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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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sie in der Sicht der Wechsel und der Prolongation der Lombards
naturgemäß unbeschränkt, so daß sie nicht bloß eben so kurze, sondern
auch lange Wechsel escomptiren; und gerade das letztere ist das Gebiet,
auf welchem das Discontogeschäft der Creditanstalten das der Banken
ersetzt und erhält, in der Form gleich, im Wesen tief verschieden.

Zweitens können sie Immobilien werden, aber nicht als dauern-
der Besitz.

Drittens können sie sich an einem Unternehmen in jeder Form,
als stille und offene Gesellschafter, oder als Gründer oder Aktionäre
betheiligen.

Viertens können sie sowohl Güter- als Werthgeschäfte (Effekten-
handel) betreiben.

Das sind nun die an sich einfachen Grundsätze für das Recht und
die Funktion der Creditanstalten. Allein gerade durch die letzteren
wird ihre Aufgabe so umfassend, daß sie, da sie im Grunde mit den
gesammten Unternehmungen zu thun haben, mit keinem eigenen Capi-
tale mehr ausreichen. Sie müssen daher ihrerseits Credit nehmen.
Das geschieht nun zunächst in der gewöhnlichen Form des Wechsel-
credits. An diese aber schließt sich eine zweite. Sie ziehen die für
den Augenblick müßigen Capitale der Einzelnen an sich, theils als
Depositoren -- ohne Zins, aber gegen augenblickliche Kündigung --
theils als Leiher mit Verzinsung, oder gegen Kündigungsfrist. Mit
diesen Capitalien arbeiten sie jetzt, in der Mitte des ganzen Geschäfts-
credits stehend; und hier nun beginnt die Frage, welche als Lebens-
frage für das ganze Creditwesen und die Werthordnung der Volks-
wirthschaft anzusehen ist, und namentlich das Verhältniß der Credit-
anstalten zu den Banken scheidet.

II. So wie die ersteren nämlich die obige Stellung eingenommen
haben, so erscheint ihre Funktion eben so groß und wichtig als die der
Banken, und die nächste Folge ist, daß sie nun auch dasselbe Recht
für sich in Anspruch nehmen, welches das eigentliche Wesen der Bank
ausmacht; das ist das Recht der Notenausgabe.

So lange man nun nicht vollkommen klar ist über das Wesen
der Noten, kann es fraglich sein, ob diese Forderung eine berechtigte
ist oder nicht. Die schweren Folgen aber, welche sich an das wirkliche
Notenrecht der Creditanstalten anschließen, rufen ernste Zweifel daran
hervor. So entstehen die zwei Systeme, welche jedes Volk durch-
machen muß, um zu einer definitiven Ordnung seines Geld- und Bank-
wesens zu gelangen, deren Bewegung die Geschichte des öffentlichen
Creditwesens, und deren Abschluß die definitive Gestaltung desselben ist.

Das erste System ist das der freien Banken. Princip desselben:

ſie in der Sicht der Wechſel und der Prolongation der Lombards
naturgemäß unbeſchränkt, ſo daß ſie nicht bloß eben ſo kurze, ſondern
auch lange Wechſel escomptiren; und gerade das letztere iſt das Gebiet,
auf welchem das Discontogeſchäft der Creditanſtalten das der Banken
erſetzt und erhält, in der Form gleich, im Weſen tief verſchieden.

Zweitens können ſie Immobilien werden, aber nicht als dauern-
der Beſitz.

Drittens können ſie ſich an einem Unternehmen in jeder Form,
als ſtille und offene Geſellſchafter, oder als Gründer oder Aktionäre
betheiligen.

Viertens können ſie ſowohl Güter- als Werthgeſchäfte (Effekten-
handel) betreiben.

Das ſind nun die an ſich einfachen Grundſätze für das Recht und
die Funktion der Creditanſtalten. Allein gerade durch die letzteren
wird ihre Aufgabe ſo umfaſſend, daß ſie, da ſie im Grunde mit den
geſammten Unternehmungen zu thun haben, mit keinem eigenen Capi-
tale mehr ausreichen. Sie müſſen daher ihrerſeits Credit nehmen.
Das geſchieht nun zunächſt in der gewöhnlichen Form des Wechſel-
credits. An dieſe aber ſchließt ſich eine zweite. Sie ziehen die für
den Augenblick müßigen Capitale der Einzelnen an ſich, theils als
Depoſitoren — ohne Zins, aber gegen augenblickliche Kündigung —
theils als Leiher mit Verzinſung, oder gegen Kündigungsfriſt. Mit
dieſen Capitalien arbeiten ſie jetzt, in der Mitte des ganzen Geſchäfts-
credits ſtehend; und hier nun beginnt die Frage, welche als Lebens-
frage für das ganze Creditweſen und die Werthordnung der Volks-
wirthſchaft anzuſehen iſt, und namentlich das Verhältniß der Credit-
anſtalten zu den Banken ſcheidet.

II. So wie die erſteren nämlich die obige Stellung eingenommen
haben, ſo erſcheint ihre Funktion eben ſo groß und wichtig als die der
Banken, und die nächſte Folge iſt, daß ſie nun auch daſſelbe Recht
für ſich in Anſpruch nehmen, welches das eigentliche Weſen der Bank
ausmacht; das iſt das Recht der Notenausgabe.

So lange man nun nicht vollkommen klar iſt über das Weſen
der Noten, kann es fraglich ſein, ob dieſe Forderung eine berechtigte
iſt oder nicht. Die ſchweren Folgen aber, welche ſich an das wirkliche
Notenrecht der Creditanſtalten anſchließen, rufen ernſte Zweifel daran
hervor. So entſtehen die zwei Syſteme, welche jedes Volk durch-
machen muß, um zu einer definitiven Ordnung ſeines Geld- und Bank-
weſens zu gelangen, deren Bewegung die Geſchichte des öffentlichen
Creditweſens, und deren Abſchluß die definitive Geſtaltung deſſelben iſt.

Das erſte Syſtem iſt das der freien Banken. Princip deſſelben:

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[304/0328] ſie in der Sicht der Wechſel und der Prolongation der Lombards naturgemäß unbeſchränkt, ſo daß ſie nicht bloß eben ſo kurze, ſondern auch lange Wechſel escomptiren; und gerade das letztere iſt das Gebiet, auf welchem das Discontogeſchäft der Creditanſtalten das der Banken erſetzt und erhält, in der Form gleich, im Weſen tief verſchieden. Zweitens können ſie Immobilien werden, aber nicht als dauern- der Beſitz. Drittens können ſie ſich an einem Unternehmen in jeder Form, als ſtille und offene Geſellſchafter, oder als Gründer oder Aktionäre betheiligen. Viertens können ſie ſowohl Güter- als Werthgeſchäfte (Effekten- handel) betreiben. Das ſind nun die an ſich einfachen Grundſätze für das Recht und die Funktion der Creditanſtalten. Allein gerade durch die letzteren wird ihre Aufgabe ſo umfaſſend, daß ſie, da ſie im Grunde mit den geſammten Unternehmungen zu thun haben, mit keinem eigenen Capi- tale mehr ausreichen. Sie müſſen daher ihrerſeits Credit nehmen. Das geſchieht nun zunächſt in der gewöhnlichen Form des Wechſel- credits. An dieſe aber ſchließt ſich eine zweite. Sie ziehen die für den Augenblick müßigen Capitale der Einzelnen an ſich, theils als Depoſitoren — ohne Zins, aber gegen augenblickliche Kündigung — theils als Leiher mit Verzinſung, oder gegen Kündigungsfriſt. Mit dieſen Capitalien arbeiten ſie jetzt, in der Mitte des ganzen Geſchäfts- credits ſtehend; und hier nun beginnt die Frage, welche als Lebens- frage für das ganze Creditweſen und die Werthordnung der Volks- wirthſchaft anzuſehen iſt, und namentlich das Verhältniß der Credit- anſtalten zu den Banken ſcheidet. II. So wie die erſteren nämlich die obige Stellung eingenommen haben, ſo erſcheint ihre Funktion eben ſo groß und wichtig als die der Banken, und die nächſte Folge iſt, daß ſie nun auch daſſelbe Recht für ſich in Anſpruch nehmen, welches das eigentliche Weſen der Bank ausmacht; das iſt das Recht der Notenausgabe. So lange man nun nicht vollkommen klar iſt über das Weſen der Noten, kann es fraglich ſein, ob dieſe Forderung eine berechtigte iſt oder nicht. Die ſchweren Folgen aber, welche ſich an das wirkliche Notenrecht der Creditanſtalten anſchließen, rufen ernſte Zweifel daran hervor. So entſtehen die zwei Syſteme, welche jedes Volk durch- machen muß, um zu einer definitiven Ordnung ſeines Geld- und Bank- weſens zu gelangen, deren Bewegung die Geſchichte des öffentlichen Creditweſens, und deren Abſchluß die definitive Geſtaltung deſſelben iſt. Das erſte Syſtem iſt das der freien Banken. Princip deſſelben:

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/328>, abgerufen am 22.11.2024.