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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.

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lieber wurden sie ihm, denn Heidi lebte Alles ganz mit
durch, was die Leute alle zu erleben hatten, und so hatte
es zu ihnen allen ein sehr nahes Verhältniß und freute sich
immer wieder, bei ihnen zu sein. Aber so recht froh sah
Heidi nie aus und seine lustigen Augen waren nie mehr
zu sehen.

Es war die letzte Woche, welche die Großmama in
Frankfurt zubringen wollte. Sie hatte eben nach Heidi ge¬
rufen, daß es auf ihre Stube komme; es war die Zeit,
da Klara schlief. Als Heidi eintrat mit seinem großen
Buch unter dem Arm, winkte ihm die Großmama, daß es
ganz nahe zu ihr herankomme, legte das Buch weg und
sagte: "Nun komm', Kind, und sag' mir, warum bist du
nicht fröhlich? Hast du immer noch denselben Kummer im
Herzen?"

"Ja", nickte Heidi.

"Hast du ihn dem lieben Gott geklagt?"

"Ja."

"Und betest du nun alle Tage, daß Alles gut werde
und er dich froh mache?"

"O nein, ich bete jetzt gar nie mehr."

"Was sagst du mir, Heidi? Was muß ich hören!
Warum betest du denn nicht mehr?"

"Es nützt Nichts, der liebe Gott hat nicht zugehört,
und ich glaube es auch wohl", fuhr Heidi in einiger Auf¬
regung weiter, "wenn nun am Abend so viele, viele Leute

lieber wurden ſie ihm, denn Heidi lebte Alles ganz mit
durch, was die Leute alle zu erleben hatten, und ſo hatte
es zu ihnen allen ein ſehr nahes Verhältniß und freute ſich
immer wieder, bei ihnen zu ſein. Aber ſo recht froh ſah
Heidi nie aus und ſeine luſtigen Augen waren nie mehr
zu ſehen.

Es war die letzte Woche, welche die Großmama in
Frankfurt zubringen wollte. Sie hatte eben nach Heidi ge¬
rufen, daß es auf ihre Stube komme; es war die Zeit,
da Klara ſchlief. Als Heidi eintrat mit ſeinem großen
Buch unter dem Arm, winkte ihm die Großmama, daß es
ganz nahe zu ihr herankomme, legte das Buch weg und
ſagte: „Nun komm', Kind, und ſag' mir, warum biſt du
nicht fröhlich? Haſt du immer noch denſelben Kummer im
Herzen?“

„Ja“, nickte Heidi.

„Haſt du ihn dem lieben Gott geklagt?“

„Ja.“

„Und beteſt du nun alle Tage, daß Alles gut werde
und er dich froh mache?“

„O nein, ich bete jetzt gar nie mehr.“

„Was ſagſt du mir, Heidi? Was muß ich hören!
Warum beteſt du denn nicht mehr?“

„Es nützt Nichts, der liebe Gott hat nicht zugehört,
und ich glaube es auch wohl“, fuhr Heidi in einiger Auf¬
regung weiter, „wenn nun am Abend ſo viele, viele Leute

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[167/0177] lieber wurden ſie ihm, denn Heidi lebte Alles ganz mit durch, was die Leute alle zu erleben hatten, und ſo hatte es zu ihnen allen ein ſehr nahes Verhältniß und freute ſich immer wieder, bei ihnen zu ſein. Aber ſo recht froh ſah Heidi nie aus und ſeine luſtigen Augen waren nie mehr zu ſehen. Es war die letzte Woche, welche die Großmama in Frankfurt zubringen wollte. Sie hatte eben nach Heidi ge¬ rufen, daß es auf ihre Stube komme; es war die Zeit, da Klara ſchlief. Als Heidi eintrat mit ſeinem großen Buch unter dem Arm, winkte ihm die Großmama, daß es ganz nahe zu ihr herankomme, legte das Buch weg und ſagte: „Nun komm', Kind, und ſag' mir, warum biſt du nicht fröhlich? Haſt du immer noch denſelben Kummer im Herzen?“ „Ja“, nickte Heidi. „Haſt du ihn dem lieben Gott geklagt?“ „Ja.“ „Und beteſt du nun alle Tage, daß Alles gut werde und er dich froh mache?“ „O nein, ich bete jetzt gar nie mehr.“ „Was ſagſt du mir, Heidi? Was muß ich hören! Warum beteſt du denn nicht mehr?“ „Es nützt Nichts, der liebe Gott hat nicht zugehört, und ich glaube es auch wohl“, fuhr Heidi in einiger Auf¬ regung weiter, „wenn nun am Abend ſo viele, viele Leute

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Zitationshilfe: Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/177>, abgerufen am 27.11.2024.