgen auf die Bruſt. §. 11. Wañ die Verlobung nun von beyden iſt geſchehen,So mag der Braͤutigam bey Leibe nichts verſehen. Er careßiret ſie, er hat dabey die Wahl, Daß, wenn er kuͤſſen will, ſo thut ers tauſendmahl. §. 12. Jſt erſtlich Hochzeit da, ſo wird dem keuſchen LiebẽKein Ordnung, kein Geſetz zur Haltung vorge- ſchrieben. Wenn nur das neue Paar einander liebt und ehrt, Und der Natur gemaͤß ſich in der Welt vermehrt. Jm
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Vermiſchte Send-Schreiben.
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Und in das Kyne kneipt, ſo reimen wir es ein:
Es mag vor ſolche Muͤh ein Dutzend Maͤulgen ſeyn.
§. 8.
Begehrt ſie, daß er ſich ſoll oͤffters melden laſſen,
So wird ſehr wohl ein Kuß zu ihren Augen paſſen.
Weil iedes Lieben ſich auf das Geſchlecht gegruͤndt,
Und ja die Augen ſelbſt deꝛ Sehnſucht Waͤchter ſind.
§. 9.
Wird der Verliebte nun, mit bruͤnſtigen Ver-
langen,
Und ausgeſtrecktem Arm umſchloſſen und umfangen
Und noch darzu gekuͤßt, ſo iſts nicht ungeſchickt,
Weñ er ihr gleich dafuͤr ein Spaniſch Creutzgẽ druͤkt.
§. 10.
Bringt denn der Eltern Wort das gantze Spiel
zu Ende,
Verknuͤpffet Hertz an Hertz, und ſchlieſſet Haͤnd an
Haͤnde,
So heiſt es wohl ein Werck von ungemeiner Luſt,
Vor ſolches liefert er ein Kuͤßgen auf die Bruſt.
§. 11.
Wañ die Verlobung nun von beyden iſt geſchehen,
So mag der Braͤutigam bey Leibe nichts verſehen.
Er careßiret ſie, er hat dabey die Wahl,
Daß, wenn er kuͤſſen will, ſo thut ers tauſendmahl.
§. 12.
Jſt erſtlich Hochzeit da, ſo wird dem keuſchen Liebẽ
Kein Ordnung, kein Geſetz zur Haltung vorge-
ſchrieben.
Wenn nur das neue Paar einander liebt und ehrt,
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