schein). Wollen die Betheiligten mehr, so haben sie eben so unzweifel- haft das Recht auf einen Grundbuchsauszug, als auf eine vollständige Abschrift. Gegen die Führung geht der Recurs an das Gericht; gegen das letztere ist offenbar nur die Appellation berechtigt. Die Gültigkeit der Entscheidungen des Gerichts gehen dagegen unbedingt auf den Tag der Einreichung zurück.
C. Mit diesen Grundsätzen ist auch die Haftung eine einfache. Für das Gericht gibt es keine Haftung; die Haftung der Führung bezieht sich wesentlich auf die Genauigkeit des Einreichungsprotokolls; gegen alle andern Akte der Führung genügt der Gegenbeweis. Die Haftungsfrage wird nur dann schwierig, wenn die Grundbuchsbehörde vom Gericht getrennt ist.
D. Von großer Bedeutung sind endlich die Kosten des Grund- buchsverfahrens, nicht bloß für den Betreffenden, sondern für die Ent- wicklung des Creditwesens überhaupt. Ueber die Nothwendigkeit mög- lichst niedriger Ansätze ist man sich einig; nicht so über das folgende. Das System dieser Kosten enthält erstlich die Gebühr für Eintragung und Löschung, und zweitens die (meist in Stempelform erhobene) Ver- kehrssteuer auf das Darlehen (Schuldscheinstempelung). Das Princip, welches dafür gilt, ist bisher das der Gleichheit, und zwar der Gleichheit des Betrages bei der Gebühr, und des Steuerfußes bei dem Schuldstempel. So natürlich dieß Princip erscheint, so ist es den- noch falsch, denn gerade diese formale Gleichheit wird zur Ungleich- heit im wirklichen Creditverkehr. Die Natur gerade des kleinen land- wirthschaftlichen Credits und seiner steigenden Nothwendigkeit fordert, daß man vermöge eines nach der Höhe des Darlehens steigenden Gebühren- und Steuerfußes für den kleinen Realcredit die Benutzung des Grundbuches so billig als möglich, und den kleinsten Credit ganz kostenfrei mache; die höhere Belastung, die der große Credit leicht trägt, soll dazu bestimmt sein, den Ausfall zu decken. Die genauere Begründung dieser Forderung ist wohl eine sehr einfache, wenn ihr auch bisher keine Grundbuchsordnung nachgekommen ist.
In Beziehung auf das Princip des Verfahrens scheiden sich zwei große Systeme, welche formell von der Organisation des Grundbuchsamts abhängen. Das eine ist das französisch-englische, nach welchem die Intervention eines gerichtlichen Bescheides grundsätzlich ausgeschlossen ist, und das Gericht nur im Falle der Streitigkeit aufgerufen wird. In dem deutschen Hypothekenwesen steht durchgehends der Grundsatz fest, daß der gerichtliche Bescheid die Voraus- setzung jedes Aktes sein soll. Der Ursprung dieses Princips ist allerdings ein historischer, da die Grundbuchsämter der Patrimonialgerichte zugleich Ver- waltungsbehörden waren, und daher ihr Recht auf Führung von keinem
ſchein). Wollen die Betheiligten mehr, ſo haben ſie eben ſo unzweifel- haft das Recht auf einen Grundbuchsauszug, als auf eine vollſtändige Abſchrift. Gegen die Führung geht der Recurs an das Gericht; gegen das letztere iſt offenbar nur die Appellation berechtigt. Die Gültigkeit der Entſcheidungen des Gerichts gehen dagegen unbedingt auf den Tag der Einreichung zurück.
C. Mit dieſen Grundſätzen iſt auch die Haftung eine einfache. Für das Gericht gibt es keine Haftung; die Haftung der Führung bezieht ſich weſentlich auf die Genauigkeit des Einreichungsprotokolls; gegen alle andern Akte der Führung genügt der Gegenbeweis. Die Haftungsfrage wird nur dann ſchwierig, wenn die Grundbuchsbehörde vom Gericht getrennt iſt.
D. Von großer Bedeutung ſind endlich die Koſten des Grund- buchsverfahrens, nicht bloß für den Betreffenden, ſondern für die Ent- wicklung des Creditweſens überhaupt. Ueber die Nothwendigkeit mög- lichſt niedriger Anſätze iſt man ſich einig; nicht ſo über das folgende. Das Syſtem dieſer Koſten enthält erſtlich die Gebühr für Eintragung und Löſchung, und zweitens die (meiſt in Stempelform erhobene) Ver- kehrsſteuer auf das Darlehen (Schuldſcheinſtempelung). Das Princip, welches dafür gilt, iſt bisher das der Gleichheit, und zwar der Gleichheit des Betrages bei der Gebühr, und des Steuerfußes bei dem Schuldſtempel. So natürlich dieß Princip erſcheint, ſo iſt es den- noch falſch, denn gerade dieſe formale Gleichheit wird zur Ungleich- heit im wirklichen Creditverkehr. Die Natur gerade des kleinen land- wirthſchaftlichen Credits und ſeiner ſteigenden Nothwendigkeit fordert, daß man vermöge eines nach der Höhe des Darlehens ſteigenden Gebühren- und Steuerfußes für den kleinen Realcredit die Benutzung des Grundbuches ſo billig als möglich, und den kleinſten Credit ganz koſtenfrei mache; die höhere Belaſtung, die der große Credit leicht trägt, ſoll dazu beſtimmt ſein, den Ausfall zu decken. Die genauere Begründung dieſer Forderung iſt wohl eine ſehr einfache, wenn ihr auch bisher keine Grundbuchsordnung nachgekommen iſt.
In Beziehung auf das Princip des Verfahrens ſcheiden ſich zwei große Syſteme, welche formell von der Organiſation des Grundbuchsamts abhängen. Das eine iſt das franzöſiſch-engliſche, nach welchem die Intervention eines gerichtlichen Beſcheides grundſätzlich ausgeſchloſſen iſt, und das Gericht nur im Falle der Streitigkeit aufgerufen wird. In dem deutſchen Hypothekenweſen ſteht durchgehends der Grundſatz feſt, daß der gerichtliche Beſcheid die Voraus- ſetzung jedes Aktes ſein ſoll. Der Urſprung dieſes Princips iſt allerdings ein hiſtoriſcher, da die Grundbuchsämter der Patrimonialgerichte zugleich Ver- waltungsbehörden waren, und daher ihr Recht auf Führung von keinem
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haft das Recht auf einen Grundbuchsauszug, als auf eine vollſtändige
Abſchrift. Gegen die Führung geht der Recurs an das Gericht;
gegen das letztere iſt offenbar nur die Appellation berechtigt. Die
Gültigkeit der Entſcheidungen des Gerichts gehen dagegen unbedingt
auf den Tag der Einreichung zurück.
C. Mit dieſen Grundſätzen iſt auch die Haftung eine einfache.
Für das Gericht gibt es keine Haftung; die Haftung der Führung
bezieht ſich weſentlich auf die Genauigkeit des Einreichungsprotokolls;
gegen alle andern Akte der Führung genügt der Gegenbeweis. Die
Haftungsfrage wird nur dann ſchwierig, wenn die Grundbuchsbehörde
vom Gericht getrennt iſt.
D. Von großer Bedeutung ſind endlich die Koſten des Grund-
buchsverfahrens, nicht bloß für den Betreffenden, ſondern für die Ent-
wicklung des Creditweſens überhaupt. Ueber die Nothwendigkeit mög-
lichſt niedriger Anſätze iſt man ſich einig; nicht ſo über das folgende.
Das Syſtem dieſer Koſten enthält erſtlich die Gebühr für Eintragung
und Löſchung, und zweitens die (meiſt in Stempelform erhobene) Ver-
kehrsſteuer auf das Darlehen (Schuldſcheinſtempelung). Das Princip,
welches dafür gilt, iſt bisher das der Gleichheit, und zwar der
Gleichheit des Betrages bei der Gebühr, und des Steuerfußes bei
dem Schuldſtempel. So natürlich dieß Princip erſcheint, ſo iſt es den-
noch falſch, denn gerade dieſe formale Gleichheit wird zur Ungleich-
heit im wirklichen Creditverkehr. Die Natur gerade des kleinen land-
wirthſchaftlichen Credits und ſeiner ſteigenden Nothwendigkeit fordert,
daß man vermöge eines nach der Höhe des Darlehens ſteigenden
Gebühren- und Steuerfußes für den kleinen Realcredit die Benutzung des
Grundbuches ſo billig als möglich, und den kleinſten Credit ganz
koſtenfrei mache; die höhere Belaſtung, die der große Credit leicht
trägt, ſoll dazu beſtimmt ſein, den Ausfall zu decken. Die genauere
Begründung dieſer Forderung iſt wohl eine ſehr einfache, wenn ihr
auch bisher keine Grundbuchsordnung nachgekommen iſt.
In Beziehung auf das Princip des Verfahrens ſcheiden ſich zwei große
Syſteme, welche formell von der Organiſation des Grundbuchsamts abhängen.
Das eine iſt das franzöſiſch-engliſche, nach welchem die Intervention eines
gerichtlichen Beſcheides grundſätzlich ausgeſchloſſen iſt, und das Gericht nur im
Falle der Streitigkeit aufgerufen wird. In dem deutſchen Hypothekenweſen
ſteht durchgehends der Grundſatz feſt, daß der gerichtliche Beſcheid die Voraus-
ſetzung jedes Aktes ſein ſoll. Der Urſprung dieſes Princips iſt allerdings ein
hiſtoriſcher, da die Grundbuchsämter der Patrimonialgerichte zugleich Ver-
waltungsbehörden waren, und daher ihr Recht auf Führung von keinem
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/295>, abgerufen am 22.11.2024.
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