Stählein, Johann Michael: Der reisende Schneidergesell. Erfurt, 1783.Handwerke der Seelenverkaufer antrafen, Nachdem wir an Bord gebracht waren, ster,
Handwerke der Seelenverkaufer antrafen, Nachdem wir an Bord gebracht waren, ſter,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="8"/> Handwerke der Seelenverkaufer antrafen,<lb/> ſo, daß die Anzahl der Ungluͤkſeligen 500<lb/> war. Jn dem Oſtindiſchen Hauſe wurden<lb/> unſere Nahmen eingeſchrieben, und wir ge-<lb/> fragt: “<hi rendition="#fr">ob wir jemand etwas ſchuldig<lb/> waͤren?</hi>” welches wir mit <hi rendition="#fr">Nein</hi> beant-<lb/> worteten. Der Oſtindiſche Herr und die<lb/> Seelenverkaufer ſprachen hierauf mit ein-<lb/> ander hollaͤndiſch. Endlich fieng der Oſtin-<lb/> diſche Herr an, uns anzureden, und ſagte:<lb/> “<hi rendition="#fr">Wenn ein jeder 100 Gulden haͤtte, koͤnn-<lb/> te er ſich loskaufen.</hi>” Wir antworteten:<lb/> “<hi rendition="#fr">Wo ſoll ein Handwerksburſche 100 Gul-<lb/> den bekommen?</hi>” Hierauf bezeugte er uns:<lb/> “<hi rendition="#fr">Alſo iſt kein Pardon vorhanden, ſondern<lb/> ihr mußt alle auf Schiffe gebracht wer-<lb/> den.</hi>” Dies war der lezte Beſcheid, den<lb/> wir erhielten, welcher auch ſogleich vollzo-<lb/> gen wurde.</p><lb/> <p>Nachdem wir an Bord gebracht waren,<lb/> wurden bald darauf die Anker gelichtet, und<lb/> wir fuhren den ordentlichen Weg nach <hi rendition="#fr">Gi-<lb/> braltar,</hi> um nach <hi rendition="#fr">Batavia</hi> gefuͤhret zu wer-<lb/> den, da wir aber 50 Meilen vor <hi rendition="#fr">Gibraltar</hi><lb/> waren, bekamen wir Sturm, und wurden<lb/> bis an die afrikaniſche Kuͤſten verſchlagen.<lb/> Hier laureten die tuneſiſchen Seeraͤuber auf<lb/> uns, und ob wir gleich drey Tage und drey<lb/> Naͤchte mit ihnen geſtritten hatten, und uns<lb/> tapfer wehrten, wurden ſie unſer doch Mei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſter,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0010]
Handwerke der Seelenverkaufer antrafen,
ſo, daß die Anzahl der Ungluͤkſeligen 500
war. Jn dem Oſtindiſchen Hauſe wurden
unſere Nahmen eingeſchrieben, und wir ge-
fragt: “ob wir jemand etwas ſchuldig
waͤren?” welches wir mit Nein beant-
worteten. Der Oſtindiſche Herr und die
Seelenverkaufer ſprachen hierauf mit ein-
ander hollaͤndiſch. Endlich fieng der Oſtin-
diſche Herr an, uns anzureden, und ſagte:
“Wenn ein jeder 100 Gulden haͤtte, koͤnn-
te er ſich loskaufen.” Wir antworteten:
“Wo ſoll ein Handwerksburſche 100 Gul-
den bekommen?” Hierauf bezeugte er uns:
“Alſo iſt kein Pardon vorhanden, ſondern
ihr mußt alle auf Schiffe gebracht wer-
den.” Dies war der lezte Beſcheid, den
wir erhielten, welcher auch ſogleich vollzo-
gen wurde.
Nachdem wir an Bord gebracht waren,
wurden bald darauf die Anker gelichtet, und
wir fuhren den ordentlichen Weg nach Gi-
braltar, um nach Batavia gefuͤhret zu wer-
den, da wir aber 50 Meilen vor Gibraltar
waren, bekamen wir Sturm, und wurden
bis an die afrikaniſche Kuͤſten verſchlagen.
Hier laureten die tuneſiſchen Seeraͤuber auf
uns, und ob wir gleich drey Tage und drey
Naͤchte mit ihnen geſtritten hatten, und uns
tapfer wehrten, wurden ſie unſer doch Mei-
ſter,
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