Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Send-Schreiben.
Und ihrem gütig schönen Wollen
Muß man den Abtrag redlich zollen.
Das Steuer-Stübgen ist geputzt,
So, daß Gardin und Spiegel stutzt.
Die Anmuth wohnt in ihrem Zimmer
Mit hellsten Glantz, und Pracht, und Schimmer,
Ja ihre grosse Rechen-Kunst
Verdienet gantz besondre Gunst.
Sie hegt kein Falsum in addiren,
Sie weiß die Rechnung schon zu führen,
Das Facit kommt von Hauß zu Hauß,
Nach dreyen vierthel Jahren raus,
Denn sie verfehlet keine Gasse,
Vom Neumarck bis zur Ritter-Strasse.
So bald sie in das Aemtgen kam,
So kriegte sie die Fleisch-Einnahm.
Sie eiffert alles abzuführen,
Um keinen Creutzer zu verliehren,
Auch auf ein Haar muß alles seyn,
Sie schreibt mit eignen Händen ein;
Gesetzt, daß einer was versehen,
So muß er in den Schuld-Thurm gehen,
Wo nicht, so träget er davon
Die schärffste Execution.
Herr Peter mit dem langen Degen
Wird sich zu ihn auf Schulden legen,
Und da verliehrt er, wenn er dumm/
Sein gantzes Patrimonium.
Herr Bruder, Venus läst citiren,
Wo nicht, so muß sie exequiren,
Schon dreyßig Jahre, wie bekannt,
Lebst du im Junggesellen-Stand,
Die
K 4
Vermiſchte Send-Schreiben.
Und ihrem guͤtig ſchoͤnen Wollen
Muß man den Abtrag redlich zollen.
Das Steuer-Stuͤbgen iſt geputzt,
So, daß Gardin und Spiegel ſtutzt.
Die Anmuth wohnt in ihrem Zimmer
Mit hellſten Glantz, und Pracht, und Schimmer,
Ja ihre groſſe Rechen-Kunſt
Verdienet gantz beſondre Gunſt.
Sie hegt kein Falſum in addiren,
Sie weiß die Rechnung ſchon zu fuͤhren,
Das Facit kommt von Hauß zu Hauß,
Nach dreyen vierthel Jahren raus,
Denn ſie verfehlet keine Gaſſe,
Vom Neumarck bis zur Ritter-Straſſe.
So bald ſie in das Aemtgen kam,
So kriegte ſie die Fleiſch-Einnahm.
Sie eiffert alles abzufuͤhren,
Um keinen Creutzer zu verliehren,
Auch auf ein Haar muß alles ſeyn,
Sie ſchreibt mit eignen Haͤnden ein;
Geſetzt, daß einer was verſehen,
So muß er in den Schuld-Thurm gehen,
Wo nicht, ſo traͤget er davon
Die ſchaͤrffſte Execution.
Herr Peter mit dem langen Degen
Wird ſich zu ihn auf Schulden legen,
Und da verliehrt er, wenn er dumm/
Sein gantzes Patrimonium.
Herr Bruder, Venus laͤſt citiren,
Wo nicht, ſo muß ſie exequiren,
Schon dreyßig Jahre, wie bekannt,
Lebſt du im Junggeſellen-Stand,
Die
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0173" n="151"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Send-Schreiben.</hi> </fw><lb/>
              <l>Und ihrem gu&#x0364;tig &#x017F;cho&#x0364;nen Wollen</l><lb/>
              <l>Muß man den Abtrag redlich zollen.</l><lb/>
              <l>Das Steuer-Stu&#x0364;bgen i&#x017F;t geputzt,</l><lb/>
              <l>So, daß <hi rendition="#aq">Gardin</hi> und Spiegel &#x017F;tutzt.</l><lb/>
              <l>Die Anmuth wohnt in ihrem Zimmer</l><lb/>
              <l>Mit hell&#x017F;ten Glantz, und Pracht, und Schimmer,</l><lb/>
              <l>Ja ihre gro&#x017F;&#x017F;e Rechen-Kun&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Verdienet gantz be&#x017F;ondre Gun&#x017F;t.</l><lb/>
              <l>Sie hegt kein <hi rendition="#aq">Fal&#x017F;um in addi</hi>ren,</l><lb/>
              <l>Sie weiß die Rechnung &#x017F;chon zu fu&#x0364;hren,</l><lb/>
              <l>Das <hi rendition="#aq">Facit</hi> kommt von Hauß zu Hauß,</l><lb/>
              <l>Nach dreyen vierthel Jahren raus,</l><lb/>
              <l>Denn &#x017F;ie verfehlet keine Ga&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Vom Neumarck bis zur Ritter-Stra&#x017F;&#x017F;e.</l><lb/>
              <l>So bald &#x017F;ie in das Aemtgen kam,</l><lb/>
              <l>So kriegte &#x017F;ie die Flei&#x017F;ch-Einnahm.</l><lb/>
              <l>Sie eiffert alles abzufu&#x0364;hren,</l><lb/>
              <l>Um keinen Creutzer zu verliehren,</l><lb/>
              <l>Auch auf ein Haar muß alles &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;chreibt mit eignen Ha&#x0364;nden ein;</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;etzt, daß einer was ver&#x017F;ehen,</l><lb/>
              <l>So muß er in den Schuld-Thurm gehen,</l><lb/>
              <l>Wo nicht, &#x017F;o tra&#x0364;get er davon</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;cha&#x0364;rff&#x017F;te <hi rendition="#aq">Execution.</hi></l><lb/>
              <l>Herr Peter mit dem langen Degen</l><lb/>
              <l>Wird &#x017F;ich zu ihn auf Schulden legen,</l><lb/>
              <l>Und da verliehrt er, wenn er dumm/</l><lb/>
              <l>Sein gantzes <hi rendition="#aq">Patrimonium.</hi></l><lb/>
              <l>Herr Bruder, <hi rendition="#aq">Venus</hi> la&#x0364;&#x017F;t <hi rendition="#aq">citi</hi>ren,</l><lb/>
              <l>Wo nicht, &#x017F;o muß &#x017F;ie <hi rendition="#aq">exequi</hi>ren,</l><lb/>
              <l>Schon dreyßig Jahre, wie bekannt,</l><lb/>
              <l>Leb&#x017F;t du im Jungge&#x017F;ellen-Stand,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">K 4</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0173] Vermiſchte Send-Schreiben. Und ihrem guͤtig ſchoͤnen Wollen Muß man den Abtrag redlich zollen. Das Steuer-Stuͤbgen iſt geputzt, So, daß Gardin und Spiegel ſtutzt. Die Anmuth wohnt in ihrem Zimmer Mit hellſten Glantz, und Pracht, und Schimmer, Ja ihre groſſe Rechen-Kunſt Verdienet gantz beſondre Gunſt. Sie hegt kein Falſum in addiren, Sie weiß die Rechnung ſchon zu fuͤhren, Das Facit kommt von Hauß zu Hauß, Nach dreyen vierthel Jahren raus, Denn ſie verfehlet keine Gaſſe, Vom Neumarck bis zur Ritter-Straſſe. So bald ſie in das Aemtgen kam, So kriegte ſie die Fleiſch-Einnahm. Sie eiffert alles abzufuͤhren, Um keinen Creutzer zu verliehren, Auch auf ein Haar muß alles ſeyn, Sie ſchreibt mit eignen Haͤnden ein; Geſetzt, daß einer was verſehen, So muß er in den Schuld-Thurm gehen, Wo nicht, ſo traͤget er davon Die ſchaͤrffſte Execution. Herr Peter mit dem langen Degen Wird ſich zu ihn auf Schulden legen, Und da verliehrt er, wenn er dumm/ Sein gantzes Patrimonium. Herr Bruder, Venus laͤſt citiren, Wo nicht, ſo muß ſie exequiren, Schon dreyßig Jahre, wie bekannt, Lebſt du im Junggeſellen-Stand, Die K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/173
Zitationshilfe: Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/173>, abgerufen am 27.11.2024.