Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_099.001 Im Wort, das nicht mehr bloß Ausdruck ist wie der pst_099.013 pst_099.025 2. pst_099.026 Die epische Sprache stellt vor. Sie deutet auf etwas pst_099.027 1 pst_099.029
Sämtliche Werke, herausgegeben von B. Suphan, 5. Bd., Berlin 1891, pst_099.030 S. 34 f. pst_099.001 Im Wort, das nicht mehr bloß Ausdruck ist wie der pst_099.013 pst_099.025 2. pst_099.026 Die epische Sprache stellt vor. Sie deutet auf etwas pst_099.027 1 pst_099.029
Sämtliche Werke, herausgegeben von B. Suphan, 5. Bd., Berlin 1891, pst_099.030 S. 34 f. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0103" n="99"/><lb n="pst_099.001"/> sich übende Seele sucht ein Merkmal – <hi rendition="#g">das <lb n="pst_099.002"/> Schaf blöket!</hi> sie hat Merkmal gefunden: der innere <lb n="pst_099.003"/> Sinn würket. Dies Blöken, das ihr am stärksten Eindruck <lb n="pst_099.004"/> macht, das sich von allen andern Eigenschaften <lb n="pst_099.005"/> des Beschauens und Betastens losriß, hervorsprang, am <lb n="pst_099.006"/> tiefsten eindrang, bleibt ihr. Das Schaf kommt wieder. <lb n="pst_099.007"/> Weiß, sanft, wollicht – sie sieht, tastet, besinnet sich, <lb n="pst_099.008"/> sucht Merkmal – es blökt, und nun erkennet sie's wieder. <lb n="pst_099.009"/> «Ha! du bist das Blökende!» fühlt sie innerlich, sie <lb n="pst_099.010"/> hat es <hi rendition="#g">Menschlich</hi> erkannt, da sie's deutlich, das ist, <lb n="pst_099.011"/> mit einem Merkmal erkennet und nennet ...»<note xml:id="PST_099_1" place="foot" n="1"><lb n="pst_099.029"/> Sämtliche Werke, herausgegeben von B. Suphan, 5. Bd., Berlin 1891, <lb n="pst_099.030"/> S. 34 f.</note></p> <lb n="pst_099.012"/> <p> Im Wort, das nicht mehr bloß Ausdruck ist wie der <lb n="pst_099.013"/> «Schrei der Empfindung» (vergleiche Seite 58), das <lb n="pst_099.014"/> etwas bedeutet, wird jeweils ein Gegenstand festgestellt, <lb n="pst_099.015"/> so, daß ich ihn und seinesgleichen jederzeit wieder erkennen <lb n="pst_099.016"/> kann. Desselben Wiedererkennens – einer elementaren <lb n="pst_099.017"/> Leistung der Sprache – scheint sich Homer in <lb n="pst_099.018"/> seinen stereotypen Formeln noch zu erfreuen. Sie stellen <lb n="pst_099.019"/> ein Ding, einen Vorgang als so beschaffen, als so verlaufend <lb n="pst_099.020"/> fest. Sie stellen ihn «vor» – so dürfen wir sagen, <lb n="pst_099.021"/> um das Subjekt-Objekt-Verhältnis, das Stellen von einem <lb n="pst_099.022"/> festen Standpunkt aus, terminologisch einzubeziehen. <lb n="pst_099.023"/> Vorstellung in diesem Sinn ist das Wesen der epischen <lb n="pst_099.024"/> Poesie.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pst_099.025"/> <head> <hi rendition="#c">2.</hi> </head> <lb n="pst_099.026"/> <p> Die epische Sprache stellt vor. Sie deutet auf etwas <lb n="pst_099.027"/> hin. Sie zeigt. Der Gegensatz zur lyrischen Sprache <lb n="pst_099.028"/> wurde bereits erwähnt in der Unterscheidung von Lautmalerei </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [99/0103]
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sich übende Seele sucht ein Merkmal – das pst_099.002
Schaf blöket! sie hat Merkmal gefunden: der innere pst_099.003
Sinn würket. Dies Blöken, das ihr am stärksten Eindruck pst_099.004
macht, das sich von allen andern Eigenschaften pst_099.005
des Beschauens und Betastens losriß, hervorsprang, am pst_099.006
tiefsten eindrang, bleibt ihr. Das Schaf kommt wieder. pst_099.007
Weiß, sanft, wollicht – sie sieht, tastet, besinnet sich, pst_099.008
sucht Merkmal – es blökt, und nun erkennet sie's wieder. pst_099.009
«Ha! du bist das Blökende!» fühlt sie innerlich, sie pst_099.010
hat es Menschlich erkannt, da sie's deutlich, das ist, pst_099.011
mit einem Merkmal erkennet und nennet ...» 1
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Im Wort, das nicht mehr bloß Ausdruck ist wie der pst_099.013
«Schrei der Empfindung» (vergleiche Seite 58), das pst_099.014
etwas bedeutet, wird jeweils ein Gegenstand festgestellt, pst_099.015
so, daß ich ihn und seinesgleichen jederzeit wieder erkennen pst_099.016
kann. Desselben Wiedererkennens – einer elementaren pst_099.017
Leistung der Sprache – scheint sich Homer in pst_099.018
seinen stereotypen Formeln noch zu erfreuen. Sie stellen pst_099.019
ein Ding, einen Vorgang als so beschaffen, als so verlaufend pst_099.020
fest. Sie stellen ihn «vor» – so dürfen wir sagen, pst_099.021
um das Subjekt-Objekt-Verhältnis, das Stellen von einem pst_099.022
festen Standpunkt aus, terminologisch einzubeziehen. pst_099.023
Vorstellung in diesem Sinn ist das Wesen der epischen pst_099.024
Poesie.
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2. pst_099.026
Die epische Sprache stellt vor. Sie deutet auf etwas pst_099.027
hin. Sie zeigt. Der Gegensatz zur lyrischen Sprache pst_099.028
wurde bereits erwähnt in der Unterscheidung von Lautmalerei
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Sämtliche Werke, herausgegeben von B. Suphan, 5. Bd., Berlin 1891, pst_099.030
S. 34 f.
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