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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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centrirt hat, so hat sich auch keine Krisis dadurch ergeben. Es ist eben nur
ein unfertiger Zustand, den nur die Einheit Deutschlands auf diesem
wie auf andern Gebieten bessern kann (vergl. Stein a. a. O. S. 154 ff.).

II. Der Vorschutzcredit und die gesellschaftlichen Creditvereine.
Wirthschaftliche und gesellschaftliche Funktion.

Der Vorschußcredit entsteht nun, zunächst nach seinem formalen
Wesen betrachtet da, wo es sich um Unternehmungs- und Zahlungs-
credit für einen ganz bestimmten einzelnen Act handelt. Es ist for-
mell die Verbindung beider Arten in demselben Credit.
Denn er wird gegeben, um die Produktion möglich zu machen und
rechnet darauf, daß er bei dem Verkauf des speciellen, durch ihn er-
worbenen Produkts wieder gezahlt werde. Er ist daher der Punkt,
wo der Geschäftscredit in den persönlichen Credit einerseits und in
das Hülfswesen andererseits übergeht. Das ist es, was seine eigent-
liche Bedeutung und damit auch sein Recht ausmacht.

Denn vermöge jener Funktion ist dieß die sociale Form des Ge-
schäftscredits, das ist, diejenige Form, in welcher vermöge des Credits
die Erhebung der niederen Classe in die höhere durch selbstthätiges
Streben des Einzelnen möglich wird. Der Vorschußcredit hat daher
zwei Grundformen, die zugleich seine historischen Stadien ausmachen.
Die erste beruht darauf, daß die Regierung die Nothwendigkeit eines
Vorschußcredits erkennt, und denselben daher als Regierungsmaßregel
aus öffentlichen Mitteln anordnet. Es ist natürlich, daß diese Form
alsbald in das öffentliche Hülfswesen fällt, und faktisch den Charakter
der Armenunterstützung annimmt. Die zweite Epoche dagegen entsteht
erst aus dem Gegensatz der besitzenden und nichtbesitzenden Classe.
Seine Aufgabe wird hier nicht damit erschöpft, daß er dem Einzelnen
einen helfenden Credit gebe, sondern besteht vielmehr darin, die Ver-
leihung des zur Produktion nöthigen Credits zu einer allgemeinen An-
gelegenheit zu machen. Die Form, in der dieß geschieht, ist der Ver-
ein
. Und so verwirklicht sich der gesellschaftliche Vorschußcredit in
einem Vorschußvereinswesen.

Das Vorschußvereinswesen nimmt nun die Elemente alles Credit-
vereinwesens in sich auf, verarbeitet sich aber vermöge seines eigenthüm-
lichen Lebensprincips in seiner Weise. Dieses Lebensprincip ist die
Gegenseitigkeit. Sie ist auf allen Punkten das bildende Element
im Vorschußverein. Zuerst bringt sie das nöthige Capital durch
Beiträge der Einzelnen auf und wirkt so über den Credit hinaus
capitalbildend für jeden einzelnen Theilnehmer. Dann erzeugt sie,

centrirt hat, ſo hat ſich auch keine Kriſis dadurch ergeben. Es iſt eben nur
ein unfertiger Zuſtand, den nur die Einheit Deutſchlands auf dieſem
wie auf andern Gebieten beſſern kann (vergl. Stein a. a. O. S. 154 ff.).

II. Der Vorſchutzcredit und die geſellſchaftlichen Creditvereine.
Wirthſchaftliche und geſellſchaftliche Funktion.

Der Vorſchußcredit entſteht nun, zunächſt nach ſeinem formalen
Weſen betrachtet da, wo es ſich um Unternehmungs- und Zahlungs-
credit für einen ganz beſtimmten einzelnen Act handelt. Es iſt for-
mell die Verbindung beider Arten in demſelben Credit.
Denn er wird gegeben, um die Produktion möglich zu machen und
rechnet darauf, daß er bei dem Verkauf des ſpeciellen, durch ihn er-
worbenen Produkts wieder gezahlt werde. Er iſt daher der Punkt,
wo der Geſchäftscredit in den perſönlichen Credit einerſeits und in
das Hülfsweſen andererſeits übergeht. Das iſt es, was ſeine eigent-
liche Bedeutung und damit auch ſein Recht ausmacht.

Denn vermöge jener Funktion iſt dieß die ſociale Form des Ge-
ſchäftscredits, das iſt, diejenige Form, in welcher vermöge des Credits
die Erhebung der niederen Claſſe in die höhere durch ſelbſtthätiges
Streben des Einzelnen möglich wird. Der Vorſchußcredit hat daher
zwei Grundformen, die zugleich ſeine hiſtoriſchen Stadien ausmachen.
Die erſte beruht darauf, daß die Regierung die Nothwendigkeit eines
Vorſchußcredits erkennt, und denſelben daher als Regierungsmaßregel
aus öffentlichen Mitteln anordnet. Es iſt natürlich, daß dieſe Form
alsbald in das öffentliche Hülfsweſen fällt, und faktiſch den Charakter
der Armenunterſtützung annimmt. Die zweite Epoche dagegen entſteht
erſt aus dem Gegenſatz der beſitzenden und nichtbeſitzenden Claſſe.
Seine Aufgabe wird hier nicht damit erſchöpft, daß er dem Einzelnen
einen helfenden Credit gebe, ſondern beſteht vielmehr darin, die Ver-
leihung des zur Produktion nöthigen Credits zu einer allgemeinen An-
gelegenheit zu machen. Die Form, in der dieß geſchieht, iſt der Ver-
ein
. Und ſo verwirklicht ſich der geſellſchaftliche Vorſchußcredit in
einem Vorſchußvereinsweſen.

Das Vorſchußvereinsweſen nimmt nun die Elemente alles Credit-
vereinweſens in ſich auf, verarbeitet ſich aber vermöge ſeines eigenthüm-
lichen Lebensprincips in ſeiner Weiſe. Dieſes Lebensprincip iſt die
Gegenſeitigkeit. Sie iſt auf allen Punkten das bildende Element
im Vorſchußverein. Zuerſt bringt ſie das nöthige Capital durch
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[309/0333] centrirt hat, ſo hat ſich auch keine Kriſis dadurch ergeben. Es iſt eben nur ein unfertiger Zuſtand, den nur die Einheit Deutſchlands auf dieſem wie auf andern Gebieten beſſern kann (vergl. Stein a. a. O. S. 154 ff.). II. Der Vorſchutzcredit und die geſellſchaftlichen Creditvereine. Wirthſchaftliche und geſellſchaftliche Funktion. Der Vorſchußcredit entſteht nun, zunächſt nach ſeinem formalen Weſen betrachtet da, wo es ſich um Unternehmungs- und Zahlungs- credit für einen ganz beſtimmten einzelnen Act handelt. Es iſt for- mell die Verbindung beider Arten in demſelben Credit. Denn er wird gegeben, um die Produktion möglich zu machen und rechnet darauf, daß er bei dem Verkauf des ſpeciellen, durch ihn er- worbenen Produkts wieder gezahlt werde. Er iſt daher der Punkt, wo der Geſchäftscredit in den perſönlichen Credit einerſeits und in das Hülfsweſen andererſeits übergeht. Das iſt es, was ſeine eigent- liche Bedeutung und damit auch ſein Recht ausmacht. Denn vermöge jener Funktion iſt dieß die ſociale Form des Ge- ſchäftscredits, das iſt, diejenige Form, in welcher vermöge des Credits die Erhebung der niederen Claſſe in die höhere durch ſelbſtthätiges Streben des Einzelnen möglich wird. Der Vorſchußcredit hat daher zwei Grundformen, die zugleich ſeine hiſtoriſchen Stadien ausmachen. Die erſte beruht darauf, daß die Regierung die Nothwendigkeit eines Vorſchußcredits erkennt, und denſelben daher als Regierungsmaßregel aus öffentlichen Mitteln anordnet. Es iſt natürlich, daß dieſe Form alsbald in das öffentliche Hülfsweſen fällt, und faktiſch den Charakter der Armenunterſtützung annimmt. Die zweite Epoche dagegen entſteht erſt aus dem Gegenſatz der beſitzenden und nichtbeſitzenden Claſſe. Seine Aufgabe wird hier nicht damit erſchöpft, daß er dem Einzelnen einen helfenden Credit gebe, ſondern beſteht vielmehr darin, die Ver- leihung des zur Produktion nöthigen Credits zu einer allgemeinen An- gelegenheit zu machen. Die Form, in der dieß geſchieht, iſt der Ver- ein. Und ſo verwirklicht ſich der geſellſchaftliche Vorſchußcredit in einem Vorſchußvereinsweſen. Das Vorſchußvereinsweſen nimmt nun die Elemente alles Credit- vereinweſens in ſich auf, verarbeitet ſich aber vermöge ſeines eigenthüm- lichen Lebensprincips in ſeiner Weiſe. Dieſes Lebensprincip iſt die Gegenſeitigkeit. Sie iſt auf allen Punkten das bildende Element im Vorſchußverein. Zuerſt bringt ſie das nöthige Capital durch Beiträge der Einzelnen auf und wirkt ſo über den Credit hinaus capitalbildend für jeden einzelnen Theilnehmer. Dann erzeugt ſie,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/333>, abgerufen am 22.11.2024.