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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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die zweite Classe der "Banken" mit Noten verschwindet daher mehr und mehr,
und England nähert sich daher langsam aber sicher dem französisch-österreichi-
schen System.

Frankreich nämlich hatte bis 1848 in seiner Banque de France seine
eigentliche Bank, und in den Provinzbanken seine Creditinstitute.
Mit der Einverleibung der letzteren in die Banque de France gingen eigent-
lich die Creditanstalten als solche unter; die Umwandlung in Filiale machte sie
aus Anstalten für den Unternehmungscredit zu Anstalten für den Zahlungs-
credit. Es war daher ganz natürlich, daß der erstere wieder eines eigenen
Institutes bedurfte, und dieß fand er in dem Credit mobilier (Stat. vom
12. Okt. 1852). Der Credit mobilier ist die erste vollkommen klare Schei-
dung
des Unternehmungscredits vom Zahlungscredit; er hat Europa eigentlich
erst zum Bewußtsein darüber gebracht, daß der erstere der Notenemission über-
haupt nicht bedarf, die er nicht haben soll. Mißverstanden von Tooke, Hist.
of Prices VI.
104. Von ihm aus gehen die großen Capitalunternehmungen,
namentlich in Eisenbahnen; seine Gefahr war nicht die Ueberspekulation, sondern
das verkehrte Urtheil über den Werth der von ihm ausgehenden Aktienunter-
nehmungen. -- In Oesterreich begriff der geniale Bruck zuerst die ganze
Bedeutung der Sache. Errichtung der Creditanstalt (1855) als rein für
den Unternehmungscredit bestimmt; neben ihr die nicht minder bedeutsame
niederösterreichische Escomptegesellschaft, die sich zwar auf Wechselcredit,
aber nicht mit kurzer Sicht beschränkte und dadurch innerhalb dieses Gebiets,
ohne sich bei Aktienunternehmungen zu betheiligen, Unternehmungscredit gibt.
In neuester Zeit Entstehung einer ganzen Anzahl von "Banken" alle ohne
Notenemission; in der That nur Creditanstalten. Gemeinschaftlich ist diesen An-
stalten das Recht der Emission von zinstragenden Kassenscheinen mit fester
Kündigung. So ist in Oesterreich das System der Creditanstalten am klarsten
wohl in der ganzen Welt ausgebildet. Vollständige Aufzählung im Compaß,
Jahrb. für Handel und Industrie 1869; Verordnung vom 28. Okt. 1865 über
"die den Anstalten, welche Creditgeschäfte betreiben, zukommenden Ausnahmen
von den allgemeinen Justizgesetzen." Dagegen im übrigen Deutschland in dieser
Beziehung vollständige Verwirrung. Grundlage ist die Scheidung der
Banken vor und nach Brucks Schöpfung. Vor 1854 sind die verschiedenen
"Darlehenskassen," "Leihanstalten" u. s. w. Banken mit Notenausgabe, die
aber zugleich Creditanstalten, ja sogar Realcreditanstalten sind (bayerische
Hypotheken- und Wechselbank). Ihr Schutz lag darin, daß überhaupt wenig
Geschäfte von Bedeutung gemacht wurden, und der Grundsatz festgehalten ward,
daß die Summe ihrer Noten an eine Fundation in Metall gebunden war. Nur
Preußen hat seine Reichsbank, während seine sieben örtlichen Banken in der
That Creditanstalten, die Noten derselben Creditnoten mit Bankfundation, die
Sicht aber eine Unternehmungs- und keine Zahlungssicht war. Nach 1854
Entstehung einer Masse von sog. "Banken," die alle, obgleich sie reine Credit-
institute waren, doch Notenausgabe mit den verschiedensten Fundationen be-
saßen (Leipziger, Darmstädter, Meininger, Dessauer, Coburger Bank u. s. w.;
s. bei Hübner, Banken). Da sich nirgends das deutsche Geschäftsleben con-

die zweite Claſſe der „Banken“ mit Noten verſchwindet daher mehr und mehr,
und England nähert ſich daher langſam aber ſicher dem franzöſiſch-öſterreichi-
ſchen Syſtem.

Frankreich nämlich hatte bis 1848 in ſeiner Banque de France ſeine
eigentliche Bank, und in den Provinzbanken ſeine Creditinſtitute.
Mit der Einverleibung der letzteren in die Banque de France gingen eigent-
lich die Creditanſtalten als ſolche unter; die Umwandlung in Filiale machte ſie
aus Anſtalten für den Unternehmungscredit zu Anſtalten für den Zahlungs-
credit. Es war daher ganz natürlich, daß der erſtere wieder eines eigenen
Inſtitutes bedurfte, und dieß fand er in dem Crédit mobilier (Stat. vom
12. Okt. 1852). Der Crédit mobilier iſt die erſte vollkommen klare Schei-
dung
des Unternehmungscredits vom Zahlungscredit; er hat Europa eigentlich
erſt zum Bewußtſein darüber gebracht, daß der erſtere der Notenemiſſion über-
haupt nicht bedarf, die er nicht haben ſoll. Mißverſtanden von Tooke, Hist.
of Prices VI.
104. Von ihm aus gehen die großen Capitalunternehmungen,
namentlich in Eiſenbahnen; ſeine Gefahr war nicht die Ueberſpekulation, ſondern
das verkehrte Urtheil über den Werth der von ihm ausgehenden Aktienunter-
nehmungen. — In Oeſterreich begriff der geniale Bruck zuerſt die ganze
Bedeutung der Sache. Errichtung der Creditanſtalt (1855) als rein für
den Unternehmungscredit beſtimmt; neben ihr die nicht minder bedeutſame
niederöſterreichiſche Escomptegeſellſchaft, die ſich zwar auf Wechſelcredit,
aber nicht mit kurzer Sicht beſchränkte und dadurch innerhalb dieſes Gebiets,
ohne ſich bei Aktienunternehmungen zu betheiligen, Unternehmungscredit gibt.
In neueſter Zeit Entſtehung einer ganzen Anzahl von „Banken“ alle ohne
Notenemiſſion; in der That nur Creditanſtalten. Gemeinſchaftlich iſt dieſen An-
ſtalten das Recht der Emiſſion von zinstragenden Kaſſenſcheinen mit feſter
Kündigung. So iſt in Oeſterreich das Syſtem der Creditanſtalten am klarſten
wohl in der ganzen Welt ausgebildet. Vollſtändige Aufzählung im Compaß,
Jahrb. für Handel und Induſtrie 1869; Verordnung vom 28. Okt. 1865 über
„die den Anſtalten, welche Creditgeſchäfte betreiben, zukommenden Ausnahmen
von den allgemeinen Juſtizgeſetzen.“ Dagegen im übrigen Deutſchland in dieſer
Beziehung vollſtändige Verwirrung. Grundlage iſt die Scheidung der
Banken vor und nach Brucks Schöpfung. Vor 1854 ſind die verſchiedenen
„Darlehenskaſſen,“ „Leihanſtalten“ u. ſ. w. Banken mit Notenausgabe, die
aber zugleich Creditanſtalten, ja ſogar Realcreditanſtalten ſind (bayeriſche
Hypotheken- und Wechſelbank). Ihr Schutz lag darin, daß überhaupt wenig
Geſchäfte von Bedeutung gemacht wurden, und der Grundſatz feſtgehalten ward,
daß die Summe ihrer Noten an eine Fundation in Metall gebunden war. Nur
Preußen hat ſeine Reichsbank, während ſeine ſieben örtlichen Banken in der
That Creditanſtalten, die Noten derſelben Creditnoten mit Bankfundation, die
Sicht aber eine Unternehmungs- und keine Zahlungsſicht war. Nach 1854
Entſtehung einer Maſſe von ſog. „Banken,“ die alle, obgleich ſie reine Credit-
inſtitute waren, doch Notenausgabe mit den verſchiedenſten Fundationen be-
ſaßen (Leipziger, Darmſtädter, Meininger, Deſſauer, Coburger Bank u. ſ. w.;
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[308/0332] die zweite Claſſe der „Banken“ mit Noten verſchwindet daher mehr und mehr, und England nähert ſich daher langſam aber ſicher dem franzöſiſch-öſterreichi- ſchen Syſtem. Frankreich nämlich hatte bis 1848 in ſeiner Banque de France ſeine eigentliche Bank, und in den Provinzbanken ſeine Creditinſtitute. Mit der Einverleibung der letzteren in die Banque de France gingen eigent- lich die Creditanſtalten als ſolche unter; die Umwandlung in Filiale machte ſie aus Anſtalten für den Unternehmungscredit zu Anſtalten für den Zahlungs- credit. Es war daher ganz natürlich, daß der erſtere wieder eines eigenen Inſtitutes bedurfte, und dieß fand er in dem Crédit mobilier (Stat. vom 12. Okt. 1852). Der Crédit mobilier iſt die erſte vollkommen klare Schei- dung des Unternehmungscredits vom Zahlungscredit; er hat Europa eigentlich erſt zum Bewußtſein darüber gebracht, daß der erſtere der Notenemiſſion über- haupt nicht bedarf, die er nicht haben ſoll. Mißverſtanden von Tooke, Hist. of Prices VI. 104. Von ihm aus gehen die großen Capitalunternehmungen, namentlich in Eiſenbahnen; ſeine Gefahr war nicht die Ueberſpekulation, ſondern das verkehrte Urtheil über den Werth der von ihm ausgehenden Aktienunter- nehmungen. — In Oeſterreich begriff der geniale Bruck zuerſt die ganze Bedeutung der Sache. Errichtung der Creditanſtalt (1855) als rein für den Unternehmungscredit beſtimmt; neben ihr die nicht minder bedeutſame niederöſterreichiſche Escomptegeſellſchaft, die ſich zwar auf Wechſelcredit, aber nicht mit kurzer Sicht beſchränkte und dadurch innerhalb dieſes Gebiets, ohne ſich bei Aktienunternehmungen zu betheiligen, Unternehmungscredit gibt. In neueſter Zeit Entſtehung einer ganzen Anzahl von „Banken“ alle ohne Notenemiſſion; in der That nur Creditanſtalten. Gemeinſchaftlich iſt dieſen An- ſtalten das Recht der Emiſſion von zinstragenden Kaſſenſcheinen mit feſter Kündigung. So iſt in Oeſterreich das Syſtem der Creditanſtalten am klarſten wohl in der ganzen Welt ausgebildet. Vollſtändige Aufzählung im Compaß, Jahrb. für Handel und Induſtrie 1869; Verordnung vom 28. Okt. 1865 über „die den Anſtalten, welche Creditgeſchäfte betreiben, zukommenden Ausnahmen von den allgemeinen Juſtizgeſetzen.“ Dagegen im übrigen Deutſchland in dieſer Beziehung vollſtändige Verwirrung. Grundlage iſt die Scheidung der Banken vor und nach Brucks Schöpfung. Vor 1854 ſind die verſchiedenen „Darlehenskaſſen,“ „Leihanſtalten“ u. ſ. w. Banken mit Notenausgabe, die aber zugleich Creditanſtalten, ja ſogar Realcreditanſtalten ſind (bayeriſche Hypotheken- und Wechſelbank). Ihr Schutz lag darin, daß überhaupt wenig Geſchäfte von Bedeutung gemacht wurden, und der Grundſatz feſtgehalten ward, daß die Summe ihrer Noten an eine Fundation in Metall gebunden war. Nur Preußen hat ſeine Reichsbank, während ſeine ſieben örtlichen Banken in der That Creditanſtalten, die Noten derſelben Creditnoten mit Bankfundation, die Sicht aber eine Unternehmungs- und keine Zahlungsſicht war. Nach 1854 Entſtehung einer Maſſe von ſog. „Banken,“ die alle, obgleich ſie reine Credit- inſtitute waren, doch Notenausgabe mit den verſchiedenſten Fundationen be- ſaßen (Leipziger, Darmſtädter, Meininger, Deſſauer, Coburger Bank u. ſ. w.; ſ. bei Hübner, Banken). Da ſich nirgends das deutſche Geſchäftsleben con-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/332>, abgerufen am 22.11.2024.