Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_118.001 Damit dürfte auch Lessing zugleich anerkannt und pst_118.004 pst_118.020 4. pst_118.021Dasselbe Gesetz hat Schiller auch in die Worte gefaßt: pst_118.022pst_118.023 "Die Selbständigkeit seiner Teile macht einen Hauptcharakter pst_118.024 Als selbständige Teile kommen bereits die einzelnen pst_118.026 1 pst_118.028
An Goethe, 21. April 1797. pst_118.001 Damit dürfte auch Lessing zugleich anerkannt und pst_118.004 pst_118.020 4. pst_118.021Dasselbe Gesetz hat Schiller auch in die Worte gefaßt: pst_118.022pst_118.023 «Die Selbständigkeit seiner Teile macht einen Hauptcharakter pst_118.024 Als selbständige Teile kommen bereits die einzelnen pst_118.026 1 pst_118.028
An Goethe, 21. April 1797. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0122" n="118"/><lb n="pst_118.001"/> zu einem Ziele, sondern verweilen uns mit Liebe <lb n="pst_118.002"/> bei jedem Schritte<note xml:id="PST_118_1" place="foot" n="1"><lb n="pst_118.028"/> An Goethe, 21. April 1797.</note>.»</p> <lb n="pst_118.003"/> <p> Damit dürfte auch Lessing zugleich anerkannt und <lb n="pst_118.004"/> berichtigt sein. Als auf die Sprache angewiesener Dichter <lb n="pst_118.005"/> schreitet der Epiker fort und folgt dem Nacheinander <lb n="pst_118.006"/> der Zeit, im Gegensatz zu dem bildenden Künstler, <lb n="pst_118.007"/> der dasteht und das Nebeneinander und Hintereinander <lb n="pst_118.008"/> des Raumes erfaßt. Bei jedem Schritt aber hält der Epiker <lb n="pst_118.009"/> inne und sieht sich von festem Standpunkt aus <lb n="pst_118.010"/> einen festen Gegenstand an. Jetzt dies, jetzt jenes: die <lb n="pst_118.011"/> Zeit vergeht, indem der Dichter ein Bild nach dem anderen <lb n="pst_118.012"/> wahrnimmt und dem Hörer zeigt. Er wird so lange <lb n="pst_118.013"/> verweilen, bis das Bild sich deutlich eingeprägt hat, <lb n="pst_118.014"/> aber nicht länger, als der Hörer im Nacheinander der <lb n="pst_118.015"/> Worte noch das Nebeneinander, das sie bedeuten, leicht <lb n="pst_118.016"/> im Gedächtnis behalten kann. Alles was Lessing an der <lb n="pst_118.017"/> Kunst Homers rühmt, läßt sich so erklären, ohne daß <lb n="pst_118.018"/> man genötigt wäre, auch den Übertreibungen zuzustimmen, <lb n="pst_118.019"/> zu denen ihn der polemische Eifer hinriß.</p> </div> <div n="2"> <lb n="pst_118.020"/> <head> <hi rendition="#c">4.</hi> </head> <lb n="pst_118.021"/> <p> Dasselbe Gesetz hat Schiller auch in die Worte gefaßt:</p> <lb n="pst_118.022"/> <lb n="pst_118.023"/> <p> «Die Selbständigkeit seiner Teile macht einen Hauptcharakter <lb n="pst_118.024"/> des epischen Gedichtes aus<note sameAs="#PST_118_1" xml:id="PST_118_1a" place="foot" n="1"/> .»</p> <lb n="pst_118.025"/> <p> Als selbständige Teile kommen bereits die einzelnen <lb n="pst_118.026"/> Verse in Betracht. Ein lyrischer Vers ist nicht selbständig. <lb n="pst_118.027"/> Mit einer Zeile wie «Die Fenster glänzten weit» </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0122]
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zu einem Ziele, sondern verweilen uns mit Liebe pst_118.002
bei jedem Schritte 1.»
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Damit dürfte auch Lessing zugleich anerkannt und pst_118.004
berichtigt sein. Als auf die Sprache angewiesener Dichter pst_118.005
schreitet der Epiker fort und folgt dem Nacheinander pst_118.006
der Zeit, im Gegensatz zu dem bildenden Künstler, pst_118.007
der dasteht und das Nebeneinander und Hintereinander pst_118.008
des Raumes erfaßt. Bei jedem Schritt aber hält der Epiker pst_118.009
inne und sieht sich von festem Standpunkt aus pst_118.010
einen festen Gegenstand an. Jetzt dies, jetzt jenes: die pst_118.011
Zeit vergeht, indem der Dichter ein Bild nach dem anderen pst_118.012
wahrnimmt und dem Hörer zeigt. Er wird so lange pst_118.013
verweilen, bis das Bild sich deutlich eingeprägt hat, pst_118.014
aber nicht länger, als der Hörer im Nacheinander der pst_118.015
Worte noch das Nebeneinander, das sie bedeuten, leicht pst_118.016
im Gedächtnis behalten kann. Alles was Lessing an der pst_118.017
Kunst Homers rühmt, läßt sich so erklären, ohne daß pst_118.018
man genötigt wäre, auch den Übertreibungen zuzustimmen, pst_118.019
zu denen ihn der polemische Eifer hinriß.
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Dasselbe Gesetz hat Schiller auch in die Worte gefaßt:
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pst_118.023
«Die Selbständigkeit seiner Teile macht einen Hauptcharakter pst_118.024
des epischen Gedichtes aus 1 .»
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Als selbständige Teile kommen bereits die einzelnen pst_118.026
Verse in Betracht. Ein lyrischer Vers ist nicht selbständig. pst_118.027
Mit einer Zeile wie «Die Fenster glänzten weit»
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An Goethe, 21. April 1797.
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