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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Carduus.

24. Dieselbe ebenfalls in einer jüngeren Blume; doch hat
sich der Griffel schon mehr aus der röhrenförmigen Anthere
herausbegeben. In beiden Figuren sieht man am Griffel den
Staub, welchen er von der röhrenförmigen Anthere, indem er
sich nach und nach aus derselben herausdrängt, abstreift. Je-
doch ist in Fig. 24, von dem obersten Theil desselben dieser
Staub von einem Insekt schon wieder abgestreift worden. Der
jetzt staubichte Theil desselben aber war damals noch innerhalb
der Anthere befindlich.

27. Dieselbe in einer älteren Blume.

Sobald die Blume aufgebrochen ist, so befindet sich der
Griffel noch innerhalb der Anthere, kömmt aber in der Folge
immer mehr aus derselben hervor, Fig. 26. 24., bis er zuletzt
so weit aus derselben hervorragt, als Fig. 27. zeigt. In die-
ser Figur sieht man, daß derselbe bey d einen aus Haaren be-
stehenden Wulst hat. Dieser dient dazu, daß, indem der Grif-
fel sich aus der Anthere herausdrängt, kein Theil des Staubes
in derselben zurück bleibe. Linne hat den Theil d e für das
Stigma gehalten, worin er sich geirrt hat. Denn das Stigma
ist die innere Seite der beiden Enden, in welche sich der Grif-
fel theilet, e. Nun ist in der jüngeren Blume der oberste
Theil des Griffels mit Staub versehen, das Stigma aber noch
geschlossen, in der älteren aber hat sich das Stigma geöffnet,
der Griffel aber hat keinen Staub mehr, weil die Insekten
denselben abgestreift haben. Hieraus folgt also, daß auch bey
dieser Blume das ungleichzeitige Blühen der Geschlechtstheile
Statt findet, und daß sie von den Insekten befruchtet wird,
und zwar so, daß diese den Staub der jüngeren Blumen auf
die Stigmate der älteren bringen.

Die stark riechenden Blumen werden von den kleinen
schwarzen Blumenkäfern und von den kleinen gelben Blumen-
spinnen häufig besucht. Noch am 20. Oktober fand ich gegen
Abend Insekten von drey verschiedenen Arten auf denselben.
Es war schönes Wetter, aber schon etwas kalt. Sie hatten
sich in den wärmeren Mittagsstunden vom Saft derselben ge-
nährt, waren aber jetzt wegen der Kälte ganz unthätig.

Carduus lanceolatus. Speerdistel. Tab. XX. 12.
16--19. 32.

32. Die vergrösserte Blume in natürlicher Stellung.

12. Die innere Seite der aufgeschnittenen und flach aus-
gebreiteten Antherenröhre.

Die folgenden Figuren sind vom Carduus Marianus ge-
nommen.

19. Der unterste Theil der Blume im Durchschnitt. Der
Fruchtknoten trägt die (punktirte) Saftdrüse, um welche die
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Carduus.
Haarkrone, und auf welcher die Kronenröhre und der Griffel
sich befindet.

16. Die Haarkrone im Durchschnitt.

17. Das Samenkorn, von oben, und 18., von der Seite
gesehen. In beiden Figuren sieht man an demselben die vor-
malige (punktirte) Saftdrüse.

1. Die Saftdrüse ist der fleischichte Körper, welcher oben
auf dem Fruchtknoten sitzt. Derselbe vergrössert sich, nachdem
die verblühete Krone abgefallen ist, zugleich mit dem Frucht-
knoten, und ist am reifen Samen am deutlichsten zu bemer-
ken. Auf dieser Saftdrüse sitzt die Röhre der Krone und der
innerhalb derselben befindliche Griffel, welcher in die Vertie-
fung der Saftdrüse eingefügt ist, Fig. 17. 19. Da nun der
Zwischenraum zwischen der Röhre und dem Griffel sehr eng
ist, Fig. 19., so steigt der Saft durch denselben hinauf bis
dahin, wo die Krone sich zu erweitern anfängt, Fig. 32., wo-
selbst er stehen bleibt.

2. Der Safthalter ist also der Grund des obersten erwei-
terten Theils der Krone.

3. Der hier befindliche Saft ist gegen den Regen völlig
gesichert. Denn 1) dieser erweiterte Theil der Krone steht nicht
aufrecht, wie der unterste, sondern wagerecht. Die Regen-
tropfen fallen also nicht in seine Oeffnung, sondern auf die
äußere Oberfläche seiner oberen Hälfte. 2) Derselbe ist zur
Hälfte in fünf lange schmale Lappen getheilt, von welchen je-
doch die vier obersten kürzer sind, als der unterste, Fig. 32.
Jene sind kürzer, damit die Regentropfen desto besser abgehal-
ten werden; dieser ist länger, damit die Insekten desto leichter
hineinkriechen können. 3) Die in Eine Röhre zusammenge-
wachsenen Antheren haben an ihrem untern Ende, an welches
die Filamente angewachsen sind, zehn lange schmale Fortsätze,
Fig. 12. Auch diese dienen zur Abhaltung eines Regentropfens,
welcher etwa in den erweiterten Theil der Krone sollte gekom-
men seyn. Endlich 4) dienen die Filamente zu gleichem Zweck.
Sie entstehen aus der Krone da, wo sie sich zu erweitern an-
fängt, und sind unterwärts, wo der Saft sich befindet, kahl,
oberwärts aber haaricht, Fig. 12. Da sie nun nicht dicht am
Griffel stehen, sondern sich an die Krone biegen, so theilen sie
den innern Raum derselben in fünf kleinere Oeffnungen, durch
welche schlechterdings kein Regentropfen hindurchdringen kann.
Diesen wichtigen Vortheil verschaffen die Filamente nicht nur
dieser, sondern auch den meisten in dieser Klasse vorkommen-
den Blumen. In den grösseren Blumen, in welchen die Zwi-
schenräume zwischen denselben auch grösser sind, pflegen sie haa-
richt zu seyn; in kleineren ist dieses nicht nöthig, und sie sind

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Carduus.

24. Dieſelbe ebenfalls in einer juͤngeren Blume; doch hat
ſich der Griffel ſchon mehr aus der roͤhrenfoͤrmigen Anthere
herausbegeben. In beiden Figuren ſieht man am Griffel den
Staub, welchen er von der roͤhrenfoͤrmigen Anthere, indem er
ſich nach und nach aus derſelben herausdraͤngt, abſtreift. Je-
doch iſt in Fig. 24, von dem oberſten Theil deſſelben dieſer
Staub von einem Inſekt ſchon wieder abgeſtreift worden. Der
jetzt ſtaubichte Theil deſſelben aber war damals noch innerhalb
der Anthere befindlich.

27. Dieſelbe in einer aͤlteren Blume.

Sobald die Blume aufgebrochen iſt, ſo befindet ſich der
Griffel noch innerhalb der Anthere, koͤmmt aber in der Folge
immer mehr aus derſelben hervor, Fig. 26. 24., bis er zuletzt
ſo weit aus derſelben hervorragt, als Fig. 27. zeigt. In die-
ſer Figur ſieht man, daß derſelbe bey d einen aus Haaren be-
ſtehenden Wulſt hat. Dieſer dient dazu, daß, indem der Grif-
fel ſich aus der Anthere herausdraͤngt, kein Theil des Staubes
in derſelben zuruͤck bleibe. Linné hat den Theil d e fuͤr das
Stigma gehalten, worin er ſich geirrt hat. Denn das Stigma
iſt die innere Seite der beiden Enden, in welche ſich der Grif-
fel theilet, e. Nun iſt in der juͤngeren Blume der oberſte
Theil des Griffels mit Staub verſehen, das Stigma aber noch
geſchloſſen, in der aͤlteren aber hat ſich das Stigma geoͤffnet,
der Griffel aber hat keinen Staub mehr, weil die Inſekten
denſelben abgeſtreift haben. Hieraus folgt alſo, daß auch bey
dieſer Blume das ungleichzeitige Bluͤhen der Geſchlechtstheile
Statt findet, und daß ſie von den Inſekten befruchtet wird,
und zwar ſo, daß dieſe den Staub der juͤngeren Blumen auf
die Stigmate der aͤlteren bringen.

Die ſtark riechenden Blumen werden von den kleinen
ſchwarzen Blumenkaͤfern und von den kleinen gelben Blumen-
ſpinnen haͤufig beſucht. Noch am 20. Oktober fand ich gegen
Abend Inſekten von drey verſchiedenen Arten auf denſelben.
Es war ſchoͤnes Wetter, aber ſchon etwas kalt. Sie hatten
ſich in den waͤrmeren Mittagsſtunden vom Saft derſelben ge-
naͤhrt, waren aber jetzt wegen der Kaͤlte ganz unthaͤtig.

Carduus lanceolatus. Speerdiſtel. Tab. XX. 12.
16—19. 32.

32. Die vergroͤſſerte Blume in natuͤrlicher Stellung.

12. Die innere Seite der aufgeſchnittenen und flach aus-
gebreiteten Antherenroͤhre.

Die folgenden Figuren ſind vom Carduus Marianus ge-
nommen.

19. Der unterſte Theil der Blume im Durchſchnitt. Der
Fruchtknoten traͤgt die (punktirte) Saftdruͤſe, um welche die
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Carduus.
Haarkrone, und auf welcher die Kronenroͤhre und der Griffel
ſich befindet.

16. Die Haarkrone im Durchſchnitt.

17. Das Samenkorn, von oben, und 18., von der Seite
geſehen. In beiden Figuren ſieht man an demſelben die vor-
malige (punktirte) Saftdruͤſe.

1. Die Saftdruͤſe iſt der fleiſchichte Koͤrper, welcher oben
auf dem Fruchtknoten ſitzt. Derſelbe vergroͤſſert ſich, nachdem
die verbluͤhete Krone abgefallen iſt, zugleich mit dem Frucht-
knoten, und iſt am reifen Samen am deutlichſten zu bemer-
ken. Auf dieſer Saftdruͤſe ſitzt die Roͤhre der Krone und der
innerhalb derſelben befindliche Griffel, welcher in die Vertie-
fung der Saftdruͤſe eingefuͤgt iſt, Fig. 17. 19. Da nun der
Zwiſchenraum zwiſchen der Roͤhre und dem Griffel ſehr eng
iſt, Fig. 19., ſo ſteigt der Saft durch denſelben hinauf bis
dahin, wo die Krone ſich zu erweitern anfaͤngt, Fig. 32., wo-
ſelbſt er ſtehen bleibt.

2. Der Safthalter iſt alſo der Grund des oberſten erwei-
terten Theils der Krone.

3. Der hier befindliche Saft iſt gegen den Regen voͤllig
geſichert. Denn 1) dieſer erweiterte Theil der Krone ſteht nicht
aufrecht, wie der unterſte, ſondern wagerecht. Die Regen-
tropfen fallen alſo nicht in ſeine Oeffnung, ſondern auf die
aͤußere Oberflaͤche ſeiner oberen Haͤlfte. 2) Derſelbe iſt zur
Haͤlfte in fuͤnf lange ſchmale Lappen getheilt, von welchen je-
doch die vier oberſten kuͤrzer ſind, als der unterſte, Fig. 32.
Jene ſind kuͤrzer, damit die Regentropfen deſto beſſer abgehal-
ten werden; dieſer iſt laͤnger, damit die Inſekten deſto leichter
hineinkriechen koͤnnen. 3) Die in Eine Roͤhre zuſammenge-
wachſenen Antheren haben an ihrem untern Ende, an welches
die Filamente angewachſen ſind, zehn lange ſchmale Fortſaͤtze,
Fig. 12. Auch dieſe dienen zur Abhaltung eines Regentropfens,
welcher etwa in den erweiterten Theil der Krone ſollte gekom-
men ſeyn. Endlich 4) dienen die Filamente zu gleichem Zweck.
Sie entſtehen aus der Krone da, wo ſie ſich zu erweitern an-
faͤngt, und ſind unterwaͤrts, wo der Saft ſich befindet, kahl,
oberwaͤrts aber haaricht, Fig. 12. Da ſie nun nicht dicht am
Griffel ſtehen, ſondern ſich an die Krone biegen, ſo theilen ſie
den innern Raum derſelben in fuͤnf kleinere Oeffnungen, durch
welche ſchlechterdings kein Regentropfen hindurchdringen kann.
Dieſen wichtigen Vortheil verſchaffen die Filamente nicht nur
dieſer, ſondern auch den meiſten in dieſer Klaſſe vorkommen-
den Blumen. In den groͤſſeren Blumen, in welchen die Zwi-
ſchenraͤume zwiſchen denſelben auch groͤſſer ſind, pflegen ſie haa-
richt zu ſeyn; in kleineren iſt dieſes nicht noͤthig, und ſie ſind

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[[198]/0198] Carduus. Carduus. 24. Dieſelbe ebenfalls in einer juͤngeren Blume; doch hat ſich der Griffel ſchon mehr aus der roͤhrenfoͤrmigen Anthere herausbegeben. In beiden Figuren ſieht man am Griffel den Staub, welchen er von der roͤhrenfoͤrmigen Anthere, indem er ſich nach und nach aus derſelben herausdraͤngt, abſtreift. Je- doch iſt in Fig. 24, von dem oberſten Theil deſſelben dieſer Staub von einem Inſekt ſchon wieder abgeſtreift worden. Der jetzt ſtaubichte Theil deſſelben aber war damals noch innerhalb der Anthere befindlich. 27. Dieſelbe in einer aͤlteren Blume. Sobald die Blume aufgebrochen iſt, ſo befindet ſich der Griffel noch innerhalb der Anthere, koͤmmt aber in der Folge immer mehr aus derſelben hervor, Fig. 26. 24., bis er zuletzt ſo weit aus derſelben hervorragt, als Fig. 27. zeigt. In die- ſer Figur ſieht man, daß derſelbe bey d einen aus Haaren be- ſtehenden Wulſt hat. 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Oktober fand ich gegen Abend Inſekten von drey verſchiedenen Arten auf denſelben. Es war ſchoͤnes Wetter, aber ſchon etwas kalt. Sie hatten ſich in den waͤrmeren Mittagsſtunden vom Saft derſelben ge- naͤhrt, waren aber jetzt wegen der Kaͤlte ganz unthaͤtig. Carduus lanceolatus. Speerdiſtel. Tab. XX. 12. 16—19. 32. 32. Die vergroͤſſerte Blume in natuͤrlicher Stellung. 12. Die innere Seite der aufgeſchnittenen und flach aus- gebreiteten Antherenroͤhre. Die folgenden Figuren ſind vom Carduus Marianus ge- nommen. 19. Der unterſte Theil der Blume im Durchſchnitt. Der Fruchtknoten traͤgt die (punktirte) Saftdruͤſe, um welche die Haarkrone, und auf welcher die Kronenroͤhre und der Griffel ſich befindet. 16. Die Haarkrone im Durchſchnitt. 17. Das Samenkorn, von oben, und 18., von der Seite geſehen. In beiden Figuren ſieht man an demſelben die vor- malige (punktirte) Saftdruͤſe. 1. Die Saftdruͤſe iſt der fleiſchichte Koͤrper, welcher oben auf dem Fruchtknoten ſitzt. Derſelbe vergroͤſſert ſich, nachdem die verbluͤhete Krone abgefallen iſt, zugleich mit dem Frucht- knoten, und iſt am reifen Samen am deutlichſten zu bemer- ken. Auf dieſer Saftdruͤſe ſitzt die Roͤhre der Krone und der innerhalb derſelben befindliche Griffel, welcher in die Vertie- fung der Saftdruͤſe eingefuͤgt iſt, Fig. 17. 19. Da nun der Zwiſchenraum zwiſchen der Roͤhre und dem Griffel ſehr eng iſt, Fig. 19., ſo ſteigt der Saft durch denſelben hinauf bis dahin, wo die Krone ſich zu erweitern anfaͤngt, Fig. 32., wo- ſelbſt er ſtehen bleibt. 2. Der Safthalter iſt alſo der Grund des oberſten erwei- terten Theils der Krone. 3. Der hier befindliche Saft iſt gegen den Regen voͤllig geſichert. Denn 1) dieſer erweiterte Theil der Krone ſteht nicht aufrecht, wie der unterſte, ſondern wagerecht. Die Regen- tropfen fallen alſo nicht in ſeine Oeffnung, ſondern auf die aͤußere Oberflaͤche ſeiner oberen Haͤlfte. 2) Derſelbe iſt zur Haͤlfte in fuͤnf lange ſchmale Lappen getheilt, von welchen je- doch die vier oberſten kuͤrzer ſind, als der unterſte, Fig. 32. Jene ſind kuͤrzer, damit die Regentropfen deſto beſſer abgehal- ten werden; dieſer iſt laͤnger, damit die Inſekten deſto leichter hineinkriechen koͤnnen. 3) Die in Eine Roͤhre zuſammenge- wachſenen Antheren haben an ihrem untern Ende, an welches die Filamente angewachſen ſind, zehn lange ſchmale Fortſaͤtze, Fig. 12. Auch dieſe dienen zur Abhaltung eines Regentropfens, welcher etwa in den erweiterten Theil der Krone ſollte gekom- men ſeyn. Endlich 4) dienen die Filamente zu gleichem Zweck. Sie entſtehen aus der Krone da, wo ſie ſich zu erweitern an- faͤngt, und ſind unterwaͤrts, wo der Saft ſich befindet, kahl, oberwaͤrts aber haaricht, Fig. 12. Da ſie nun nicht dicht am Griffel ſtehen, ſondern ſich an die Krone biegen, ſo theilen ſie den innern Raum derſelben in fuͤnf kleinere Oeffnungen, durch welche ſchlechterdings kein Regentropfen hindurchdringen kann. Dieſen wichtigen Vortheil verſchaffen die Filamente nicht nur dieſer, ſondern auch den meiſten in dieſer Klaſſe vorkommen- den Blumen. In den groͤſſeren Blumen, in welchen die Zwi- ſchenraͤume zwiſchen denſelben auch groͤſſer ſind, pflegen ſie haa- richt zu ſeyn; in kleineren iſt dieſes nicht noͤthig, und ſie ſind

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [198]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/198>, abgerufen am 21.11.2024.