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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Nigella.
men sich herab, so daß die Stigmate, nachdem die Antheren
sämtlich verblühet sind, die Stelle derselben einnehmen? A.
Beides geschieht, damit die Stigmate eben so nothwendig von
den Bienen berührt werden, als vorher die Antheren von ihnen
berührt wurden. -- Warum hat die Blume eine so große An-
zahl von Staubgefäßen, nemlich acht und vierzig? A. Damit
sie den Bienen sechs Tage lang Staub zur Befruchtung liefern
könne. -- Warum dauert aber die Blühezeit der Antheren sechs
Tage, und hernach die Blühezeit der Stigmate drey oder vier
Tage? A. Sobald die Blume angefangen hat zu blühen, fin-
det sich nicht sogleich eine Biene auf derselben ein; sondern ein
bloßer Zufall führt sie früher oder später auf dieselbe. Ferner
fliegen die Bienen an solchen Tagen, da es anhaltend regnet,
nicht aus; die Staubgefäße aber fahren unterdessen fort zu blü-
hen, und zu verblühen. Blüheten also die Staubgefäße nur
z. B. Einen Tag lang, so würden viel jüngere Blumen von den
Bienen nicht besucht werden, und folglich denselben keinen Staub
zur Befruchtung der älteren Blumen liefern. Eben so, wenn
die Griffel nach dem Verblühen der Staubgefäße nur Einen Tag
lang gekrümmt blieben, so würden viel ältere Blumen von den
Bienen nicht besucht werden, folglich unbefruchtet bleiben. --
Warum sind die Antheren auf ihrer unteren Seite Fig. 8. ganz
flach, welches sie auf der oberen Fig. 7. nicht sind? A. Damit
die Bienen den auf der unteren Seite befindlichen Staub rein ab-
streifen können. -- Warum blühen die Antheren und die Stig-
mate nicht zu gleicher Zeit, d. i., warum sind die Griffel, wann
die Antheren Staub haben, nicht am meisten gekrümmt, sondern
fangen alsdenn nur erst an sich zu krümmen, und erhalten ihre
stärkste Krümmung erst nach dem Verblühen aller Antheren?
A. Weil im ersten Fall die Griffel verhindern würden, daß die
Bienen den Staub der Antheren rein abstreifen, und die Staub-
gefäße, daß sie die Stigmate ganz mit Staub versehen könnten;
da sie im Gegentheil nach der von der Natur gemachten Einrich-
tung durch nichts gehindert werden, in den jüngeren Blumen den
Staub der blühenden Antheren rein abzustreifen, und die Stig-
mate der älteren mit demselben zu versehen. -- Warum können
die Bienen nicht ungehindert den Saft verzehren, sondern stoßen
sich dabey immer an die Staubgefäße und die Griffel, welches
ihnen eine kleine Unannehmlichkeit verursachen muß? A. Wenn
dieses nicht geschähe, so würden die Blumen nicht befruchtet wer-
den. Es ist nicht unbillig, daß sie für den Genuß, welchen ih-
nen dieselben verschaffen, diese kleine Ungemächlichkeit ertragen,
welche schlechterdings nothwendig ist, und sie kommen hier
weit besser weg, als bey anderen Blumen andere Insekten,
z. B. Fliegen, welche ihre Lüsternheit mit dem Verlust eines
[Spaltenumbruch]
Nigella.
Beins, oder ihrer Freyheit, oder gar ihres Lebens büßen
müssen. -- Warum blühet die Pflanze hauptsächlich alsdenn,
wann das Getreide abgemähet worden ist, und nicht frü-
her? A. Wenn sie früher blühete, so würden die Blumen,
da die Pflanze niedrig ist, vom Getreide verdeckt, und folglich
von den Bienen weniger bemerkt, besucht und befruchtet werden;
zwischen den Stoppeln hingegen fallen sie den Bienen schon von
weitem in die Augen. -- Warum ist endlich die Blume grade
so groß, als sie ist, nicht grösser, nicht kleiner? A. Weil die
Natur wollte, daß sie bloß von den Bienen befruchtet werden
sollte, folglich gleichsam das Maaß zu derselben von dem Körper
der Bienen nehmen mußte. Wäre die Blume im Durchmesser
noch einmal so groß, so stünden auch die Antheren und die Stig-
mate noch einmal so hoch, und die Bienen würden unter densel-
ben herumlaufen, ohne sie zu berühren. Wäre sie aber halb so
groß, so stünden auch die Antheren und die Stigmate halb so
hoch, und die Bienen würden sie nicht auf eine zweckmäßige Art
berühren. In beiden Fällen würde also die Befruchtung unmög-
lich, oder höchst mißlich seyn. Grade so groß mußte die Blume
seyn, daß die Bienen zwar beynahe, aber nicht ganz ungehindert
unter den Antheren und den Stigmaten herumlaufen könnten.

Daß die Natur diese Blume bloß für die Bienen bestimmt
habe, und sie bloß von ihnen befruchten lasse, ist höchst wahr-
scheinlich. Ich habe mich oftmals auf den Acker, auf welchem
die Pflanze wächst, bey schönem Wetter hinbegeben, und mich
jedesmal ziemlich lange daselbst aufgehalten, aber niemals andere
Insekten auf den Blumen angetroffen, als Bienen. Daß ihnen
der Saft derselben sehr angenehm seyn müsse, schließe ich daraus,
daß sie das Delphinium Consolida, welches auf demselben Acker
häufig stand, nicht besuchten, sondern sich bloß zur Nigella hiel-
ten. Nun aber ist jene Blume den Bienen auch sehr nützlich,
wie Gleditsch S. 205. versichert. Für Schmetterlinge ist die
Blume wohl schwerlich bestimmt, da dieselben sich vornehmlich
zu solchen Blumen halten, welche eine lange und enge Röhre ha-
ben, bey welchen ihnen ihr langer und dünner Saugerüssel wohl
zu Statten kömmt. Dahin gehören die Syngenesisten, die Nel-
kenblumen etc. Eben so wenig kann sie für Fliegen bestimmt seyn.
Denn diese sind zu dumm, als daß sie den so künstlich versteckten
Saft sollten ausfindig machen können. Sie nähren sich bloß
von solchen Blumen, deren Saft ganz frey liegt, und welchen
zu finden nur Augen nöthig sind, aber nicht das Genie einer
Biene erfordert wird. Zwar fand ich auf einer Blume eine Fliege;
sie beleckte aber bloß die Saftmaschinen, in der Hoffnung, daß
sie Saft auf denselben antreffen würde, es fiel ihr aber nicht ein-
mal ein, den Saugerüssel in den Safthalter hineinzustecken.

Auch

[Spaltenumbruch]

Nigella.
men ſich herab, ſo daß die Stigmate, nachdem die Antheren
ſaͤmtlich verbluͤhet ſind, die Stelle derſelben einnehmen? A.
Beides geſchieht, damit die Stigmate eben ſo nothwendig von
den Bienen beruͤhrt werden, als vorher die Antheren von ihnen
beruͤhrt wurden. — Warum hat die Blume eine ſo große An-
zahl von Staubgefaͤßen, nemlich acht und vierzig? A. Damit
ſie den Bienen ſechs Tage lang Staub zur Befruchtung liefern
koͤnne. — Warum dauert aber die Bluͤhezeit der Antheren ſechs
Tage, und hernach die Bluͤhezeit der Stigmate drey oder vier
Tage? A. Sobald die Blume angefangen hat zu bluͤhen, fin-
det ſich nicht ſogleich eine Biene auf derſelben ein; ſondern ein
bloßer Zufall fuͤhrt ſie fruͤher oder ſpaͤter auf dieſelbe. Ferner
fliegen die Bienen an ſolchen Tagen, da es anhaltend regnet,
nicht aus; die Staubgefaͤße aber fahren unterdeſſen fort zu bluͤ-
hen, und zu verbluͤhen. Bluͤheten alſo die Staubgefaͤße nur
z. B. Einen Tag lang, ſo wuͤrden viel juͤngere Blumen von den
Bienen nicht beſucht werden, und folglich denſelben keinen Staub
zur Befruchtung der aͤlteren Blumen liefern. Eben ſo, wenn
die Griffel nach dem Verbluͤhen der Staubgefaͤße nur Einen Tag
lang gekruͤmmt blieben, ſo wuͤrden viel aͤltere Blumen von den
Bienen nicht beſucht werden, folglich unbefruchtet bleiben. —
Warum ſind die Antheren auf ihrer unteren Seite Fig. 8. ganz
flach, welches ſie auf der oberen Fig. 7. nicht ſind? A. Damit
die Bienen den auf der unteren Seite befindlichen Staub rein ab-
ſtreifen koͤnnen. — Warum bluͤhen die Antheren und die Stig-
mate nicht zu gleicher Zeit, d. i., warum ſind die Griffel, wann
die Antheren Staub haben, nicht am meiſten gekruͤmmt, ſondern
fangen alsdenn nur erſt an ſich zu kruͤmmen, und erhalten ihre
ſtaͤrkſte Kruͤmmung erſt nach dem Verbluͤhen aller Antheren?
A. Weil im erſten Fall die Griffel verhindern wuͤrden, daß die
Bienen den Staub der Antheren rein abſtreifen, und die Staub-
gefaͤße, daß ſie die Stigmate ganz mit Staub verſehen koͤnnten;
da ſie im Gegentheil nach der von der Natur gemachten Einrich-
tung durch nichts gehindert werden, in den juͤngeren Blumen den
Staub der bluͤhenden Antheren rein abzuſtreifen, und die Stig-
mate der aͤlteren mit demſelben zu verſehen. — Warum koͤnnen
die Bienen nicht ungehindert den Saft verzehren, ſondern ſtoßen
ſich dabey immer an die Staubgefaͤße und die Griffel, welches
ihnen eine kleine Unannehmlichkeit verurſachen muß? A. Wenn
dieſes nicht geſchaͤhe, ſo wuͤrden die Blumen nicht befruchtet wer-
den. Es iſt nicht unbillig, daß ſie fuͤr den Genuß, welchen ih-
nen dieſelben verſchaffen, dieſe kleine Ungemaͤchlichkeit ertragen,
welche ſchlechterdings nothwendig iſt, und ſie kommen hier
weit beſſer weg, als bey anderen Blumen andere Inſekten,
z. B. Fliegen, welche ihre Luͤſternheit mit dem Verluſt eines
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Nigella.
Beins, oder ihrer Freyheit, oder gar ihres Lebens buͤßen
muͤſſen. — Warum bluͤhet die Pflanze hauptſaͤchlich alsdenn,
wann das Getreide abgemaͤhet worden iſt, und nicht fruͤ-
her? A. Wenn ſie fruͤher bluͤhete, ſo wuͤrden die Blumen,
da die Pflanze niedrig iſt, vom Getreide verdeckt, und folglich
von den Bienen weniger bemerkt, beſucht und befruchtet werden;
zwiſchen den Stoppeln hingegen fallen ſie den Bienen ſchon von
weitem in die Augen. — Warum iſt endlich die Blume grade
ſo groß, als ſie iſt, nicht groͤſſer, nicht kleiner? A. Weil die
Natur wollte, daß ſie bloß von den Bienen befruchtet werden
ſollte, folglich gleichſam das Maaß zu derſelben von dem Koͤrper
der Bienen nehmen mußte. Waͤre die Blume im Durchmeſſer
noch einmal ſo groß, ſo ſtuͤnden auch die Antheren und die Stig-
mate noch einmal ſo hoch, und die Bienen wuͤrden unter denſel-
ben herumlaufen, ohne ſie zu beruͤhren. Waͤre ſie aber halb ſo
groß, ſo ſtuͤnden auch die Antheren und die Stigmate halb ſo
hoch, und die Bienen wuͤrden ſie nicht auf eine zweckmaͤßige Art
beruͤhren. In beiden Faͤllen wuͤrde alſo die Befruchtung unmoͤg-
lich, oder hoͤchſt mißlich ſeyn. Grade ſo groß mußte die Blume
ſeyn, daß die Bienen zwar beynahe, aber nicht ganz ungehindert
unter den Antheren und den Stigmaten herumlaufen koͤnnten.

Daß die Natur dieſe Blume bloß fuͤr die Bienen beſtimmt
habe, und ſie bloß von ihnen befruchten laſſe, iſt hoͤchſt wahr-
ſcheinlich. Ich habe mich oftmals auf den Acker, auf welchem
die Pflanze waͤchſt, bey ſchoͤnem Wetter hinbegeben, und mich
jedesmal ziemlich lange daſelbſt aufgehalten, aber niemals andere
Inſekten auf den Blumen angetroffen, als Bienen. Daß ihnen
der Saft derſelben ſehr angenehm ſeyn muͤſſe, ſchließe ich daraus,
daß ſie das Delphinium Conſolida, welches auf demſelben Acker
haͤufig ſtand, nicht beſuchten, ſondern ſich bloß zur Nigella hiel-
ten. Nun aber iſt jene Blume den Bienen auch ſehr nuͤtzlich,
wie Gleditſch S. 205. verſichert. Fuͤr Schmetterlinge iſt die
Blume wohl ſchwerlich beſtimmt, da dieſelben ſich vornehmlich
zu ſolchen Blumen halten, welche eine lange und enge Roͤhre ha-
ben, bey welchen ihnen ihr langer und duͤnner Saugeruͤſſel wohl
zu Statten koͤmmt. Dahin gehoͤren die Syngeneſiſten, die Nel-
kenblumen ꝛc. Eben ſo wenig kann ſie fuͤr Fliegen beſtimmt ſeyn.
Denn dieſe ſind zu dumm, als daß ſie den ſo kuͤnſtlich verſteckten
Saft ſollten ausfindig machen koͤnnen. Sie naͤhren ſich bloß
von ſolchen Blumen, deren Saft ganz frey liegt, und welchen
zu finden nur Augen noͤthig ſind, aber nicht das Genie einer
Biene erfordert wird. Zwar fand ich auf einer Blume eine Fliege;
ſie beleckte aber bloß die Saftmaſchinen, in der Hoffnung, daß
ſie Saft auf denſelben antreffen wuͤrde, es fiel ihr aber nicht ein-
mal ein, den Saugeruͤſſel in den Safthalter hineinzuſtecken.

Auch
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[[156]/0156] Nigella. Nigella. men ſich herab, ſo daß die Stigmate, nachdem die Antheren ſaͤmtlich verbluͤhet ſind, die Stelle derſelben einnehmen? A. Beides geſchieht, damit die Stigmate eben ſo nothwendig von den Bienen beruͤhrt werden, als vorher die Antheren von ihnen beruͤhrt wurden. — Warum hat die Blume eine ſo große An- zahl von Staubgefaͤßen, nemlich acht und vierzig? A. Damit ſie den Bienen ſechs Tage lang Staub zur Befruchtung liefern koͤnne. — Warum dauert aber die Bluͤhezeit der Antheren ſechs Tage, und hernach die Bluͤhezeit der Stigmate drey oder vier Tage? A. Sobald die Blume angefangen hat zu bluͤhen, fin- det ſich nicht ſogleich eine Biene auf derſelben ein; ſondern ein bloßer Zufall fuͤhrt ſie fruͤher oder ſpaͤter auf dieſelbe. Ferner fliegen die Bienen an ſolchen Tagen, da es anhaltend regnet, nicht aus; die Staubgefaͤße aber fahren unterdeſſen fort zu bluͤ- hen, und zu verbluͤhen. Bluͤheten alſo die Staubgefaͤße nur z. B. Einen Tag lang, ſo wuͤrden viel juͤngere Blumen von den Bienen nicht beſucht werden, und folglich denſelben keinen Staub zur Befruchtung der aͤlteren Blumen liefern. Eben ſo, wenn die Griffel nach dem Verbluͤhen der Staubgefaͤße nur Einen Tag lang gekruͤmmt blieben, ſo wuͤrden viel aͤltere Blumen von den Bienen nicht beſucht werden, folglich unbefruchtet bleiben. — Warum ſind die Antheren auf ihrer unteren Seite Fig. 8. ganz flach, welches ſie auf der oberen Fig. 7. nicht ſind? A. Damit die Bienen den auf der unteren Seite befindlichen Staub rein ab- ſtreifen koͤnnen. — Warum bluͤhen die Antheren und die Stig- mate nicht zu gleicher Zeit, d. i., warum ſind die Griffel, wann die Antheren Staub haben, nicht am meiſten gekruͤmmt, ſondern fangen alsdenn nur erſt an ſich zu kruͤmmen, und erhalten ihre ſtaͤrkſte Kruͤmmung erſt nach dem Verbluͤhen aller Antheren? A. Weil im erſten Fall die Griffel verhindern wuͤrden, daß die Bienen den Staub der Antheren rein abſtreifen, und die Staub- gefaͤße, daß ſie die Stigmate ganz mit Staub verſehen koͤnnten; da ſie im Gegentheil nach der von der Natur gemachten Einrich- tung durch nichts gehindert werden, in den juͤngeren Blumen den Staub der bluͤhenden Antheren rein abzuſtreifen, und die Stig- mate der aͤlteren mit demſelben zu verſehen. — Warum koͤnnen die Bienen nicht ungehindert den Saft verzehren, ſondern ſtoßen ſich dabey immer an die Staubgefaͤße und die Griffel, welches ihnen eine kleine Unannehmlichkeit verurſachen muß? A. Wenn dieſes nicht geſchaͤhe, ſo wuͤrden die Blumen nicht befruchtet wer- den. Es iſt nicht unbillig, daß ſie fuͤr den Genuß, welchen ih- nen dieſelben verſchaffen, dieſe kleine Ungemaͤchlichkeit ertragen, welche ſchlechterdings nothwendig iſt, und ſie kommen hier weit beſſer weg, als bey anderen Blumen andere Inſekten, z. B. Fliegen, welche ihre Luͤſternheit mit dem Verluſt eines Beins, oder ihrer Freyheit, oder gar ihres Lebens buͤßen muͤſſen. — Warum bluͤhet die Pflanze hauptſaͤchlich alsdenn, wann das Getreide abgemaͤhet worden iſt, und nicht fruͤ- her? A. Wenn ſie fruͤher bluͤhete, ſo wuͤrden die Blumen, da die Pflanze niedrig iſt, vom Getreide verdeckt, und folglich von den Bienen weniger bemerkt, beſucht und befruchtet werden; zwiſchen den Stoppeln hingegen fallen ſie den Bienen ſchon von weitem in die Augen. — Warum iſt endlich die Blume grade ſo groß, als ſie iſt, nicht groͤſſer, nicht kleiner? A. Weil die Natur wollte, daß ſie bloß von den Bienen befruchtet werden ſollte, folglich gleichſam das Maaß zu derſelben von dem Koͤrper der Bienen nehmen mußte. Waͤre die Blume im Durchmeſſer noch einmal ſo groß, ſo ſtuͤnden auch die Antheren und die Stig- mate noch einmal ſo hoch, und die Bienen wuͤrden unter denſel- ben herumlaufen, ohne ſie zu beruͤhren. Waͤre ſie aber halb ſo groß, ſo ſtuͤnden auch die Antheren und die Stigmate halb ſo hoch, und die Bienen wuͤrden ſie nicht auf eine zweckmaͤßige Art beruͤhren. In beiden Faͤllen wuͤrde alſo die Befruchtung unmoͤg- lich, oder hoͤchſt mißlich ſeyn. Grade ſo groß mußte die Blume ſeyn, daß die Bienen zwar beynahe, aber nicht ganz ungehindert unter den Antheren und den Stigmaten herumlaufen koͤnnten. Daß die Natur dieſe Blume bloß fuͤr die Bienen beſtimmt habe, und ſie bloß von ihnen befruchten laſſe, iſt hoͤchſt wahr- ſcheinlich. Ich habe mich oftmals auf den Acker, auf welchem die Pflanze waͤchſt, bey ſchoͤnem Wetter hinbegeben, und mich jedesmal ziemlich lange daſelbſt aufgehalten, aber niemals andere Inſekten auf den Blumen angetroffen, als Bienen. Daß ihnen der Saft derſelben ſehr angenehm ſeyn muͤſſe, ſchließe ich daraus, daß ſie das Delphinium Conſolida, welches auf demſelben Acker haͤufig ſtand, nicht beſuchten, ſondern ſich bloß zur Nigella hiel- ten. Nun aber iſt jene Blume den Bienen auch ſehr nuͤtzlich, wie Gleditſch S. 205. verſichert. Fuͤr Schmetterlinge iſt die Blume wohl ſchwerlich beſtimmt, da dieſelben ſich vornehmlich zu ſolchen Blumen halten, welche eine lange und enge Roͤhre ha- ben, bey welchen ihnen ihr langer und duͤnner Saugeruͤſſel wohl zu Statten koͤmmt. Dahin gehoͤren die Syngeneſiſten, die Nel- kenblumen ꝛc. Eben ſo wenig kann ſie fuͤr Fliegen beſtimmt ſeyn. Denn dieſe ſind zu dumm, als daß ſie den ſo kuͤnſtlich verſteckten Saft ſollten ausfindig machen koͤnnen. Sie naͤhren ſich bloß von ſolchen Blumen, deren Saft ganz frey liegt, und welchen zu finden nur Augen noͤthig ſind, aber nicht das Genie einer Biene erfordert wird. Zwar fand ich auf einer Blume eine Fliege; ſie beleckte aber bloß die Saftmaſchinen, in der Hoffnung, daß ſie Saft auf denſelben antreffen wuͤrde, es fiel ihr aber nicht ein- mal ein, den Saugeruͤſſel in den Safthalter hineinzuſtecken. Auch

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [156]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/156>, abgerufen am 21.11.2024.