Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.es im Stillen hatte, daß mit jedem Tage, den es noch da es im Stillen hatte, daß mit jedem Tage, den es noch da <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="132"/> es im Stillen hatte, daß mit jedem Tage, den es noch da<lb/> blieb, ſein Häuflein Brödchen für die Großmutter wieder<lb/> um zwei größer würde, denn Mittags und Abends lag<lb/> immer ein ſchönes Weißbrödchen bei ſeinem Teller; das<lb/> ſteckte es gleich ein, denn es hätte das Brödchen nicht eſſen<lb/> können beim Gedanken, daß die Großmutter nie eines habe<lb/> und das harte, ſchwarze Brod faſt nicht mehr eſſen konnte.<lb/> Nach Tiſch ſaß Heidi jeden Tag ein paar Stunden lang<lb/> ganz allein in ſeinem Zimmer und regte ſich nicht, denn<lb/> daß es in Frankfurt verboten war, nur ſo hinauszulaufen,<lb/> wie es auf der Alm gethan, das hatte es nun begriffen<lb/> und that es nie mehr. Mit Sebaſtian drüben im E߬<lb/> zimmer ein Geſpräch führen, durfte es auch nicht, das hatte<lb/> Fräulein Rottenmeier auch verboten und mit Tinette eine<lb/> Unterhaltung zu probiren, daran kam ihm kein Sinn, es<lb/> ging ihr immer ſcheu aus dem Wege, denn ſie redete nur<lb/> in höhniſchem Ton mit ihm und ſpöttelte es fortwährend<lb/> an und Heidi verſtand ihre Art ganz gut, und daß ſie es<lb/> nur immer ausſpottete. So ſaß Heidi täglich da und hatte<lb/> alle Zeit ſich auszudenken, wie nun die Alm wieder grün<lb/> war und wie die gelben Blümchen im Sonnenſchein glitzerten<lb/> und wie Alles leuchtete ringsum in der Sonne, der Schnee<lb/> und die Berge und das ganze, weite Thal, und Heidi konnte<lb/> es manchmal faſt nicht mehr aushalten vor Verlangen,<lb/> wieder dort zu ſein. Die Baſe hatte ja auch geſagt, es<lb/> könne wieder heimgehen, wann es wolle. So kam es, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0142]
es im Stillen hatte, daß mit jedem Tage, den es noch da
blieb, ſein Häuflein Brödchen für die Großmutter wieder
um zwei größer würde, denn Mittags und Abends lag
immer ein ſchönes Weißbrödchen bei ſeinem Teller; das
ſteckte es gleich ein, denn es hätte das Brödchen nicht eſſen
können beim Gedanken, daß die Großmutter nie eines habe
und das harte, ſchwarze Brod faſt nicht mehr eſſen konnte.
Nach Tiſch ſaß Heidi jeden Tag ein paar Stunden lang
ganz allein in ſeinem Zimmer und regte ſich nicht, denn
daß es in Frankfurt verboten war, nur ſo hinauszulaufen,
wie es auf der Alm gethan, das hatte es nun begriffen
und that es nie mehr. Mit Sebaſtian drüben im E߬
zimmer ein Geſpräch führen, durfte es auch nicht, das hatte
Fräulein Rottenmeier auch verboten und mit Tinette eine
Unterhaltung zu probiren, daran kam ihm kein Sinn, es
ging ihr immer ſcheu aus dem Wege, denn ſie redete nur
in höhniſchem Ton mit ihm und ſpöttelte es fortwährend
an und Heidi verſtand ihre Art ganz gut, und daß ſie es
nur immer ausſpottete. So ſaß Heidi täglich da und hatte
alle Zeit ſich auszudenken, wie nun die Alm wieder grün
war und wie die gelben Blümchen im Sonnenſchein glitzerten
und wie Alles leuchtete ringsum in der Sonne, der Schnee
und die Berge und das ganze, weite Thal, und Heidi konnte
es manchmal faſt nicht mehr aushalten vor Verlangen,
wieder dort zu ſein. Die Baſe hatte ja auch geſagt, es
könne wieder heimgehen, wann es wolle. So kam es, daß
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